in
drei Seinsweisen, auch genannt Hypostasen
(griechisch) [bzw. lateinisch Personen;gemeint ist
hier aber nicht der alltägliche Personenbegriff, eine persona
in diesem Sinne ist nicht notwendigerweise auch ein Individuum!],
nämlich
der Vater, der Sohn [= „das Wort“, vgl. Joh 1,1] und der
Heilige Geist.
Der
Vater hat den Sohn „geliebt vor Grundlegung der Welt“ (Joh
17,24) und sich offenbart im Heiligen Geist, der die Liebe
personifiziert (Mt 3,16f, Gal 4,6); in diese Gemeinschaft der Liebe
will Gott uns mit hinein nehmen (Joh 17,26, Gal 4,6).
Diese
Drei-Einheit ist also ein Geheimnis der Liebe und wird nur in Liebe
erkannt; denn Gott ist Liebe (1 Joh 4,8).
(1.) Was verstehen wir unter der heiligen
Dreifaltigkeit?
Gott
ist dem Wesen (griechisch ousia, lateinisch substantia)
nach einzig, aber dreifaltig nach den Seinsweisen (Hypostasen) bzw.
Personen (wobei „Person“ hier, wie oben bemerkt, im
ursprünglichen lateinischen Sinne zu verstehen ist).
Vater,
Sohn und Heiliger Geist sind ewige und anfangslose Personen (im
ursprünglichen lateinischen Sinne, also nicht als Individuen!), die
jedoch ungeschieden in dem einen Wesen Gottes miteinander geeint
sind.
Deshalb
„beten wir an die Einheit (monas) in der Dreiheit (Trias)
und die Dreiheit in der Einheit, in ihrer paradoxen
Unterschiedenheit und Einigkeit (enosis)“ (Gregor von
Nazianz, Migne PG 35,1221).
(2.) Worin besteht die Einheit der Hypostasen der
heiligen Dreifaltigkeit?
Die
Einheit besteht:
einerseits
aufgrund der Einheit und Identität des göttlichen Wesens;
andererseits
aufgrund der Einheit und Identität der Eigenschaften, der Energien
(Wirkweisen) und des Willens.
Der
Vater ist der eine Ursprung und Grund von Sohn und Heiligem Geist.
Die
drei göttlichen Hypostasen sind eines Wesens und durchdringen
einander ohne Vermischung, ohne Teilung des Wesens und ohne
rangmäßige Unterordnung.
„Die
Wesensgleichheit aber und das Durchdringen der Hypostasen und die
Identität des Willens, der Wirksamkeit, der Kraft, der Macht und
der Tätigkeit lassen uns sozusagen die Untrennbarkeit und Einheit
Gottes erkennen. Denn nur einer ist
in Wahrheit Gott, der Gott[-Vater] und das Wort und sein Geist.“
(Johannes von Damaskus, Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens,
I, 8; BKV I, 44: 23).
(3.) Worin besteht die Verschiedenheit der
Hypostasen?
Vorab:
Die drei Hypostasen (Personen) haben gleiche Fülle der Gottheit;
die Einheit und Unzertrenntheit des göttlichen Wesens bleibt dabei
gewahrt, da die Hypostasen (Personen) zwar zu unterscheiden
sind, aber doch ungeschieden sind!
Die
Unterschiede der Hypostasen bestehen in den ewigen Beziehungen
untereinander:
Der
Vater zeugt von Ewigkeit her den Sohn und lässt den Heiligen Geist
hervorgehen. Er ist „Wurzel und Quelle des Sohnes und des
Heiligen Geistes“ (Basilius der Große, 24. Predigt, gegen die
Sabellianer, Arius und die Anomöer, Migne PG 31, 609).
Der
Sohn hat also seinen Grund im Vater, denn er ist ja „vor aller
Zeit“ (Credo) durch diesen gezeugt,
und
auch der Heilige Geist hat seinen Grund im Vater, denn er ist ja
aus diesem hervorgegangen – wiederum anfangslos und zeitlos;
der
Vater aber hat keinen Ursprung oder Grund (griechisch aitios),
er ist sich selbst Grund.
Der
Vater ist ungezeugt und ursprungslos, der Sohn ist gezeugt, der
Heilige Geist hervorgebracht – allein in diesen unmittelbaren
Eigenschaften besteht der geheimnisvolle und doch wirkliche
Unterschied der drei Hypostasen.
So
beschreibt es Johannes von Damaskus: „Nur in diesen persönlichen
Eigentümlichkeiten unterscheiden sich die heiligen drei Personen
voneinander. Nicht durch die Wesenheit, sondern durch das Merkmal
der eigenen Hypostase sind sie ohne Trennung unterschieden.“
(Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens, I, 8; BKV I, 44:
22)
Ebenso:
„Unterscheidungsweise [sind
in Bezug auf die göttlichen Personen] die Ausdrücke: Vater, Sohn,
Geist, […], ungezeugt, gezeugt und hervorgegangen [zu gebrauchen].
Denn diese bezeichnen nicht das Wesen, sondern die gegenseitige
Beziehung und die Seinsweise.“ (Genaue Darlegung des
orthodoxen Glaubens, I, 10; BKV I, 44: 29)
In welchem Sinne geht der Heilige Geist allein
vom Vater aus?
Der
ewige Ausgang des Heiligen Geistes, sprich: sein Hervorgehen,
geschieht allein vom Vater (Joh 15,26).
Davon
zu unterscheiden ist die Aussendung des Heiligen Geistes in die
Welt, denn diese geschieht vom Vater durch den Sohn (Joh 15,26) bzw.
vom Vater in des Sohnes Namen [Joh 14,26].
Dann
– und nur dann –, wenn man unter ,Ausgang‘ lediglich die
zeitliche Sendung des Geistes in die Welt versteht, kann man von
einem Ausgang des Geistes aus dem Vater durch den Sohn bzw. einen
Ausgang des Geistes aus dem Vater und dem Sohn sprechen.
Was lehrt Johannes von Damaskus über die
Beziehung des Heiligen Geistes zum Vater und zum Sohn?
„Gleicherweise
glauben wir auch an ,an
den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem
Vater hervorgeht‘ (Credo) […] Er geht vom Vater aus, wird durch
den Sohn mitgeteilt und von jeglichem Geschöpf empfangen.“
(Johannes
von Damaskus, Genaue
Darlegung des orthodoxen Glaubens,
I, 8; BKV I, 44: 21-22)
„Dagegen
behaupten wir nicht, dass er aus dem Sohne ist. […] Auch bekennen
wir, dass er uns durch den Sohn geoffenbart worden ist und
mitgeteilt wird.“
(Johannes von Damaskus, Genaue
Darlegung des orthodoxen Glaubens,
I, 8; BKV I, 44: 27).
„Der
Heilige Geist ist der [Geist] Gottes und des Vaters, insofern er aus
ihm hervorgeht; ferner wird er auch [Geist] des Sohnes genannt,
insofern er durch ihn erschienen ist und der Schöpfung mitgegeben
wird, aber nicht aus ihm das Dasein hat.“ (Johannes von Damaskus,
Predigt
zum Karsamstag,
Migne PG 96, 605).
Was ist das Filioque – und was lehren
die altkatholischen Kirchen dazu?
[Filioque
ist lateinisch „und dem Sohn“ und meint den entsprechenden
Zusatz im dritten Artikel des Glaubensbekenntnisses des Konzils von
Nizäa-Konstantinopel (381) [ratifiziert auf dem Konzil von Ephesus
431], wo es heißt: „Wir glauben an den Heiligen Geist, … der
aus dem Vater [!] hervorgeht.“ Die Konzilsväter hatten zu Beginn
des dritten Artikels offenbar – so wie auch jeweils zu Beginn der
ersten beiden Artikel des Credo (die sich mit dem Vater und dem Sohn
befassen) – die ewigen Beziehungen der göttlichen Hypostasen bzw.
Personen im Blick.]
[Ähnliche
Formulierungen wie das filioque finden sich zwar auch bei
älteren lateinischen Vätern, im Credo begegnet es aber erst im 5.
Jahrhundert in Spanien, wo die Gottheit des Sohnes (gegen die
Arianer) verteidigt werden musste. Die fränkischen Herrscher
forderten seine Einführung in der ganzen westlichen Kirche; der
römische Papst aber widersprach noch 809!]
„Wir
lehnen darum den Zusatz des filioque,
der im Westen während des 11. Jahrhunderts ohne Anerkennung durch
ein ökumenisches Konzil gemacht wurde, mit Entschiedenheit ab.
Diese Ablehnung bezieht sich nicht nur auf die unkanonische Weise
der Hinzufügung, trotzdem schon diese Form einen Verstoß gegen die
Liebe als das Band der Einheit darstellt. Wir weisen vielmehr
entschieden auch jede theologische Lehre ab, die den Sohn zur
Mitursache des Geistes macht.“
(Glaubensbrief
der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz an den
Ökumenischen Patriarchen Athenagoras I., IKZ 61 (1971), Nr. 2:
66)
„Ferner halten wir daran fest, dass es in der allerheiligsten Dreifaltigkeit nur ein Prinzip und eine Quelle gibt, nämlich den Vater.“ (Erklärung der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz zur Filioque-Frage, IKZ 61 (1971), Nr. 2: 66)
In die „Bücher“ des Alten Testaments und des Neuen Testaments.
[Lateinisch testamentum = Bund, vgl. z.B. 2 Kor 3,14 laut Vulgata – d.i. Hieronymus‘ Bibelübersetzung (382-405, als man Griechisch in Rom nicht mehr verstand).]
Was galt der frühen Kirche als Bibel des Alten Bundes (Testaments)?
