Sag Dich los! — Gedanken von Br. Maximilien OPR

Ja, liebe Brüder und Schwestern, Fastenzeit ist immer noch angesagt. Erstaunlich finde ich, dass in den öffentlichen Medien auch davon die Rede ist, ja, sogar kurz vor 22 Uhr ist auf Antenne Bayern ein täglicher Beitrag dazu zu hören. Dass so etwas in Deutschland immer noch existiert, wundert mich als Franzosen, denn bei uns ist es längst vorbei …

Also Fastenzeit ist wieder angesagt … und drüber sollte man sich freuen? – Ja, natürlich sollte man sich drüber freuen, denn wir sind ja gute Katholiken, und wir wollen Jesus nachfolgen, also dürfen wir uns freuen, wenn wir leiden müssen, denn dies macht uns Ihm ähnlich, juhu, wieder leiden!!!

Na ja … sicherlich nicht ganz falsch, aber nicht unbedingt meine Ansicht … Denn Fasten kann (sollte …) auch was Positives sein.
Als wir Kinder waren, haben wir mit Stroh gespielt. Ich sehe es noch vor mir; und genauso sinnlos, wie es mir damals schon erschien (ob ich denn so reif war oder einfach nur gelangweilt, sei bitte dahingestellt…), erscheint es mir heute noch: uns wurde von der alten Katechismus-Lehrerin ein Blatt Aluminium-Folie gegeben mit kleinen Strohstücken.

Die Idee war, dass man für jedes Opfer, jeden Verzicht, den man die Woche über gemacht hatte, ein Stück Stroh in die Folie tat.
Geprüft wurde am Mittwoch danach, wie viele Opfer von wem dargebracht wurde, dem Erfolgreichsten wurde dann gratuliert.

Sinnlos sagt Ihr? Mein´ ich eigentlich auch, aber zumindest hätte man es als Ermutigung betrachten können nach dem Motto: „Naja, es ist doch nicht so schwierig, Jesus nachzufolgen!“ Wäre dies jedoch der persönliche Schluss von jedem Einzelnen gewesen, dann wäre ich doch nicht so gelangweilt gewesen … , denn so wurde uns das Fasten nicht beigebracht.

Wollte man sich aber etwas vom Kindergarten-Gedöns lossagen, gäbe es eigentlich viel, worauf wir uns freuen könnten.
Ganz nebenbei gesagt: Fasten ist vor allem eine Art von Gebet. Als Erstes nenne ich einfach die Wiederholung: alle Jahre wieder, so schien es mir für lange Zeit zu sein.

Die katholischen Kirche, die hat ihren Rhythmus, und alle Jahre wieder „wiederholt“ sich das Ganze, zumindest für den Außenstehenden, denn der Christ kann es als Chance betrachten: Es tut gut zu wissen, dass es Dinge gibt, die das Zeitliche doch nicht ganz abgeschafft hat, die wiederkommen und doch jedes Mal immer wieder neu sind; wie eine Art Meditation durch das Jahr, ja, durch das Leben sogar, bekomme ich immer wieder die Chance, meine Beziehung zu Gott zu erneuern, mich aufs Wesentliche zurück zu besinnen. Die Welt dreht sich weiter, die Kirche nicht …

Dies zu wissen, tut gut! Was soll dann nach der Chance zur Erneuerung folgen? Die Erneuerung selber? So sehe ich das auch! Dies geschieht durch eine Infragestellung der Wichtigkeit von kleinen Dingen des Alltags, diese Dinge, die nur für mich was bedeuten, die mir wichtig sind, die mich vielleicht auch noch belasten? Fastenzeit als Wagnis: Muss dies unbedingt sein? Brauche ich jenes unbedingt? Ferner sogar: Was hat dies für einen Einfluss auf mich? Also probieren wir es mal ohne, mal sehen, was dann passiert …

Die Zeit ist gekommen, sagt uns die Kirche, und wenn andere schon dabei sind, dann mache ich das auch… und Schwuppdiwupp (Danke, Wilhelm Busch) verschwanden gestern sechs Computerspiele von meinem PC!
Was bleibt dann übrig, das Leiden? Hat es mir etwa Leidgetan? Wird es mir auch Leidtun, die DVDs in die Tonne zu schmeißen? (Da wird man sogar hellsichtig…)
Nein, es ist eine Befreiung, endlich konnte ich mich davon lossagen, von Sachen, die ich bis jetzt geliebt habe, stundenlang damit gespielt habe, an denen ich Spaß hatte, wie noch was, bye bye, auf Wiedersehen, und kommt nicht zurück!

Das ist Fastenzeit, das sind die kleinen Freuden des Alltags, die kleinen Wagnisse, die die Fastenzeit möglich macht. Als nächstes folgt ein Blick in die Zukunft: erstmal in die Mülltonne mit allem, was belastet.
Wer im Frühjahr sein Haus nicht putzt, aufräumt, auffrischt, den verstehen selbst seine Nachbarn nicht mehr. Wir sollen Christus nachfolgen und sind dazu eingeladen, im Gebet mit Gott enger in Kontakt zu treten. Gott kennt den Weg, Er weiß, was ihn uns erschwert, und Er, nur Er, kann uns dazu bringen, uns von irdischen Sachen loszusagen, die einfach ihre Zeit hatten, die einfach vorbei sind.

Denn es geht noch weiter, wir schauen hin zu Gott, zum Gekreuzigten, zu Dem, Der bald für jeden Einzelnen von uns Sein Leben hingeben wird, aber auch zu Dem, Der überhaupt für jeden Einzelnen ein irdisches Leben auf Sich genommen hat, zu Dem, Der es gewagt hat Sein Vertrauen in uns zu setzen, und da stellt sich die Frage: Wo werde ich dann sein, wenn es wieder passiert, denn wir wissen, dass es wieder passieren wird, dass Karfreitag kommt, und zwar schneller als gedacht!

Wo werde ich sein, in welcher Gruppe? Unter denen vielleicht, die schreien werden „Dieser soll nicht über uns herrschen! Ans Kreuz, und zwar sofort!“ Das bestimmt nicht. Werde ich den Mut haben, Sein Gesicht vor der ganzen Menschenmenge zu waschen? Werde ich unter dem Kreuz sein, wie Johannes, schön wär´s!

Aber es droht eine andere Gefahr: dass mir das alles egal sein könnte, die Gefahr, die die Dinge dieser Welt mit sich bringen, ja, man hat keine Zeit für sowas, man lebt doch nicht in einer verträumten Welt! Wie hätten die Jünger und Jesus selbst an meiner Stelle reagiert? Meine Probleme hatten sie doch nicht! Und Fastenzeit kommt nächstes Jahr wieder, also hab´ ich Zeit … naja, um diese Dinge geht es gerade, denn diese sind es, die es mir schwerer machen. Ich will zu Christus hin, wir wollen zu Christus hin, und je leichter, desto besser! Also sag Dich los, und viel Spaß bei der letzten Etappe dieser Fastenzeit!