Der heilige Lukas — Arzt des Leibes und der Seele

[St. Lukas schreibt die erste Ikone (Hodegetria): Russland, frühes 15.Jh.]

Gedanken zum Lukasfest (18. Oktober) 2020

Nach einer Woche, die vor allem von Sorge um die aktuellen SARS-CoV-2-Infektionszahlen geprägt war, feiert die Kirche das diesjährige Fest ihres vielleicht berühmtesten Arztes: das Fest des heiligen Evangelisten Lukas, vielseitig begabter Reisebegleiter des Völkerapostels Paulus. Nicht nur die kirchliche Tradition, sondern auch bedeutende zeitgenössische Neutestamentler wie Martin Hengel (1926–2009) erkennen in Lukas den Autor des nach ihm benannten Evangeliums und der Apostelgeschichte — zwei Bücher des Neuen Testaments, deren (schon in den Vorworten angedeuteter) Anspruch die besondere Genauigkeit und Verlässlichkeit der Darstellung ist. Das Lukasevangelium zeichnet sich zudem aus durch das charakteristische Interesse an der Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu — ferner auch durch einen besonderen Kunstsinn, der in der Überlieferung der Cantica Magnificat, Benedictus und Nunc dimittis, des Ave Maria und des Beginns des Gloria in excelsis (Große Doxologie) zum Vorschein kommt. Wenn man nun noch die anatomische Vorbildung in Rechnung stellt, die Lukas als Arzt auch bereits in der Antike gehabt haben muss, wird sehr plausibel, warum er in der kirchlichen Überlieferung als erster Ikonograph gilt. So soll er als Erster (und mit Kunstfertigkeit) die Gottesmutter mit Jesuskind — im Typus der Hodegetria (Wegweiserin) — gemalt haben.

Gerade in diesen Tagen dürfen wir uns nun vom Glaubensvorbild des heiligen Lukas inspirieren lassen. Denn als Arzt lag ihm die physische Gesundheit der ihn umgebenden Menschen besonders am Herzen, und so wurde er (wie die heutige Epistel lehrt) zum treuesten Reisebegleiter des heiligen Paulus von Tarsus. Zugleich wird er jedoch durch das Vorbild des Völkerapostels immer wieder daran erinnert worden sein, dass die Gesundheit der Seele, angesichts ihrer Unsterblichkeit, sogar ein noch höheres Gut ist. So kam es, dass er seine vielfältige Begabung in den Dienst der Verkündigung der Frohen Botschaft Jesu Christi gestellt hat, um

seinem Volk die Kenntnis des Heils zu verschaffen
durch Vergebung ihrer Sünden […],
um denen Licht zu spenden, die in Finsternis und Todesschatten sitzen,
und unsere Füße auf den Weg des Friedens zu leiten.

Lk 1,77.79

Wie können nun auch wir von Lukas, dem Arzt des Leibes und der Seele lernen? Es liegt im Grunde auf der Hand; es ist in mancherlei Hinsicht erschreckend einfach: Indem wir in diesen Tagen nicht nur auf Abstand, Hygiene und Alltagsmaske (AHA) achten, sondern uns auch immer wieder daran erinnern, dass dieses Leben endlich und vorläufig ist — und dass es uns und auch den Menschen in unserer Umgebung als Vorbereitung auf die Ewigkeit dienen soll.

Wir dürfen das diesseitige Leben, als Teil von Gottes guter Schöpfung, ganz gewiss nicht geringschätzen. Aber um es in seiner ganzen Tragweite zu verstehen, müssen wir es von der Ewigkeit her betrachten. Warum? Weil unsere Seele unsterblich, für die Ewigkeit geschaffen ist. Diese Ewigkeit nun können wir nur entweder auf ewig in versöhnter Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott verbringen — oder aber in ewiger Trennung von Ihm, dem ewigen Licht und Quell des Lebens; ein Drittes gibt es nicht! Die Krankheit der Seele besteht nun gerade darin, nicht die versöhnte Gemeinschaft mit Gott durch Vergebung ihrer Sünden (Lk 1,77) zu suchen, sondern allzu kurzsichtig anderes für scheinbar dringlicher, wichtiger und kurzfristig bequemer zu erachten. Die gute Nachricht, die Frohe Botschaft (griech. euaggelion, davon lat. evangelium), aber ist dies: dass wir von jener Krankheit der Seele geheilt werden können — und zwar, indem wir den Sinn unseres Lebens bei Jesus Christus, dem menschgewordenen Wort (Logos) des lebendigen Gottes, suchen. Unser Leben im Diesseits und im Jenseits Ihm anzuvertrauen, ist daher die große Chance unseres irdischen Lebens — eine vergleichbare gibt es nicht und wird auch nicht kommen! Versäumen wir daher nicht, diese Chance zu ergreifen und auch immer wieder neu zu ergreifen, wenn sie uns zu entgleiten droht — damit unser Leben nicht länger ohne bleibenden Sinn verrinnt. Und enthalten wir auch den Menschen in unserem Umfeld diese rettende Botschaft nicht vor. Denn: In keinem andern ist die Rettung zu finden; denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir gerettet werden sollen. (Apg 4,12)