Die Bibel der ersten Christen, sowohl hellenistischer Judenchristen als auch Heidenchristen, war die Septuaginta [lateinisch für 70, abgekürzt: LXX, die – der Legende nach von anfangs 70 Gelehrten angefertigte – griechische Übersetzung heiliger Schriften des Judentums (3. Jh. v.Chr. bis 1. Jh. n.Chr.)].
[Wenn das Neue das Alte Testament zitiert, geschieht dies meist aus LXX. Die Judenchristen des Heiligen Landes lasen den (hauptsächlich) hebräischen Urtext mit aramäischer Lesehilfe (Targum).]
Die LXX enthält zusätzlich zum hebräischen Kanon zehn weitere Schriften, die im Westen deuterokanonisch genannt werden, in manchen protestantischen Traditionen auch Apokryphen („verborgene“ Schriften) oder Spätschriften zum Alten Testament. Sie heißen griechisch auch Anagignoskomena; es handelt sich also um „gelesene“ und in einem weiteren Sinne „anerkannte“ Bücher.
(a.) Welches sind die kanonischen Bücher des Alten Testaments [AT]?
Der rabbinisch-jüdische Kanon des AT umfasst nach ältester hebräischer Zählweise 22 (Josephus), geläufiger 24 – nach christlicher Zählweise: 39 – Bücher [unterteilt in Tora, Nevi’im, Ketuvim (TNK, zum Akronym vokalisiert als Tanach)], nämlich
[die (poetischen) ersten drei „Schriften“, hebräisch Ketuvim:] Psalmen, Ijob, Sprichwörter;
[die an fünf hohen jüdischen Festen verlesenen „Schriftrollen“, hebräisch Megillot:] Rut, Hohelied, Kohelet/Prediger, Klagelieder, Ester;
[weitere Bücher der „Schriften“:] Daniel, Esra und Nehemia, Chroniken (1. und 2.).
[Der obige Kanon beruht auf den rabbinischen Lehrentscheidungen von Jamnia, ca. 100 n.Chr.; die Kirche erkennt all diese Bücher als kanonisch an.]
Christliche Bibeln folgen jedoch der Anordnung der alten griechischen Übersetzung (Septuaginta/LXX) und gliedern die Bibel in historische, poetische und prophetische Bücher. Hierbei werden Rut (hinter Richter), Chroniken (hinter Könige), Esra, Nehemia, Ester als historische Bücher gezählt, Daniel (hinter Ezechiel, als „großer Prophet“) und Klagelieder (hinter Jeremia) als prophetische Bücher.
[Im Vergleich zu ihren hebräisch-aramäischen Versionen sind manche kanonischen Bücher in der Fassung der LXX ausführlicher, z.B. Daniel, Ester, Psalmen (s.u.). Die Zählweise der Psalmen weicht in der LXX zudem etwas ab (meist 1 geringer).]
Was heißt „deuterokanonisch“?
Das griechische Wort kanon heißt Maßstab; also heißt „kanonisch sein“ so etwas wie „den Maßstab bilden“ (für theologische Schriften). Die deuterokanonischen Schriften (Anagignoskomena) werden somit von der Kirche als zum Kanon gehörig betrachtet, aber nur in „zweiter Reihe“ (von griechisch deuteros = zweiter, anderer).
„Die ,kanonischen‘ Bücher zeichnen sich durch die besondere Autorität aus, welche ihnen die Kirche stets zuerkannt hat; sie hält aber auch die ,Anagignoskomena‘ in Ehren, die seit alters zu ihrem Kanon der Heiligen Schrift gehören.“ [in Urs von Arx (Hrsg.): Koinonia auf altkirchlicher Basis. Sonderheft zu IKZ 79/4, 1989, 48]
Welches sind die deuterokanonischen Bücher des
Alten Testaments?
Die auch im Westen seit ältester Zeit als deuterokanonisch betrachteten Bücher sind: 1. und 2. Makkabäer, Tobias, Judit, Jesus Sirach, Weisheit, Baruch samt Brief des Jeremia; diese werden in den Kanon eingereiht, die Makkabäer bei den historischen, Baruch bei den prophetischen, die übrigen bei den poetischen Büchern bzw. Weisheitsbüchern.
Die orthodoxe Kirche erkennt zudem noch die Bücher 3. Esra (nach westlicher Zählung, etwa in Hieronymus‘ Vulgata; hingegen griechisch: 1. Esra, slawisch: 2. Esra) und 3. Makkabäer an.
Darüber hinaus erkennt die orthodoxe Kirche weitere Zusätze zu den kanonischen Büchern als deuterokanonisch bzw. Anagignoskomena an, z.B. das Gebet Manasses (enthalten sogar in zwei wichtigen reformatorischen Bibeln: Lutherbibel und King James Version, teils auch im Anhang katholischer Bibeln) oder Psalm 151.
[Der alttestamentliche Kanon der orientalisch-orthodoxen Kirchen weicht hiervon so gut wie nicht ab. Allerdings kennt die äthiopische Kirche zusätzlich zu den üblichen kanonischen und deuterokanonischen Schriften noch weitere antike jüdische und christliche Bücher, die sie als „kanonisch im weiteren Sinne“ bezeichnet.]
(b.) Welches sind die Bücher des Neuen Testaments [NT]?
Das NT enthält 27 Bücher [größtenteils und vermutlich sogar in Gänze aus dem 1. Jh. n.Chr.], nämlich folgende (Abkürzungen der Bücher gemäß Loccumer Richtlinien):
die sogenannten synoptischen Evangelien: Mt, Mk, Lk [mit unterschiedlichen Adressaten, unterschiedlichen Schwerpunkten und höchstwahrscheinlich unterschiedlichem Alter, aber sehr ähnlichem Aufbau; eine literarische Abhängigkeit der Evangelien Mt und Lk von Mk sowie einer hypothetischen Quelle (Q) mit Jesus-Worten (Logien, nach Art des apokryphen „Thomasevangeliums“?) wird zwar vermutet, es fehlt aber nach wie vor ein Beweis in Form eindeutiger Textzeugen für die Existenz von Q];
das Joh-Evangelium [zumeist als jünger angesehen; als Evangeliar geordnet?];
die Apg des Lukas [zweiter Teil des sog. lukanischen Doppelwerks (= Lk+Apg)];
die Paulusbriefe (ca. 50-60 n.Chr.) – darunter die sog. Hauptbriefe: Röm, 1+2 Kor, Gal, ferner auch Eph, Phil, Kol, 1+2 Thess, Pastoralbriefe (1+2 Tim, Tit), Phlm, Hebr [es gibt gewisse Indizien dafür, dass Eph, Kol, 2 Thess, und die Pastoralbriefe im Namen oder Auftrag des Apostels Paulus von seinen Schülern oder Mitarbeitern niedergeschrieben wurden (also pseudepigraphisch sind); Hebr nennt keinen Verfasser];
die katholischen Briefe – Jak, 1+2 Petr, 1+2+3 Joh, Jud [„katholisch“, d.h. allgemein, da sie keine Adressaten nennen; die drei letzten sind sehr kurz];
die Offb [deren Kanonizität (wie Hebr, 2 Petr, 2+3 Joh, Jud) erst umstritten war].
[Die Ursprache des gesamten Neuen Testaments ist Koine-Griechisch. Es gibt die Theorie, dass das an Juden gerichtete Mt-Evangelium zunächst auf Hebräisch oder Aramäisch verfasst wurde, so schon die Kirchenväter Eusebius und Papias. Aber es fehlen Textzeugen, die dies klar belegen würden; auch das Mt-Evangelium in der syrisch-aramäischen Peschitta ist wohl deutlich jünger als die ältesten griechischen Handschriften von Mt.]
[Schon im 2. Jh. gab es bereits beträchtliche Einigkeit über den Umfang des NT: Das Schriftstück namens Canon Muratori sowie Irenäus von Lyon und Tertullian haben fast den gleichen Kanon wie wir heute – gegen z.B. Marcion. Origenes berichtet 230 gleichwohl noch von Diskussionen über die o.g. Bücher; es gab einst auch Kandidaten für den Kanon des NT, die dann letztlich doch nicht aufgenommen wurden (z.B. Apostellehre/Didache, 1. Clemensbrief oder Hirt des Hermas). Doch allerspätestens 367 (39. Brief des Athanasius) war die Kanonbildung abgeschlossen.]
[Kriterien für die Aufnahme einer Schrift in den Kanon waren ihr Alter und die Abfassung durch einen Apostel oder dessen nächstes Umfeld (z.B. Markus als Mitarbeiter des Petrus, 1 Petr 5,13; Lukas als Arzt und Reisebegleiter des Paulus, Apg 16,10f, 2 Tim 4,11, Phlm 24).]
[Es gibt wohl keinen antiken Text, für den es auch nur annähernd so viele alte Textzeugen gäbe wie für das NT. Kritische Ausgaben des NT (z.B. Nestle/Aland) zeigen, dass die Unterschiede der Lesarten sehr selten theologisch relevant sind – und dann i.d.R. nur dergestalt, dass eine Aussage, die in einer anderen Perikope einmütig bezeugt ist, an einer inhaltlich verwandten Stelle wiederholt wird. Z.B. ist die theologische Botschaft von Joh 8,1-11 (Jesus vergibt und ruft zur Umkehr), obgleich dieser Abschnitt in den ältesten bekannten Manuskripten von Joh fehlt, anderswo vielfach bezeugt; Gleiches gilt für Mk 16,9ff (Auferstehungsbericht samt Missionsbefehl, z.B. Mt 28); ebenso folgt der in der Textkritik als comma Iohanneum bekannte trinitarische Einschub in 1 Joh 5,7f umstandslos aus anderen – aus historisch-kritischer Sicht übrigens recht frühen – Aussagen des NT über Gottes Dreifaltigkeit (z.B. Mt 28,20, Joh 1,1.14, 2 Kor 13,13).]
