Pfingsten! Und dann? Eine Gemeinde entsteht

Das Moseltal bei Bernkastel-Kues

Feste Grundlagen

Im Anschluss an den Pfingst-Gottesdienst der nordisch-katholischen Mission an der Mosel entstand auf der weltlichen Feier der Impuls für weitere Treffen mit dem Thema der Verwirklichung des Kirche-Seins. Die Treffen standen unter der Überschrift „Kirche wie am Anfang: Außenseiter-Gemeinschaft mit konkretem Auftrag“; Ziel war das Formulieren eines gemeinschaftlichen Selbstverständnisses. 

Im Mittelpunkt der Überlegungen stand die Betrachtung der Perikope 1Petr 2,4ff.:

Wenn ihr zu ihm, dem lebendigen Stein, herantretet, der von den Menschen zwar als unbrauchbar verworfen, bei Gott aber als ein auserwähltes Kleinod gilt, 5so werdet auch ihr selbst als lebendige Bausteine zu einem geistlichen Hause, zu einer heiligen Priesterschaft aufgebaut, um geistliche Opfer darzubringen, die Gott durch Jesus Christus wohlgefällig sind. 6In der Schrift heißt es ja (Jes 28,16): »Seht, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen kostbaren Eckstein; und wer auf ihn sein Vertrauen setzt, wird nimmermehr zuschanden werden.«

1. Petrusbrief, Kapitel 2, Verse 4-6

Folgende Punkte wurden für die Missionsgemeinde an der Mosel festgehalten:

  • Fundament der Missionsgemeinde ist die ekklesiologische Zugehörigkeit zum Leib Christi.
  • Die Missionsgemeinde versteht sich als Basisgemeinde — als christliche, von Laien verwaltete Gemeinschaft vor Ort.
  • Die seelsorgliche Betreuung erfolgt durch die nordisch-katholische Kirche, auf der Grundlage von deren Amts- und Sakramentsverständnis.
  • Angehörige anderer christlicher Konfessionen sind zu allen Veranstaltungen herzlich eingeladen.
  • Die Missionsgemeinde versteht sich konfessionell als ‚orthodox mit westlichem Ritus‘.*
  • Die heilige Eucharistie wird gemäß dem nordisch-katholischen Messbuch gefeiert, mit der Kommunion unter beiderlei Gestalt.
  • Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben. Anfallende Kosten für Räumlichkeiten etc. werden über Spenden an das Martinuswerk e.V., Kollekten und Kerzenopfer geregelt.

* Grundlage ist der im orthodox-altkatholischen Dialog 1975-1987 festgehaltene altkirchliche Glaube.

Katechese und Gemeinschaft

Am Mittwoch nach dem Trinitatisfest (15. Juni) fand dann ein dreiteiliger Themenabend unter Leitung des Pastoralen Mitarbeiters Br. Josef im Weingut Christoph Pfeiffer unter dem Motto „Kirche, Kirchen, Christentum und ich: Sola scriptura?“ statt. Im ersten Teil ging es ausgehend vom Pfingstereignis (Apg 2) um die Entwicklung der Kirche unter den kulturellen und politischen Gegebenheiten des römischen Reiches. Entlang der Kirchengeschichte wurde die kontinuierliche Weitergabe der christlichen Glaubensinhalte ausgehend vom Apostelkonzil (48 n.Chr.) bis in die heutige Zeit dargestellt. Themen waren unter anderem die apostolische Sukzession, die Inhalte der Traditio apostolica und das Vermächtnis der Kirchenväter im Allgemeinen.

Im zweiten Teil ging es um die orthodoxe Ekklesiologie und Eschatologie und um die Umsetzung des orthodox-altkatholischen Konsensdokuments (Koinonia auf altkirchlicher Basis = IKZ 79 [1989], Beiheft zu Nr. 4). Im Anschluss an eine angeregte Diskussion ging es im dritten Teil um die Kernbotschaft des Evangeliums — am Beispiel des Schächers am Kreuz und seiner Bekehrung zu Christus in der Todesstunde (Lk 23,39-43).