Unser Vertrauen immer wieder auf Jesus Christus, den wesensgleichen Sohn Gottes, zu setzen, können wir einüben. Denn selbst wenn uns einmal die Worte versagen sollten angesichts von Sorge und Anfechtung, können wir zu Ihm rufen mit den einfachen Worten des Evangeliums:

Herr Jesus, ich glaube,
hilf meinem Unglauben!
Gott, sei mir Sünder gnädig.

Her.

Eigentexte zum Lukastag

Tagesgebet

Allmächtiger Gott! Du beriefst Lukas den Arzt, der um seines Evangeliums willen gepriesen wird, zum Arzt der Seele. Lass es Dir wohlgefallen, durch die heilsame Arznei seiner Lehre die Krankheiten unserer Seelen zu heilen. Durch Deinen Sohn, Jesus Christus, unseren Herrn, der mit Dir und dem Heiligen Geist, ein einiger Gott, lebt und herrscht, jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Epistel

2 Tim 4,5–15

Du aber bleibe nüchtern in jeder Hinsicht, nimm die Leiden auf dich, richte die Arbeit eines Predigers der Heilsbotschaft aus und versieh deinen Dienst voll und ganz. 6Denn was mich betrifft, so wird mein Blut nunmehr als Trankopfer ausgegossen, und die Zeit meines Abscheidens ist da. 7Ich habe den guten Kampf gekämpft, habe den Lauf vollendet, den Glauben unverletzt bewahrt: 8fortan liegt für mich der Siegeskranz der Gerechtigkeit bereit, den der Herr, der gerechte Richter, mir an jenem Tage zuteilen zuerkennen wird; jedoch nicht nur mir, sondern überhaupt allen, die sein Erscheinen mit Liebe erwartet haben. 9Komm möglichst bald zu mir, 10denn Demas hat mich aus Liebe zur jetzigen Weltzeit verlassen und ist nach Thessalonike abgereist, Crescens nach Galatien, Titus nach Dalmatien; 11nur Lukas ist noch bei mir. Nimm Markus zu dir und bringe ihn mit; denn ich kann ihn zu Dienstleistungen gut gebrauchen. 12Tychikus aber habe ich nach Ephesus gesandt. 13Den Reisemantel, den ich in Troas bei Karpus zurückgelassen habe, bringe mir mit, wenn du kommst, auch die Bücher, besonders die Pergamentblätter. 14Der Schmied Alexander hat mir viel Böses angetan: der Herr wird ihm nach seinem Tun vergelten. 15Nimm auch du dich vor ihm in acht, denn er ist unsern Aussagen mit Entschiedenheit entgegengetreten.

Evangelium

Lk 10,1–7a

Hierauf aber bestellte der Herr noch siebzig andere (Jünger) und sandte sie paarweise vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst zu gehen gedachte. 2Er sagte zu ihnen: »Die Ernte ist groß, aber klein die Zahl der Arbeiter; darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld sende! 3Geht hin! Seht, ich sende euch wie Lämmer mitten unter Wölfe. 4Nehmt keinen Geldbeutel mit euch, auch keine Reisetasche und keine Schuhe, und lasst euch unterwegs mit niemand in lange Begrüßungen ein. 5Wo ihr in ein Haus eintretet, da sagt zuerst: ›Friede (sei) mit diesem Hause!‹ 6Wenn dann dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird der Friede, den ihr ihm gewünscht habt, auf ihm ruhen; andernfalls wird euer Friedensgruß zu euch zurückkehren. 7In demselben Hause bleibt dann und esst und trinkt, was man euch bietet; denn der Arbeiter ist seines Lohnes wert.«