Wir dokumentieren hier in unregelmäßigen Abständen die Notizen zur Katechesenreihe (von Bischofsvikar F. Herzberg) über das orthodox-altkatholische Konsensdokument Koinonia auf altkirchlicher Basis (hrsg. Urs von Arx, IKZ 79/Sonderheft (1989)).
Vorbemerkungen…
Wir beginnen heute eine betont theologische Katechesenreihe. Nicht jeder Christ hat positive Assoziationen mit Theologie. Doch zu Unrecht:
Theologie heißt etymologisch: „Gott-Rede“, d.h. Rede über und/oder mit (!) Gott, dem Urgrund des Seins.
Evagrius Pontikos: „Wer richtig betet, ist Theologe; wer Theologe ist, betet richtig.“
Rechtes Beten, rechter Glaube, rechtes Handeln gehören zu sammen: lex orandi – lex credendi – lex vivendi.
Gute Theologie zeichnet sich aus durch das sentire cum ecclesia, den engen Austausch mit dem Volk Gottes – und ist daher stets lebensnah.
(Oder etwas moderner ausgedrückt, mit Karl Barth: Theologie ist eine „Funktion der Kirche“.)
Die Katechesenreihe gründet auf dem orthodox-altkatholischen Konsensdokument Koinonia auf altkirchlicher Basis [hrsg. Urs von Arx = IKZ 79/Sonderheft (1989)]:
Die Koinonia auf altkirchlicher Basis harmonisiert östliche und westliche theologische Traditionen,
und zwar auf der Grundlage vielfältiger biblischer und früher patristischer Zeugnisse;
sie ist das bislang umfassendste (wenngleich nicht umfangreichste) ökumenische Konsensdokument, das die orthodoxen Kirchen in einem bilateralen Dialog erarbeitet haben.
Im Laufe der Katechesenreihe werden wir gemeinsam die „Gemeinsamen Texte“ der Gemischten Orthodox-Altkatholischen Theologischen Kommission (so der offizielle Titel des Konsensdokuments) studieren. Dabei soll uns die folgende, etwas schematische, aber effektive Vorgehensweise helfen:
Die Überschriften der einzelnen Katechesen entsprechen den Kapitel- und Abschnittsüberschriften aus der Koinonia auf altkirchlicher Basis.
Die Fragen der Katechesen orientieren sich an den einzelnen Absätzen des jeweils zugrunde liegenden Abschnitts (die untergliedernde Nummerierung innerhalb eines Abschnitts wird in die Überschriften der Fragen aufgenommen).
Wir werden die Fragen gemeinsam, meist mit „offener Bibel“, diskutieren; im Dialog werden wir Antworten erarbeiten und mit den Aussagen des orthodox-altkatholischen Konsens vergleichen.
Kurzum: Es geht bei diesen Katechesen um eine Art Lern- und Lesehilfe zur Koinonia auf altkirchlicher Basis, die deren Rezeption an der kirchlichen Basis fördern soll. Die in eckigen Klammern […] gesetzten Teile sind Zusätze (Verweise auf Schriftstellen, Zitate oder erläuternde Aussagen), die sich zwar inhaltlich nicht in der Koinonia finden, aber einen Mehrwert für die Darstellung des jeweiligen theologischen Gegenstands haben.
I/1 Die
göttliche Offenbarung und ihre Überlieferung
Wen meinen wir mit „Gott“? Können wir etwas über Gott, seine Existenz und sein Wesen wissen?
Mit „Gott“ meinen wir die heilige Dreifaltigkeit: Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. [Vgl. den Tauf- und Missionsbefehl, Mt 18,19.]
[Um eine immanente, referenzielle Definition zu geben: Gott ist, nach christlicher Auffassung, identisch mit dem „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ (Ex 3,6 = Mt 22,32).]
Die Existenz eines Schöpfergottes und von dessen Güte kann jeder erkennen, lehrt Paulus gegenüber heidnischen Griechen: Apg 14,17.
[Gottes Transzendenz und Selbst-Existenz kommen zum Ausdruck in seinem früheren Namen: „Ich bin, der ich bin“ (Ex 3,14). Aufgrund der weiteren übernatürlichen Offenbarung, darunter insbesondere Gottes Menschwerdung (s.u.), kann Gott nun näher beschrieben werden.]
(1.) Auf welche Weise(n) hat sich Gott zuerst offenbart?
Gott hat sich offenbart in der Schöpfung: Röm 1,20. [Diese sogenannte allgemeine oder „natürliche Offenbarung“ spiegelt sich nicht zuletzt in der Gesetzmäßigkeit der Schöpfung, besungen z.B. in Ps 19.]
In herausgehobener Weise hat Gott sich offenbart im Menschen, der Gottes Ebenbild ist. [Vgl. Gen 1,27.]
Das menschliche Gewissen bezeugt Gottes Gesetze bzw. Gebote: Röm 2,15. Hierdurch kann man bereits die Existenz der sogenannten „speziellen“ oder „übernatürlichen“ Offenbarung erahnen.
(2.) Warum fällt
es dem Menschen schwer, Gott zu erkennen?
Die Menschen gehorchten nicht dem Gebot Gottes. [Der locus classicus ist die Perikope vom Sündenfall: Gen 3,17].
Dadurch wurde ihre Gottesebenbildlichkeit (s.o.) verdunkelt… ,
… ebenso auch ihre Fähigkeit, Gott zu erkennen: Röm 1,21.25.
Warum hat sich Gott einst dem Volk Israel offenbart; welchen Charakter hat diese Offenbarung?
Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und die Wahrheit erkennen: 1 Tim 2,4.
Gott offenbarte sich zunächst vorläufig durch die Propheten: Hebr 1,1.
Zu den Propheten gehört auch Mose; das (mosaische) Gesetz soll uns pädagogisch vorbereiten auf Christus: Gal 3,24. [Ja, auch Mose gilt in der Schrift als Prophet: Apg 3,22 = Dtn 18,15.]
[Im Alten Bund wurde von einer fortschreitenden übernatürlichen Offenbarung durch Propheten ausgegangen: Dtn 18,15. (Die sadduzäische Thelogie, die nur Mose als Prophet gelten lassen wollte, wird bereits in den Evangelien verworfen: Mt 22,23.29; Apg 23,8. Das rabbinische Judentum teilt diesbezüglich die christliche Position.) Kriterium für authentische Prophetie war jeweils die Kohärenz mit der vorausgegangen Offenbarung: Dtn 13,2-5. Die übernatürliche Offenbarung ist mit Christus an ihr Ziel gelangt: Hebr 1,1; Jud 3.]
(3.) Worin besteht die vollkommene Offenbarung Gottes, wie ist sie erfolgt und was ist ihr Ziel?
Höhepunkt der Heilsgeschichte ist die Offenbarung Gottes in seinem Sohn: Gal 4,4, Kol 2,9.
Der Sohn Gottes ist das Fleisch gewordene Wort Gottes: Joh 1,14.
Nur durch den Sohn Gottes kann der Mensch für die Ewigkeit gerettet werden: Apg 4,12.
Es handelt sich um eine Offenbarung Gottes in seinen Wirkungsweisen (Energien – energeiai), nicht in seinem Wesen (ousia). Basilius der Große, Brief 234, 1: „Die Wirkungsweisen sind mannigfaltig, die Wesenheit ist einfach. Wir aber sagen, wir erkennten unsern Gott aus den Wirkungsweisen, versprechen aber nicht, an seine Wesenheit selbst heranzukommen. Seine Wirkungen steigen zu uns hernieder; seine Wesenheit aber bleibt unzugänglich.“ (Migne, Patrologia Graeca 32,869, übersetzt nach Bibliothek der Kirchenväter BKV I, 46,283).
(4.) Wie wird diese Offenbarung vermittelt?
Die vollständige übernatürliche Offenbarung hat sich ereignet in Christus, s.o.
Sie wird vermittelt in der Überlieferung der heiligen Apostel. [Griech. apostolos = Gesandter. Diese wurden von Christus selbst erwählt und ausgesandt: Lk 6,13.]
Die Überlieferung der Apostel (apostolische Tradition) wiederum wird auf zwei Weisen weitergegeben:
erstens in der von Gott eingegebenen Heiligen Schrift [2 Tim 3,16];
zweitens in der mündlichen Überlieferung der Kirche [2 Thess 2,15].
Die lebendige, mündliche Überlieferung der Kirche ist insbesondere bewahrt im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel, den Entscheidungen der Sieben Ökumenischen Konzilien und der lokalen Synoden, in den Schriften der Kirchenväter und der Liturgie.
[Wo die Kirchenväter weitestgehend übereinstimmen, spricht man vom consensus Patrum. Dieses Kriterium für authentische, im besten Sinne „katholische“ Überlieferung findet man im berühmten Commonitorium von Vinzenz von Lérins (+434), wo es heißt: … magnopere curandum est ut id teneamus quod ubique, quod semper, quod ab omnibus creditum est; Hoc est etenim vere proprieque catholicum … – „… besonders ist dafür zu sorgen, dass wir das festhalten, was überall, immer und von allen geglaubt worden ist, denn das ist eigentlich und wahrhaft katholisch …“ – Migne, Patrologia Latina 50,640. Darüber mehr in III/1.]
[Dass die Liturgie auch eine Zeugin der apostolischen Überlieferung ist, entspricht der alten theologischen Regel: lex orandi, lex credendi, „das Gesetz des Betens ist das Gesetz des Glaubens“ — erstmals formuliert wohl von Prosper von Aquitanien (+455): legem credendi lex statuat supplicandi. – Migne, Patrologia Latina 51,209.]