Den Schluss des Vortrages bildete dann die Betrachtung des Pfingstereignisses als Geburtsstunde der Urgemeinde und Inspiration geistlicher Aufbrüche bis in die Gegenwart. Vor dem gemütlichen Ausklang im Weinkeller fasste Br. Josef zusammen: „Der menschgewordene Gott hat Sein öffentliches Wirken mit der Weinvermehrung begonnen und setzt es durch die Ausgießung des Heiligen Geistes bis zum heutigen Tag fort; es lohnt sich, Ihm zu folgen!“ Freudig und gut gelaunt gingen die Gespräche an diesem Abend weiter, bis tief in die Nacht hinein.

Deo gratias!

Katechetische Notizen zur orthodox-altkatholischen Lehre, III/1–I: Grundlagen der Ekklesiologie

Pfingstwunder: Rabbula-Evangeliar (syrisch, 6. Jh.)

Im Folgenden dokumentieren wir hier weitere Notizen zur Katechesenreihe (von F. Irenäus Herzberg) über das orthodox-altkatholische Konsensdokument Koinonia auf altkirchlicher Basis (= IKZ 79/4 Beiheft, 1989, Hrsg. Urs von Arx). Bisher erschienen in der Reihe die folgenden Teile: 

III/1–I. Das Wesen der Kirche

[Vorbemerkung: Die Ausführungen zur Ekklesiologie (Kapitel III) im orthodox-altkatholischen Konsensdokument bilden dessen mit Abstand längstes Kapitel und nehmen ein ganzes Drittel des gesamten Dokuments ein. Die Ekklesiologie bildet gewissermaßen das Herzstück orthodoxer (und altkatholischer) Dogmatik — ja, deren inhaltlichen Angelpunkt: Die Ekklesiologie stellt das wesentliche Bindeglied zwischen Fundamentaltheologie, Gotteslehre sowie Christologie einerseits und Soteriologie, Sakramentenlehre sowie Eschatologie andererseits dar. Der erste und grundlegende Abschnitt des orthodox-altkatholischen Konsenstexts zur Ekklesiologie (Abschnitt III/1: „Wesen und Eigenschaften der Kirche“) ist noch einmal in zwei Teilabschnitte untergliedert. Im Folgenden sollen die Inhalte des ersten dieser beiden Unterabschnitte vorgestellt werden — wie gewohnt als inoffizielle Lesehilfe und Diskussionsbegleitung, welche die Beschäftigung mit den Originaltexten erleichtern, aber nicht ersetzen will.]

(I.1.) Lässt sich die Lehre von der Kirche unabhängig von Gotteslehre und Christologie behandeln?

Nein: Denn das Wesen der Kirche steht in engstem Zusammenhang mit der Selbstoffenbarung des dreifaltigen Gottes im Gott-Menschen Jesus Christus und im Heiligen Geist. [Ein primär soziologisches Verständnis der Kirche wird daher ihrem eigentlichen Wesen nicht gerecht.]

In welcher Form beschreiben Schrift und Überlieferung die Kirche ihrem Wesen nach?

In Schrift und Überlieferung findet sich keine allgemeine abstrakte Definition der Kirche. Vielmehr werden dort zahlreiche Bilder bzw. bildhafte Bezeichnungen derselben gegeben.

Welches sind Bilder und Bezeichnungen für die Kirche in der Schrift?

Die Kirche ist:

  • der „Leib Christi“ (1 Kor 12,13.27),
  • das „Volk Gottes“ (1 Petr 2,10),
  • das „Haus“ bzw. der „Bau“ oder „Tempel Gottes“ (1 Tim 3,15; 1 Kor 3,9.16),
  • die „königliche Priesterschaft“ (1 Petr 2,9),
  • die „Braut“ Christi (Mk 2,20, Offb 21,2),
  • der „Weinberg“ Gottes (Jes 5,7).

