Orthodoxe Theologie und westliche Liturgie:
Die Nordisch-Katholische Kirche

Gott der Allherrscher: Bamberger Apokalypse (fol. 10v), um 1000

Die Nordisch-Katholische Kirche ist aus der lutherischen hochkirchlichen Bewegung Skandinaviens hervorgegangen und wurde 1999/2000 in Norwegen als Administratur der Polnisch-Katholischen Nationalkirche Nordamerikas errichtet. Damals gehörten beide Kirchen noch zur Utrechter Union der altkatholischen Kirchen.

Hervorgegangen war die Utrechter Union 1889 aus dem Widerstand gegen die neuen Dogmen des Ersten Vatikanischen Konzils (Unfehlbarkeit päpstlicher Lehrentscheide und oberste, unmittelbare Leitungsgewalt des Papstes). Das Weiheamt in apostolischer Nachfolge erhielten die altkatholischen Kirchen vom (seit 1723) selbständigen katholischen Erzbistum Utrecht. So konsekrierte der Utrechter Erzbischof Gerardus Gul auch am Michaelistag 1907 den Gründer der Polnisch-Katholischen Nationalkirche Nordamerikas, Bischof Franciszek Hodur, unter Assistenz der Bischöfe J.J. van Thiel (Haarlem) und N.B.P. Spit (Deventer) in Utrecht.

Um die Jahrtausendwende zerfiel die Utrechter Union, als die westeuropäischen Kirchen, nach dem Vorbild anglikanischer Kirchenprovinzen, diverse theologische und liturgische Neuerungen einführten, darunter die Ordination von Frauen zum Priesteramt und die kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Nachdem die Sakramentengemeinschaft nicht wiederhergestellt werden konnte, verließ die Polnisch-Katholische Nationalkirche (damals die größte Mitgliedskirche) und mit ihr die Nordisch-Katholische Kirche die Utrechter Union.

Unsere theologische Grundlage ist und bleibt der „Glaube der ungeteilten Kirche“ des ersten nachchristlichen Jahrtausends. Dieser wurde 1975-1987 verbindlich formuliert im orthodox-altkatholischen Dialog und dokumentiert in Koinonia auf altkirchlicher Basis (hg. Urs von Arx, IKZ 79/4, 1989).

Als Kirche mit westlicher Liturgie und orthodoxer Theologie stehen wir – so wie auch die Ostkirchen — seit 1993 bzw. 2006 in communicatio in sacris (gemäß CIC can. 844 §§ 2-3) mit der römisch-katholischen Kirche (2009 bestätigt vom Päpstlichen Einheitsrat). 2015 wurde die Nordisch-Katholische Kirche in den Norwegischen Christenrat (der norwegischen Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen) aufgenommen, ihre amerikanische Mutterkirche gehört schon seit 1948 zum Weltkirchenrat.

Die nordisch-katholische Spiritualität speist sich aus den drei Quellen des skandinavischen Christentums: der iroschottischen bzw. angelsächsischen (über die britischen Missionen), der karolingisch-römischen (über St. Ansgar) und der slawisch-byzantinischen (über die Kiewer Rus). Dies kommt insbesondere in ihrer altkatholischen Liturgie zum Ausdruck, die in ihre westliche Struktur auch einzelne Elemente gallikanischen und byzantinischen Ursprungs aufnimmt.

Im Jahr 2011 wurde der Nordisch-Katholischen Kirche von ihrer nordamerikanischen Mutterkirche die kirchliche Autonomie sowie die Wahl und Konsekration eines eigenen Bischofs, Dr. Roald Nikolai Flemestad, zugestanden. Seitdem bilden beide Kirchen gemeinsam die Union von Scranton – einen altkatholischen Kirchenbund, der auf der theologischen Grundlage des orthodox-altkatholischen Konsenses auch für andere Kirchen (insbesondere aus der anglokatholischen Tradition) offen ist.

Im Jahre 2012 wurde auf Betreiben der Abtei St. Severin die deutsche Administratur errichtet. Weitere Administraturen und Missionen der Nordisch-Katholischen Kirche bestehen in Frankreich, Großbritannien, Italien und Ungarn.

Hinweis aus aktuellem Anlass:
In den ersten Jahren wurde der deutschen Administratur zwar der Namenszusatz Christ-Katholische Kirche in Deutschland zugestanden; seit Juni 2018 führt sie diesen Namenszusatz jedoch nicht mehr! Es besteht daher keine Verbindung zu der — von einem entlassenen Generalvikar und einer Minderheit früherer, teils suspendierter Geistlicher dieser Administratur — neugegründeten Glaubensgemeinschaft dieses Namens.