Die mündliche Überlieferung der Kirche findet weiterhin Ausdruck in der ständigen offiziellen Lehre der Kirche, s.u. [1 Tim 3,15]
(5.) Wie verhalten sich Heilige Schrift und
heilige Überlieferung zueinander?
Die heilige Schrift und die (oben definierte) heilige Überlieferung sind verschiedene Ausdrucksweisen von ein und derselben apostolischen Überlieferung.
Die Frage des Vorrangs stellt sich somit nicht: „beide haben dasselbe Gewicht für die Frömmigkeit“ (Basilius der Große, Über den Heiligen Geist 27, 2 – Migne, Patrologia Graeca 32,188).
„Dabei wird die Schrift in der Überlieferung verstanden, die Überlieferung aber bewahrt ihre Unverfälschtheit und das Kriterium ihrer Wahrheit durch die Schrift und aus deren Inhalt“ (Interorthodoxe vorbereitende Kommission der Heiligen und Großen Synode, 16. bis 28. Juli 1971; Chambésy 1973, Seite 110).
Rundverfügung zur kanonischen Ordnung der Administratur
Vor dem Hintergrund aktuellen Interesses an der kirchenrechtlichen Situation der deutschen Administratur der Nordisch-Katholischen Kirche wird festgehalten:
1. Die deutsche Administratur der Nordisch-Katholischen Kirche ist als eine Missionsgemeinde organisiert; Patronin ist die heilige Maria Magdalena. Die Kurzbezeichnung lautet: Nordisch-Katholische Mission in Deutschland. Die Patrone der nordisch-katholischen Missionstätigkeit und Seelsorge sind St. Michael für Bayern und St. Willibrord für Westdeutschland.
2. Die Missionsgemeinde ist eine Missionspfarrei der Union von Scranton im Sinne von deren Statuten (Statutes of the Union of Scranton, Section C, Article 3 (i)) unter der bischöflichen Aufsicht von Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad als Delegat der Internationalen Katholischen Bischofskonferenz.
3. Für die als Missionsgemeinde verfasste deutsche Administratur gelten neben §§ 1 und 3 der Verfassung der Nordisch-Katholischen Kirche die Statuten für Pfarrgemeinden der Nordisch-Katholischen Kirche, ausgenommen § 6 Abs. 2 dieser Statuten.
Zur Umsetzung vorgenannter Statuten wird verfügt:
4. Die Missionsgemeinde wird geleitet von einem kommissarischen Kirchenvorstand, der aus den Verwaltern der Administratur (Bischofsvikar, Archidiakon) und Dipl.-Ing. Michael Berghoff besteht. Der kommissarische Kirchenvorstand kann weitere Mitglieder der Missionsgemeinde in beratende Kommissionen berufen.
5. Dem kommissarischen Kirchenvorstand obliegt es, binnen zwei Jahren eine ordentliche Pfarrversammlung mit Kirchenvorstandswahlen gemäß § 4 Abs. 1 u. 6 der vorgenannten Statuten einzuberufen.
Düsseldorf, am Vorabend des Festes der heiligen Maria Magdalena 2019
Wir dokumentieren im Folgenden den Brief des Primas der Union von Scranton, Erzbischof Dr. Anthony Mikovsky, vom 20. März 2019 in deutscher Übersetzung.Die Deutsche Bischofskonferenz hat durch ihren Sekretär, P. Dr. Hans Langendörfer SJ, den Erhalt des Briefes bestätigt und sich bedankt.
Bei dem erwähnten suspendierten Geistlichen handelt es sich um den vor Kurzem von episcopi vagantes konsekrierten „Bischof“ der „Christ-Katholischen Kirche in Deutschland“. Von diesem distanziert sich die Union von Scranton in aller Deutlichkeit.
Eure Eminenz Kardinal Marx, werter Bruder im bischöflichen Dienst der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche!
Gelobt sei der Name unseres Herrn Jesus
Christus, von nun an bis in Ewigkeit. Amen.
Ich schreibe Ihnen zwecks Erläuterung
unserer kirchlichen Arbeit in einigen Teilen Deutschlands. Vor Kurzem
hat sich nämlich ein deutscher suspendierter Geistlicher unserer
Kirchenunion einer nicht anerkannten Altkatholischen Kirche in
British Columbia (Kanada) angeschlossen, welche möglicherweise
versuchen wird, Zweifel an unserem kanonischen Status oder der
Gültigkeit unserer Weihen zu säen.
Die Union von Scranton, die aus der Polnisch-Katholischen Nationalkirche (in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada) und der Nordisch-Katholischen Kirche (in Skandinavien) besteht, hat unter ihrer bischöflichen Aufsicht auch Geistliche, Pfarreien und Missionen in Kontinentaleuropa . Diese Arbeit wird verantwortet durch den Bischof der Nordisch-Katholischen Kirche, Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad, dessen Bischofssitz sich in Oslo (Norwegen) befindet.
Kanonischer Status der Nordisch-Katholischen Kirche und der Union von Scranton
Die Union von Scranton definiert sich
als „Union von Kirchen in Sakramentengemeinschaft mit der
Polnisch-Katholischen Nationalkirche“ (Statuten der Union von
Scranton, Überschrift). Grundlage dieser vollen, sakramentalen und
kanonischen Kirchengemeinschaft ist die Übereinstimmung in der
katholischen Lehre und Liturgie (Statuten, C, Art. 1a,b), die
wechselseitige Anerkennung der Ämter in apostolischer Sukzession
(Statuten, C, Art. 1b,d) und die eucharistische Gemeinschaft
(Statuten, C, Art. 1c). In
ihrer inneren Ordnung ähnelt die Union von Scranton jenen orthodoxen
Patriarchaten, die autonome Teilkirchen besitzen; das Wirken der
autonomen Teilkirchen wird durch die Statuten der Union von Scranton
reguliert.
Das höchste Organ der Union ist die
Bischofssynode, die als Internationale Katholische Bischofskonferenz
(ICBC) der Union of Scranton bekannt ist. Ich übe das Amt des
Erzbischofs der Union von Scranton und des Vorsitzenden ihrer
Bischofskonferenz aus, da dieses Amt verfassungsgemäß dem Leitenden
Bischof der Mutterkirche der Union, also dem Prime Bishop der
Polnisch-Katholischen Nationalkirche, zukommt (Statuten, D, Art. 1c);
die übrigen Mitglieder der Bischofskonferenz sind die
Diözesanbischöfe der Mitgliedskirchen der Union of Scranton
(Statuten, C, Art. 1f).
Jede Mitgliedskirche der Union von Scranton – derzeit sind dies die Polnisch-Katholischen Nationalkirche (Polish National Catholic Church, PNCC) und die Nordisch-Katholische Kirche – genießt einen gewissen Grad an Autonomie. Zum Beispiel ist es der Nordisch-Katholischen Kirche gestattet, — sofern sie nicht von der offiziellen Theologie der Union (vor allem die Erklärung von Scranton und das orthodox-altkatholische Konsensdokument Koinonia auf altkirchlicher Basis = IKZ 79/Sonderheft, 1989) abweicht — ein eigenes Kirchenrecht, eine eigene Liturgie und eigene Katechismen zu haben. Gleichwohl ist sie verpflichtet, ihr Kirchenrecht samt allen liturgischen und katechetischen Büchern sowie auch alle anderen offiziellen Dokumenten mit den Bischöfen der PNCC zu teilen (wie auch umgekehrt, Statuten, C, Art. 11).
Zwischen den Mitgliedern der
Bischofskonferenz der Union von Scranton besteht ein hohes Maß an
wechselseitiger Abhängigkeit: So kann beispielsweise kein Bischof
der Union ohne Zustimmung der Bischofskonferenz an einer
Bischofsweihe teilnehmen (Statuten, C, Art. 8d, 10b); darüber hinaus
kann einem Bischof durch einen Mehrheitsbeschluss die Mitgliedschaft
in der Bischofskonferenz (und damit der Union of Scranton) entzogen
werden, wenn er gegen den synodalen Konsens handelt oder lehrt
(Statuten, C, Art. 3h). Gegenwärtig bilden die Bischöfe der PNCC
die deutliche Mehrheit der Bischofskonferenz der Union von Scranton,
da nur der nordisch-katholische Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad
nicht der PNCC angehört. Bischof Roald Flemestad wurde 2011 von der
PNCC für den Dienst in der Nordisch-Katholischen Kirche und als
Missionsbischof für Europa konsekriert.
Dementsprechend wird die Katholizität
und Orthodoxie der Nordisch-Katholischen Kirche durch jene der PNCC
garantiert. Die deutsche Administratur der Nordisch-Katholischen
Kirche, die der bischöflichen Leitung von Bischof Roald Flemestad
untersteht, gehört zur kanonischen Jurisdiktion der Union von
Scranton. Sie ist der dortige kanonische Vertreter der Union von
Scranton und damit ihrer Mutterkirche, der PNCC. Es ist die Union von
Scranton, ebenso wie ihre Gliedkirchen PNCC und Nordisch-Katholische
Kirche, die nach der Spaltung der Utrechter Union im Jahre 2003
weiterhin das altkatholische Erbe bewahrt.
Es ist unsere Hoffnung, dass hierdurch,
zumindest im Ansatz, etwaige Fragen bezüglich der kirchlichen Arbeit
der Union von Scranton durch die Nordisch-Katholische Kirche in
Deutschland beantwortet werden. Sollten Fragen oder Anliegen
diesbezüglich oder in Verbindung mit der deutschen Administratur der
Nordisch-Katholischen Kirche auftreten, zögern Sie bitte nicht,
entweder Bischof Dr. Roald Flemestad (E-Mail-Adresse:
biskop@nordiskkatolsk.no) oder auch meine Person (in Scranton,
Pennsylvania) über die oben angegebenen Koordinaten zu kontaktieren.