[Die Kirche ist somit nicht selbst schon das Gottesreich, sondern sie stellt dessen fortschreitende Verwirklichung dar. Das Reich Gottes wird erst am Ende der Zeiten bei Christi Wiederkunft seine vollendete Gestalt annehmen.]

Wie wird die Kirche in der Überlieferung beschrieben?

In der Überlieferung werden jeweils verschiedene Wesenszüge der Kirche betont; sie ist:

  • bischöflich geleitet,
  • priesterlich und charismatisch,
  • Gemeinschaft der Gläubigen,
  • Vereinigung der Rechtgläubigen aller Zeiten und
  • die im Gott-Menschen Christus geeinte Menschheit.

(I.2.) Wie ist die Kirche entstanden?

  • Die Kirche gründet als Gottesvolk in Gottes ewigem Ratschluss.
  • Die Kirche wurde bereits im Alten Bund vorgebildet und als dessen Erneuerung verheißen (Jes 2,2; Jer 31,31).
  • In der „Fülle der Zeit“ [Gal 4,4], am Angelpunkt der Heilsgeschichte, wurde die Kirche verwirklicht durch:
    • die Menschwerdung des Wortes Gottes in Christus Jesus,
    • Seine Verkündigung des Evangeliums,
    • Seine Berufung der Zwölf Apostel,
    • Seine Einsetzung des Heiligen Abendmahls,
    • Seinen Kreuzestod und Seine Auferstehung und
    • die Sendung des Heiligen Geistes durch Ihn am Pfingsttag.
  • [Für das richtige Verständnis der Kirche ist somit sowohl eine christologische als auch eine pneumatologische Perspektive bedeutsam. Das lutherische Verständnis der Kirche als creatura verbi beispielsweise steht in der Gefahr, die pneumatologische Dimension zu vernachlässigen.]

(I.3.) Was sind die beiden grundlegenden Aspekte des Wesens der Kirche?

  • Die Kirche ist der Leib Christi, ihr Haupt ist Christus selbst.
  • Die Kirche ist somit ein gottmenschlicher Organismus; ihr Leben besteht in der Verbindung der Glieder zum göttlichen Haupt und untereinander.
  • Als gottmenschlicher Organismus hat die Kirche einen göttliche, ewigen und daher unsichtbaren Aspekt, zugleich aber ist sie sichtbarer Teil der Geschichte; die Wanderung des Gottesvolks ist Teil der allgemeinen Menschheitsgeschichte.
  • Sichtbare Merkmale der Kirche sind:
    • das von den Aposteln her überlieferte Amt (und somit auch die Unterscheidung von Klerus und Laien),
    • die bleibenden Grundsätze der Lehre,
    • die feststehende Ordnung des Gottesdiensts.
  • Zur Kirche gehören sowohl die schon im Himmel Vollendeten als auch die noch auf Erden den „guten Kampf“ (2 Tim 4,6) kämpfenden Gläubigen.
  • [Für diese beiden Teile der Kirche kennt die lateinische Tradition die Begriffe ecclesia triumphans und ecclesia militans. Da die Orthodoxie keine allgemein anerkannte Lehre vom Reinigungsort hat – obgleich sich in der byzantinischen liturgischen Tradition manche Ansätze dafür finden –, wird die ecclesia expectans hier nicht eigens erwähnt.]

Was vollzieht sich in der Kirche an ihren Gliedern?

  • In der Kirche findet das neue Leben aus der Kraft Christi und gemäß Seiner Weisung statt – das Leben im Heiligen Geist.
  • In der Kirche wird allen Gliedern Anteil gegeben am göttlichen Leben Christi, welcher ja ihr Haupt ist, damit sie geheiligt und gerettet werden.
  • [Damit ist nicht ausgeschlossen, dass Gott in Seinem unergründlichen Ratschluss auch zuweilen außerhalb der Kirche wirken kann; wohl aber ist das Leben in und mit der Kirche der sichere Weg zum Heil.]