Wir dürfen schließlich noch darauf hinweisen, dass eine Kopie
dieses Schreibens an den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit
der Christen, welchem unsere kirchliche Arbeit bekannt ist, von uns
gesendet wurde.
Mit allen guten Wünschen und im Gebet
für den Aufbau des Reiches Gottes verbleibe ich
hochachtungsvoll in Christus Jesus,
unserem Herrn,
+ Anthony Mikovsky
Erzbischof der Union von Scranton Leitender Bischof der Polnisch-Katholischen Nationalkirche
Ist der Kirchenbrand und Beinahezusammenbruch von Notre symbolisch deutbar oder gar ein Vorbote? Wenn ja, was könnte sich hierin ankündigen? Es gibt Ereignisse, die im Rückblick als Auftakt eines Untergangs und als drohende Vorboten einer neuen Zeit gedeutet werden, während sie zugleich Denkmal einer sich dem Ende neigenden Epoche sind.
So ist es mit der Titanic, die schon im Namen die gigantische Vermessenheit des technikbesessenen homo fabers anzeigt und mit deren Untergang die Hoffnung des industriellen Zeitalters Schiffbruch erlitt, mit der geradlinige fortschreitenden Evolution der Technik auch den Schlüssel zur Lösung aller menschlichen Probleme in die Hand zu bekommen.
Das Sinken der Titanic gleich zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde zudem nachträglich als Prophezeiung verstanden, dass der einmal aus der Flasche gelassene Erfindergeist sich gegen seinen Schöpfer und das Leben überhaupt wenden und in Weltkriegen mit ungekannten Dimensionen technischer Vernichtungskraft entladen würde.
Für Ähnliches steht der Name Tschernobyl, doch hier ging die Gefahr nicht vom Gewitter glänzenden Stahls aus, sondern von der ungleich gewaltigeren Wucht des unsichtbaren Atoms.
Dem Vergehen der berühmtesten New Yorker Immobilie der Twintowers zu Beginn des Millenniums vor den Augen des erstarrten Zuschauers folgte schon bald der Zusammenbruch der Finanzmärkte nach dem Platzen einer Immobilienblase, wodurch der Mittelstand die Vorsorge seiner Zukunft verlor.
Notre Dame – Unsere liebe Frau von Welt
Aus der Asche des verkohlten und eingebrochenen Dachstuhls von Notre Dames den Zusammenbruch des christlichen Abendlandes insgesamt zu lesen, verbietet sich, da die Lage offensichtlich komplexer ist, schon allein deshalb, weil auch das christliche Abendland eine Landschaft aus unterschiedlichen Regionen ist.
Denn in Frankreich sind die Kirchen als Gebäude im Grunde staatliche Museen, und dies bereits seit der Französischen Revolution. Doch in den Ruinen blüht es, und neues geistliches Leben wächst heran. Um nur drei Beispiele zu nennen: die Gemeinschaft von Bethlehem (von 1950), die ökumenische Gemeinschaft von Taizé (gegr. 1942) und die Gemeinschaft von Jerusalem (gegr. 1975). Es fällt zunächst auf, dass alle drei recht jungen Bewegungen sich eines großen Zulaufs erfreuen und dabei auf etablierte Bezeichnungen wie Orden, Bruderschaft oder Institut verzichten, sondern sich bescheiden „Gemeinschaft“ nennen.
Das Christentum ist im laizistischen Frankreich also keineswegs tot, sondern in seinem gesellschaftlichen Nischendasein höchst lebendig. Die Teilnahme am Gottesdienst ist in Frankreich nur minimal geringer verglichen mit Deutschland, dessen Kirchen vergleichsweise vor Finanzkraft strotzen, ohne jedoch ähnliche Regungen vorweisen zu können.
Diesem ihrem Reichtum ist den Kirchen in Deutschland freilich auch die Sorge um ihre Kirchen als Gebäude aufgetragen ist und um sich selbst als Organisation, als KödR – als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“. Diese schon seit der Weimarer Reichsverfassung (Art. 137) verankerte und ins Grundgesetz (Art. 140) überführte Sicht der Kirchen als quasi sinnstiftender und karitativer verlängerter Arm des neutralen Staats bei der Bildung und Erhaltung eines Wertekanons macht sie durch ihre enorme Privilegierung zu einer Art Staat im Staat, der nicht nur Steuern einziehen kann, sondern auch neben Steuerbefreiungen, Siegelrecht, eigenem Arbeitsrecht, eigenen Schulen, Religionsunterricht an staatlichen Schulen u.a. Staatsleistungen mit Ewigkeitsrecht als Kompensationen für unter Napoleon verstaatlichen Kirchenbesitz genießt.
Wie sehr die KödR die deutschen Kirchen in ihrem Bestand schützt, zeigte kürzlich der Fall der „Rue Daru“ in Paris, in der das „Exarchat der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa“ seine Heimat hat. Oder hatte, muss man fast sagen, denn seit ihr der Phanar seine Fittiche in Form des Tomos entzogen hat, ist diese Kirche als Exarchat (als orthodoxes Erzbistum) quasi vogelfrei: Ohne Schutz droht es zur potentiellen Beute eines imperial-expansionistischen Patriarchats zu werden, das mit der anachronistischen Behauptung auftritt, seine Gläubigen aus der Zerstreuung heimholen zu müssen – so stellen es zumindest Kritiker dar. Einzig ein dürres, aber offenbar effektives und klugerweise von den Gründern niedergelegtes Vereinsrecht garantiert das ungewisse Fortbestehen des Erzbistums als Institution.
Woran das Christentum krankt
Doch zurück zum verkohlten Notre Dame. Damit es als Symbol eines degenerierten Christentums taugt, ist zunächst zu fragen, woran denn der Patient Christentum eigentlich krankt? Dabei wird doch das Christentum unausgesprochen mit Kirchesein gleichgesetzt – und dies zu Recht. Denn Christen suchen per definitionem die Gemeinschaft, schon allein, um dem letzten und in seiner Bedeutung ersten Auftrag Jesu im Plural gerecht zu werden: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (Lk 22,19; 1 Kor 11,24), woraus sich letztlich die cura animarum – die Seelsorge – mit der Sorge um alle weiteren Sakramente ableitet.
Ein vereinzeltes Christentum, ein unverbindliches Single-Christentum sozusagen, grenzt dagegen an Esoterik und wird diese Grenz zwangsläufig überschreiten. Die Diagnose lautet dagegen, dass das Christentum an Apathie, mangelnder geistlicher Bewegung und fehlendem Wissen um seine psychologische wie theologische Seelenhygiene krankt.
Fangen wir mit dem Letztgenannten an. Es geht um weitaus mehr als das, was von staats- bzw. verfassungsrechtlicher Seite der Jurist und Rechtsphilosoph Böckenförde in seinem berühmten Diktum umrissen hat: Dass der freiheitliche Staat von Voraussetzungen lebe, die er selbst nicht garantieren bzw. erschaffen könne. Dazu gehören zum einem scheinbar simple Tugenden wie Respekt, Anstand, Ehrlichkeit, Rücksicht u.a., doch zum anderen auch anspruchsvollere wie Wahrhaftigkeit, Sittlichkeit, Treue, Ehrfurcht und – besonders – Gewissen, das aus Konventionen erst Tugenden macht.
Das alles ist doch ein schwacher Nachhall dessen, was einst glauben bedeutet, nämlich „Glaube – Liebe – Hoffnung: diese drei“ (1 Kor 13,3).
Wir sind hoffnungslos, wenn wir so leben, als ob es kein morgen gäbe für uns und andere. Diesen Zynismus bloßzustellen, mag als die erste ethische Leistung solcher ökologischer Jugendbewegungen wie „Fridays for Future“ gelten, da Ökologie zukünftig ausblickt, obwohl zugleich hier und heute Maßnahmen und Haltungen gefordert sind. Vor allem fehlt uns die christliche Hoffnung auf eine Fortsetzung der Geschichte in der Ewigkeit der Anschauung Gottes.
Wir sind lieblos. Nicht ohne Sentimentalität, aber ohne die christliche Liebe, die im Gott im Nächsten erkennt. Die haben wir an die Caritas delegiert. Der Nächste ertrinkt im Mittelmeer. Phantasievolle Lösungsvorschläge, um das zu verhindern, gibt es nur wenig.
Wir sind gottlos. Wir glauben als scheinbar allmächtige Prothesengötter alles zu vermögen und tun zu dürfen, ja, auch alles tun zu müssen, was getan werden kann. Dabei löst sich die Pragmatik von der Ethik und die Ethik von Glauben. Doch auch dieser ambivalente Anspruch des Alleskönnens hat spätestens im 20. Jahrhundert Schiffbruch erlitten, wie eingangs beschrieben. Und dennoch wird der ökonomische Druck immer größer, auch im Bereich der Gentechnik alles abzusegnen, was machbar ist.
Zugleich sind wir deistisch, oft auch als Christen: wir hängen der apathische Hoffnung an, dass es der verreiste Gott schon richten wird. Und speziell in Deutschland weinen wir dazu einer institutionell aufgeblähten Körperschaftskirche nach, die sich vor Kraft nicht bewegen kann, weil sie kaum einer mehr trägt. Herrscht daher in den deutschen Kirchen geistliche Windstille, während sie an den Orten lebendig ist, wo kein Finanzkorsett sie stützt?
Anm. d. Red.: Ein auf dieser Website veröffentlichter Beitrag gibt nicht unbedingt die Meinung der gesamten Redaktion wieder, um auch kontroverse Diskussionen anzustoßen. Leserbriefe sind willkommen.
Durch welches Stadttor zog Jesus am Palmsonntag nach Jerusalem ein? Eine vielleicht überraschende Frage, die weder oft gestellt noch erörtert wird. Dabei verrät die Antwort viel über das Selbstverständnis Jesu und darüber, als wer er in Jerusalem gekreuzigt werden und auferstehen wird.
Wenn Jesus in der Einzugserzählung als der Messias, der Gesalbte des Herrn, der Christus, hervorgehoben werden soll – so die Annahme dieses Beitrags –, dann ist er zugleich entsprechend der alttestamentlich-jüdischen Überlieferung als doppelgesichtige Gestalt anzusehen, insofern sowohl nach den konkreten politischen Erwartungen an ihn im Rahmen des wieder bzw. neu zu errichtenden davidischen Königtums als auch nach seinem religiösen Anspruch, der eng mit dem Tempel verbunden ist, zu fragen ist.
Dementsprechend wird dieser Beitrag mit einer Betrachtung der synoptischen Erzählungen des Einzugs Jesu nach Jerusalem samt der darauffolgenden Tempelreinigung, die beide gleichsam die Ouverture der Passionsgeschichte bilden, beginnen, wobei auf der markinischen bzw. vormarkinischen Erzähltradition das Hauptaugenmerk liegen wird (1.).
Der biblische Befund wird helfen, das Lokalkolorit zur Zeit Jesu genauer zu verstehen, damit speziell die aufgeworfene Frage nach dem sog. Goldenen Tor als dem konkreten Ort des Einzugs in Jerusalem entlang der modernen Archäologie eine Antwort finden kann (2.).
Die Antwort führt – wie bereits angeklungen – zurück zur Messiasgestalt mit ihren doppelten Erwartungen. Da die Judenchristen allerdings die Erwartung an ein politisches Königtum aufgaben oder umdeuten mussten, konnten sie sich auf die zweite Dimension, also auf die religiöse Verheißung, konzentrieren. Sie wird aus der Perspektive des Tempels und seinen Funktionen gedeutet werden (3.).
Schließlich stellt sich die Bedeutung des messianischen Einzugs Jesu in sein Heiligtum für uns Heutige auch als eine Frage nach dem Selbstverständnis von Religion, insofern Religion per definitionem streng mit der Frage nach dem angemessenen Umgang mit dem Heiligen und Allerheiligsten verbunden ist (4.).
1. Der Einzug in Jerusalem
Von den Evangelien, die den Einzug nach Jerusalem erzählen (Mt 21,1-9; Mk 11,1-10; Lk 19,28-40; Joh 12,12 -19) und – bei den Synoptikern unterbrochen durch Lk 19,41-44 (Jesus weint über Jerusalem) und die Verfluchung des Feigenbaums (Mk 11,12-14, während sie Mt 21,18-19 der Tempelreinigung nachordnet und Lk 13,6-9 sie in einen ganz anderen Kontext stellt) – unmittelbar mit der Tempelreinigung fortfahren (Mt 21,10-17; Mk 11,15-17; Lk 19,45-46), bietet Lk zwar die längste Version, doch darin auch nicht mehr an Informationen als das ältere Mk-Evangelium. Folgen wir daher der Darstellung bei Mk in ihren Details.
1.1 … nach Markus
Nach Mk 11,1 steigt Jesus, von Betfage und Betanien her kommend, vom östlich gelegenen Ölberg hinunter nach Jerusalem und wird – so ist gemäß der dem Sachverhalt innewohnenden Logik anzunehmen – die Stadt auf der befestigten Straße aus Betanien durch das nächstgelegene Tor betreten haben.
Dies schränkt die Auswahl an Toren ein, zumal es viele Stadttore wie das Stephanustor (15. Jh.) und das Löwentor (1. Jh.), die der heutige Jerusalembesucher kennt, zu Jesu Zeit noch nicht gab. Die aus der Offb 21,12 bekannte Vision vom himmlischen Jerusalem mit seinen zwölf Toren greift dagegen wohl auf Neh 3; 8,16 und 12,39 zurück und stammt aus einer Zeit, nachdem die Römer den Jerusalemer Tempel zerstört hatten (70 n. C.) und bevor sie die Mauern und Tore Jerusalems fast völlig schleiften, um aus der nun für Juden verbotenen Stadt ein Heerlager namens Colonia Aelia Capitolina zu machen (ab 130 bis 135 n. C.).
Doch schon vor den Römern erfuhr Jerusalem unter herodianischen König Agrippa I. (40-44 n. C.) eine derartige umfassende Umgestaltung durch Prunkbauten und eine gewaltige Stadterweiterung im Norden, dass ein Zeitgenosse Jesus sich dort danach kaum mehr zurecht gefunden haben dürfte.
Viele Tore wurden, wie gesagt, erst nach Jesu Tod gebaut. So unter Agrippa I. (40-44 n. C.) etwa im Westen ein Tor, das erst viel später den Namen Jaffator erhielt. Es wäre nun müßig, weitere Tore aufzuzählen, die zwar dem heutigen Jerusalembesucher bekannt sind, aber in den fernen Jahrhunderten nach Jesus unter römischer, byzantinischer, frühislamischer oder osmanischer Herrschaft erbaut wurden – nicht zu vergessen die Jahrzehnte, in denen die Kreuzfahrer in Jerusalem regierten.
Da zudem davon auszugehen ist, dass Jesus vom Ölberg über die Straße von Betanien kommend (vgl. Abb. 1 die rote Linie) eher eines der nächstgelegenen Stadttor durchschritten oder -ritten haben dürfte, engt dies die Auswahl weiterer ein. Daher ist Küchler (101) überzeugt, dass Jesus durch das Osttor unweit der innerstädtischen Nordmauer des Tempels in die Stadt kam (in Abb. 1 Nr. 21a, deutlich in der kleineren rechten Abb. darin, fehlt ein solches Tor, da fraglich ist, ob sich die Stadtmauer dort schon unter Herodes oder erst unter Agrippa I. erstreckte). Seit dem 15. Jh. trägt es auch den Namen Stephanustor, da es seitdem als Ort der Steinigung des aus der Apg 7 bekannten Diakons galt, was zuvor dem Damaskustor zugeschrieben wurde. Dasselbe Tor wird aufgrund von dort zu sehenden Tierdarstellungen seit osmanischer Zeit bis heute auch Löwentor genannt, obwohl es sich nachweislich um Pantherfiguren handelt (Küchler 101).
Küchler schreibt darüber unter Verweis auf Mk 11,1.15: „Zur Zeit des 1. und 2. Tempels begann der Abstieg in das Kedrontal auf einem z. T. mit Stufen versehenen Sträßchen. Dies ist wohl der Weg, der in ntl. Zeit benutzt wurde, wenn man vom Ölberg her in die Stadt ging, wie dies in den Evv. oft von Jesus und seinen Jüngern erzählt wird (z. B. Mk 11,1.15 parr). Die typische sprachliche Doppelung »und sie gehen nach Jerusalem hinein. Und hineingehend in den Tempel …« (Mk 11,15) ist ein unbeabsichtigter Hinweis darauf, dass man zuerst den Bereich der Stadt und erst danach denjenigen des Tempels betrat“ (101).
Wäre Jesus also durch das Osttor in die Stadt gekommen, hätte er auf direktem Weg kurz danach links abbiegen und durch ein Tor in der Nordmauer des Tempelbezirks (s. Abb. 1 Nr. 21a) mit seinen erstaunlich gewaltigen Steinen (vgl. Mk 13,2 parr) zum strahlenden, weil mit massiven Goldplatten belegten Tempel aufsteigen können (vgl. die Darstellung bei Küchler 138 in Verbindung mit Plan A,1).
Doch „zur Zeit des Herodes“, so Küchler, „bestand hier nur ein einziges Tor, das sozusagen den Dienstzugang darstellte, weil man nur hier die Opfertiere und die für den Kult benötigten Materialien herbeischaffen konnte, ohne über Treppenaufgänge die z. T. beachtlichen Höhendifferenzen zu überwinden“ (205.207). Was es den Durchgang jedoch im Grunde unmöglich macht, beschreibt Küchler selbst, denn „nach der Mischna Middot 1,3 »diente dieses Tor Todi im Norden zu gar nichts«, nach 1,9 verließen die durch Samenerguss unrein gewordenen Priester durch dieses Tor den heiligen Bezirk, um sich zu waschen“ (207). Dieses Tor ist heute nicht mehr erhalten, alle vorhandenen Tore an der Nordseite des Haram (arabische Bezeichnung des Tempelbezirks) stammen aus früharabische Zeit (Küchler 207.223, Abb. 108; die Beschreibung dazu 306f.). Damit wird allerdings auch das Osttor als Einzugsgebiet Jesu unwahrscheinlicher.
Es gibt weitere Möglichkeiten, in den heiligen Bezirk zu gelangen. Zwei von ihnen befinden sich an seiner Südmauer: Das Zweier- oder Huldator mit seinen beiden durch eine Säule getrennten Eingängen; und das ein paar Meter weiter östlich gelegenen Dreiertor (zu beiden Toren: Küchler 174f., Abb. 88, und 291, Abb. 132,30). Beide gehen auf herodianische Toranlagen zurück (Küchler 306). Das Huldator ist 12,8 m breit, das Dreiertor 15 m. Obwohl das Dreiertor mit seinem erhöhten mittleren Eingang würdiger wirkt, ist das Huldator geschichtsträchtiger. Denn hier soll nach 2 Kön 22,14 und 2 Chr 34,22 nicht bloß die Prophetin gelebt haben; auch der Prophet Mohammed soll vor seiner Nachtreise den Tempelplatz hierdurch betreten haben. Zu diesen beiden Toren an der durch den Aufstieg über breite Treppen imposanten Südseiten, die gleichsam den Haupteingang ins Heiligtum darstellen, gelangt man aber erst innerhalb der Stadtmauern, so dass Jesus zunächst durch ein südöstliches oder südliches Tor die Stadt betreten haben müsste.