(I.4) Manche behaupten, die wahre Kirche sei unsichtbar oder sie sei ein unbestimmbares Ideal, dem keine Kirche auf Erden vollkommen entspräche.

  • Wie wir gesehen haben (I.3), hat die vom Herrn gegründete Kirche – neben einem unsichtbaren Aspekt – durchaus auch eine sichtbare Seite.
  • Aus diesem Grund ist die wahre Kirche auch kein unbestimmbares Ideal, sondern vielmehr eine sichtbare geschichtliche Größe mit definierbaren Merkmalen.
  • Dies zu leugnen [wie es in manchen protestantischen Traditionen geschieht], widerspricht sowohl der Heiligen Schrift als auch der Überlieferung – und stellt letztlich die Authentizität der in Christus ergangenen Offenbarung in Frage.

Sie hielten aber beharrlich fest an der Lehre der Apostel und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten.

Apg 2,42

Fortsetzung folgt: III/1–II Eigenschaften der Kirche

Pfingstfreude 2022

Die beiden Neupriester mit ihren Antimensien

[Update: Weitere Bilder der Pfingst-Gottesdienste untenan]

Die Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingsttag vor fast zweitausend Jahren gilt bekanntlich als Gründungsdatum der Kirche. Der diesjährige „Geburtstag der Kirche“ war für die deutsche Administratur der Nordisch-katholischen Kirche ein besonderes Freudenfest — dank des Besuchs unseres Bischofs, S.E. Dr. Roald Nikolai Flemestad, der am Pfingstwochenende in der Abtei St. Severin (Kaufbeuren) vier Männer zum Dienst in der Kirche weihte:

Diakon Joachim Danz — Kuratie Bayern

Diakon Thomas Schulze — Augustinus-Gemeinschaft

Priester Dr. Zoltán Drenkó — Mission Ungarn/Slowakei

Priester Davide Mossenta — Mission Norditalien

Mögen sie alle unter dem Segen des Herrn ihren Dienst treu und voll Freude versehen — zu Gottes Ehre und zum Heil der Menschen Seiner Gnade.

Bischof Roald mit Diakon Br. Thomas und Sr. Johanna (Augustinus-Gemeinschaft)
Bischof Roald mit den neu geweihten Diakonen
Litanei bei der Priesterweihe
Neupriester am Altar
v.l.n.r.: Abt Michael OPR, Neupriester Dr. Zoltán Drenkó, Bischof Dr. Roald N. Flemestad, Priester Péter Kováts

Pfingst-Feier 2022 der Nordisch-katholischen Mission an der Mosel:

Homilie
Kommunion
weltliche Feier

„Veni, Sancte Spiritus!“

Pastoralbesuch von Bischof Roald mit Ordinationen

Pfingstwunder, Berthold-Sakramentar, ca. 1215

Am kommenden Pfingstwochenende wird Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad (Oslo) die deutsche Administratur der Nordisch-katholischen Kirche besuchen. Wir freuen uns bekanntzugeben, dass Bischof Roald bei dieser Gelegenheit gleich mehrere Ordinationen für die deutsche Administratur und ihre ungarische Mission vornehmen wird.

Das Sakrament der Weihe zum Diakon sollen empfangen:

Dipl.-Theol. Joachim Danz
Dr. Zoltán Drenkó

Br. Thomas Schulze

Das Sakrament der Priesterweihe sollen empfangen:

Diakon Davide Mossenta
Diakon Dr. Zoltán Drenkó

Die Diakonweihen sind für Samstag, den 4. Juni, um 16 Uhr und die Priesterweihen für Sonntag, den 5. Juni, um 11 Uhr — jeweils in der Abtei St. Severin in Kaufbeuren — terminiert. Wir bitten herzlich um Ihr Gebet für die Weihekandidaten.

Allen Leserinnen und Lesern dieser Seite wünschen wir ein frohes, von der Gnade des Heiligen Geistes erfülltes Pfingstfest!