Schließlich gibt es noch das sog. Goldene Tor in der östlichen Stadtmauer (s. Abb. Nr. 21), die zugleich auch die östliche Begrenzung des Tempelbezirks bildet. Es liegt am Ende des Wegs aus Betanien und führt unmittelbar zum Tempelvorplatz, allerdings 50 m nördlicher als der Tempeleingang.
Der Neutestamentler Max Küchler, der bis 2012 im Schweizerischen Freiburg lehre, äußerte sich in seinem enorm gelehrten wie informativen über 1200-seitigen „Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt“, worin kaum ein historisch relevanter Stein in und um Jerusalem unerwähnt bleiben dürfte, auch zur Frage nach dem Ort des Einzugs Jesu. Im Hinblick auf den in der Darstellung wirksamen Messianismus gibt Küchler mit Blick auf Mk 1,1-11.15-10 parr einen wichtigen Hinweis: „Diese messianisch durchwirkte Szene, die mit prophetisch-provokativen Zeichenhandlungen den Einzug Jesu in seine königliche Stadt und in sein Heiligtum erzählt […], hat in den Evangelien einen recht unterschiedlichen Ablauf“ (Küchler 197). In drei Kolumnen stellt Küchler dann Mk 1,11, Mt 21,10-12 und Lk 19,45 vergleichend nebeneinander. Er kommt zu folgendem Schluss: „Die Evangelien geben offensichtlich keine topographisch auswertbaren Angaben: Jesus kommt bei Mk und Mt zuerst in die Stadt und geht erst danach in den Tempel (vgl. Joh 2,13; 5,1.14; → Betesda), betritt also mit der Stadt nicht gleichzeitig auch den Tempelplatz, wie dies beim Goldenen Tor der Fall wäre. Lukas macht diese Unterscheidung nicht. Keiner der Texte nennt ein Tempeltor. Die byz. Tradition vom Einzug Jesu durch das »Goldene Tor« wird somit von den ntl. Texten nicht gedeckt“ (Küchler 197).
Demgegenüber fällt Mehreres auf: 1. Nach Lk 19,45 betritt Jesus die Stadt durch den Tempel. Warum „unterschlägt“ Lk den Schlenker durch die Stadt? 2. Bei Mk wundert einen die innere Logik der Darstellung. So heißt es in Mk 11,1: „Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage und Betanien am Ölberg, schickte er zwei seiner Jünger aus“; die Jünger bekommen nun den Auftrag, ein Fohlen zu suchen und zu bringen (Mk 11,2-7). 3. Es macht stutzig, dass gemäß Mk 11,8-10 die Huldigungen durch Kleiderausbreiten, Wedeln mit Büscheln und Hosanna-Rufen vor dem eigentlichen Betreten der Stadt und offenbar kurzvor der Dämmerung erfolgen (Mk 11,11: „Und er zog nach Jerusalem hinein, in den Tempel; nachdem er sich alles angesehen hatte, ging er spät am Abend mit den Zwölf nach Betanien hinaus“).
In Mk 11,12 verlässt Jesus mit den Jüngern wieder Betanien – es folgt in Mk 11,13f. die Verfluchung des Feigenbaums –, um mit einer lapidaren Erwähnung in Mk 11,15 erneut, jedoch diesmal scheinbar unbeachtet, in Jerusalem einzuziehen und direkt den Tempel aufzusuchen: „Dann kamen sie nach Jerusalem. Jesus ging in den Tempel und begann, die Händler und Käufer aus dem Tempel hinauszutreiben“. Nach der sog. Tempelreinigung verlässt Jesus mit den Jüngern zum zweiten Mal die Stadt (vgl. Mk 11,19), um sie nach der Episode mit dem Feigenbaum (Mk 11,20-25) zum dritten Mal, unspektakulär wie zuvor, für einen weiteren Tempelbesuch zu betreten. Mk 11,27f.: „Sie kamen wieder nach Jerusalem. Als er im Tempel umherging, kamen die Hohepriester, die Schriftgelehrte und die Ältesten zu ihm und fragten ihn […]“.
Um sich den gesamten Ablauf nochmals vor Augen zu halten, wie er nach Mk 11 gewesen sein soll: Vor dem ersten Betreten der Stadt erfolgt ein Massenandrang („viele“ nach Mk 11,8) samt Huldigungen, wonach Jesus in den Tempel geht, sich dort umschaut und nicht weiter tut; dann zieht er sich wieder ins 3 km entfernte Betanien (vgl. Küchler 920) zurück. Bei einer zweiten Begehung der Stadt zieht Jesus erneut von Betanien aus – diesmal ohne Massenbeteiligung – in Jerusalem ein (Mk 11,12.15), um direkt im Tempel aufzuräumen; danach zieht er sich an einen nicht genannten Ort außerhalb der Stadt zurück (Mk 11,19). Schließlich betritt er zum dritten Mal Jerusalem und zum zweiten Mal den Tempel, in dem er tags zuvor aufgefallen sein dürfte, um in alle Ruhe Fragen der jüdischen Autoritäten zu beantworten, die ihm Anlass geben, seinen messianischen Anspruch voll zu entfalten (Mk 11,27-12,44).
Abb. 2: Einzug Jesu in Jerusalem
Erklärungsbedürftig ist hier Vieles: 1. Warum empfangen die „vielen“ (Mk 11,8) „Leute“ (Mk 11,9) Jesus vor der Stadt – übrigens gemäß allen Evangelien – und nicht in ihr, wie es sich nicht nur viele Kinder am Palmsonntag entsprechend der verbreiteten Ikonographie vorstellen? 2. Warum zieht er vor der Dämmerung ein und schaut sich nur kurz im Tempel um, bis die Tempeltore mit Anbruch der Dämmerung geschlossen werden (vgl. Mk 11,1; vgl. Pesch 186)? 3. Warum betritt Jesus dreimal Jerusalem, jedoch unter nur einer einmaligen Euphorisierung der Massen, obgleich sich nach Mk 12,37b wieder „eine große Menschenmenge“ um ihn im Tempel versammelt? 4. Wie kann Jesus an einem Tag im Tempel randalieren und am nächsten Tag – offenbar ohne Hausverbot durch die Tempelmiliz – den Tempel wieder betreten, um dort in Ruhe die jüdischen Autoritäten zu erstaunen (Mk 12,17), zu verärgern (Mk 12,12) und sie das Fürchten zu lehren (Mk 11,32; 12,12b)?
Schon jetzt lässt sich erkennen, dass die Einzugserzählung einerseits ein tatsächlich mehrtägiges Wirken in der Stadt – vermutlich aus Absicht – an einem Punkt verdichtet; andererseits ist über Jesu mehrfaches Erscheinen und Wirken im Tempel, worauf ohne Zweifel ein Gewicht der Erzählung liegt, auch aus der Perspektive der Emotionslagen derart viel zu berichten, dass es Mk nicht im zeitlich eng gesteckten Rahmen eines Tages oder eher weniger Stunden erfassen kann.
1.2 … gemäß dem vormarkinischen Passionsbericht
Nach seinem triumphalen Einzug – offen bleibt noch, wo genau er die Stadt betreten hat –, wird Jesus zum Tempel gegangen sein, dies dem Zeugnis nach mehr als einmal. Er wird tatsächlich mehrfach in die Stadt gekommen sein, wohl von Betanien aus, denn „dass Jesus während seines Jerusalemer Aufenthaltes in Betanien sein Quartier hatte […], darf“ – Rudolf Peschs Kommentar zum MkEv zufolge (HThK NT II/2) – „als gesichertes Datum gelten“ (Pesch 187). Pesch geht ferner davon aus, „dass mit dem mk Text [sc.: des Einzugs in Jesu in Jerusalem] die älteste Überlieferungsgestalt unserer Szene [sc.: innerhalb der vier Evangelien] vorliegt“ (Pesch 187). Dies muss für Pesch schon deshalb gelten, da seines Erachtens die mk Darstellung im Kern auf einem vormarkinischen Passionsbericht basiert, dessen Entstehung er vor dem Jahr 37 n. Chr ansetzt. Denn die Erwähnung des amtierenden Hohepriesters ohne Namensnennung, „welcher der Voraussetzung lokaler Kenntnisse bei den Hörern der Passionsgeschichte entspricht, legt den Schluss (nahezu zwingend) nahe, dass Kajafas als Hohepriester noch amtierte, als die vormk Passionsgeschichte zunächst gebildet und erzählt wurde“ (vgl. dazu insgesamt Pesch 1-27, hier Pesch 21). Zusammen mit der Beobachtung, dass der vormk Passionsbericht genau vertraut mit Orts- wie Personenangaben aus dem Umfeld Jerusalems ist, kommt Pesch zu dem erstaunlichen Schluss, seine Entstehung der Jerusalemer Urgemeinde zuzuschreiben: „Alters- und Herkunftsindizien sprechen zusammen eindeutig für eine frühe Entstehung der vormk Passionsgeschichte in der aramäisch sprechenden Urgemeinde in Jerusalem“ (Pesch 21).
In Bezug auf die Schilderung des Einzugs nach Jerusalem (Mk 11,1-10) stellt Pesch fest: „11,1 mit dem Ortsanschluss im temporalen Nebensatz […] ohne Nennung Jesu (erst in 11,6) setzt offenbar einen voraufgehenden Erzählkontext vom Zug Jesu und seiner Jünger nach Jerusalem (dem ,sieʻ sich nun nähern) voraus“ (Pesch 12). Am Ende seiner Rekonstruktion meint Pesch, den Umfang dieser vormk Vorlage anhand von literarkritischen, gattungs- und formkritischen nebst inhaltlich-sachlichen Kriterien (vgl. Pesch 11) „höchstwahrscheinlich“ angeben zu können: Mk 8,27-33; 9,2-13.30-35; 10,1.32-34.46-52; 11,1-23.27-33; 12,1-17.34c-37.41-44; 13,1-2; 14,1 bis 16,8 (Pesch 12).
Damit mag die Antwort auf manche Inkohärenz und oben gestellte Frage an den Text sich aus den theologischen Erzählabsichten ergeben, aus deren Perspektive der vormk Passionsbericht der Jerusalemer Urgemeinde Jesus als Messias und Menschensohn charakterisiert und unterstreicht (vgl. Pesch 24f.). Es lohnt sich somit vom Standpunkt der synoptischen Einzugserzählungen, besonders in ihrer vormk Version, die überlieferte Messiaserwartung genauer zu betrachten, um zu prüfen, welche Verheißungen die ntl. Schriften insgesamt mit dem Einzug Jesu in sein Heiligtum erfüllt sahen.
2. Das Goldene Tor
Unter den vielen Elementen der mündlichen wie schriftlichen Überlieferungen der Messiasverheißung nimmt das bereits oben erwähnte Goldene Tor eine zentrale Stellung ein. Nach christlicher Überlieferung (Küchler 197, s. o.) zog Jesus hierdurch in Jerusalem ein – und damit direkt in den Tempelbezirk. Diese Vorstellung basiert allerdings auf der alttestamentlichen Beschreibung nach Hesekiel 44,1-3, dergemäß der Messias durch ein Osttor unverzüglich auf den Tempelberg steigen und von ihm Besitz ergreifen wird. Doch machen weitere erzählerische Attribute das Bild des kommenden Messias erst vollkommen.
2.1 … durch das der Messias …
Zum Auf(t)ritt des Messias gehören ferner nach 1 Makk 13,51 und 2 Makk 14,4 unbedingt Palmenzweige als Zeichen eines siegreichen König. Als Friedenskönig kommt ein solcher Messias nach Sach 9,9 auf dem Fohlen einer Eselin. Diese messianischen Attribute finden sich dementsprechend auch bei Mk: das Fohlen in Mk 11,3-7 samt dem Schwingen von Büscheln (Mk 11,8) oder Zweigen (Mt 21,8), die nur nach Joh 12,14 als Palmzweige identifizierbar sind. Damit muss für schriftkundige Ohren nicht eigens ausgesprochen werden, dass die Erzählung in Jesus eben jenen Friedenskönig (vgl. Jes 2,4; Jes 11,6; Mich 4,3) sieht.
Auch Hosannarufe dürfen entsprechend Ps 118,25f. nicht fehlen. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Abweichung von Mt gegenüber Mk, denn Mt 21,14f. bietet: „14 Im Tempel kamen Lahme und Blinde zu ihm und er heilte sie. 15 Als nun die Hohepriester und die Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder im Tempel rufen hörten: Hosanna dem Sohn Davids!, da wurden sie ärgerlich“. Offensichtlich gab es – zumindest unter den Kindern – eine Kontinuität der Hosannarufer von den Menschen auf dem Weg (Mt 21,8f.; Mk 11,8f.) bis zu den Kindern im Tempel (Mt 21,15). Durch diese nahtlose jubilatorische Fortsetzung erzeugt Mt eine zeitliche Einheitlichkeit, die die für Mk 11,11b scheinbar wichtige abendliche Unterbrechung und Fortsetzung am nächsten Tag schlichtweg überspringt.
Warum werden hier überhaupt die Kinder als jubelnde Gefolgschaft herausgehoben erwähnt? Stehen sie wie „die Leute“ in Mt 21,9 für den klugen und weisen Teil des Volkes Israel – den Teil, der den Messias als Sohn Gottes erkennt und dafür nicht genug danken und loben kann (vgl. Ps 8,3: „Aus dem Mund der Kinder […] schaffst du dir Lob“)? Dafür spricht auch die in Mt 21,14 genannte Gruppe von Lahmen und Blinden, die zu Jesus strömen, damit er sie heilt: Denn lahm und blind sind wir alle im Glauben, obwohl wir doch unbefangen sein sollten wie ein Kind, das Jesus uns, seinen Jüngern, später vor Augen stellt (vgl. Mk 9,36: „Und er stelle ein Kind in ihre Mitte“).
Nach dem in dürren Versen beschriebenen eigentlichen Einzug (Mk 11,11a.15; Mt 21,10.12; fehlt bei Lk) – das Meiste der Beschreibung gilt den äußeren Umständen und Vorbereitungen davor – schließt sich unmittelbar die Reinigung des Tempels an (Mk 11,15-17; Mt 21,12-17). Auf sie als eigentliches Ziel des Einzugs scheint die ganze Perikope bei Mk und Mt hingeführt zu werden. Dabei geht es weniger um die schlechten Eigenschaften oder überhaupt das Vorhandensein der „Verkäufer und Käufer, […] der Geldwechsler und […] der Taubenhändler“ (Mk 11,15) im Tempel – die Parallelstelle bei Joh weiß in 2,14 als einzige zusätzlich von „Händlern, die Rinder und Schafe […] verkauften“ zu berichten. Schon gar nicht geht es nach Roger Liebis typologischer Exegese oder wohl eher – wie sein Rezensent Helge Stadelmann schreibt – Eis-egese (Hineinlesen) um „eine wichtige Belehrung“, nach der „wahres Glaubensleben […] das Alltägliche [sc.: dargestellt in den Händlerbuden] nicht vom Göttlichen [sc.: dargestellt im Tempel]“ abschneidet (doch lobt Stadelmann an Roger Liebis Dissertation u. a. seine plastische Schilderung der archäologischen Befunde und seine reichen judaistisches Quellenzitate). Sondern die Tempelszene spitzt sich in Mk 11,17 zu: „Steht nicht geschrieben: Mein Haus soll ein Haus der Gebetes für alle Völker genannt werden? Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht (vgl. Jes 56,7; Jer 7,11)“.
Äußerst geschickt verbindet diese mit messianischer Erwartung geladene Stelle zweierlei miteinander: Die Erfüllung der Verheißung, dass der Messias alle Völker in Gestalt aller jüdischen Stämme einen wird (vgl. Jes 11,12; Jes 27,12f.) verschmilzt mit der weiteren Verheißung, nach der die ganze Menschheit zum Glauben an den einen Gott gelangt (vgl. Jes 11,9; Jes 40,5; Zef 3,9). Dies alles ist am besten aus johanneischem Blickwinkel zu verstehen, insofern Joh der Tempelreinigung einen wichtigen begründenden Einschub für Jesu Vollmacht mitgibt, die zugleich als österliche Vorankündigung erfolgt: Denn nach Joh 12,18-22 wird der (neue) Tempel der Leib des Auferstandenen sein, der folglich auch Heiden, also Nicht-Juden wie Griechen, Römern und wirklich allen Völkern „offen steht“ und zugänglich ist. Auf diese Weise erfüllt sich – zunächst zwar metaphorisch, doch mit Blick auf eine weltweite Kirche erstaunlich konkret – nebenbei die Verheißung von Mich 4,1 über den Wiederaufbau bzw. den Wiederherstellung des Tempels.
Im Gang der Erzählung sind die Folgen dieser geradezu prophetisch-messianischen Zeichenhandlung nach Mk 11,18 (NEH) dramatisch: „Die Hohepriester und Schriftgelehrten hörten davon und suchten nach eine Möglichkeit, ihn umzubringen. Denn sie fürchteten ihn, weil das Volk außer sich war vor Staunen über seine Lehre“. Ab da nimmt das Verhängnis also seinen Lauf, die Passionsgeschichte beginnt oder, christlich formuliert, der Heilsplan G’ttes nimmt an Fahrt auf.
2.2 … in den Tempel einzieht
Doch harren – es ist in der Darstellungsfülle dieses kleinen messianischen Panoramas keineswegs untergegangen – hinsichtlich des Goldenen Tors noch zwei Fragen ihrer Beantwortung: 1. Gab es das Goldene Tor zur Zeit Jesu schon, noch oder wieder? 2. Wenn die Antwort bejaht wird, bleibt die Frage: Zog Jesus durch es nach Jerusalem ein?
Zu Frage 1: Vom Ölberg kann der heutige Jerusalembesucher zwei zusammenhängende Torbögen über einem zugemauerten Tor erkennen. Dies ist das Goldene Tor, das in seiner Grundform aus byz. Zeit stammt, was nicht bedeutet, dass es nicht einen Vorgänger zu Zeiten Jesu hatte. Unter den Omaijaden wurde es reich ornamentiert und mit einer 15 m langen Zugangsrampe zum Doppeltor, dem Tor des Erbarmens (Bab al-Rahama) und dem Tor des Umkehr (Bab al-Tawba), ausgestaltet. Spätestens seit dem 15. Jh. finden Jerusalempilger es verschlossen und zugemauert; möglicherweise „aus Sicherheitsgründen oder zur Vermeidung messianischer Aspirationen“ (Küchler 203).
Gab es dieses Tor also zur Zeit Jesu? Diese Frage ist schwer endgültig zu entscheiden. Denn es ist unklar, inwiefern das Goldene Tor mit anderen Toren in der Ostmauer identisch ist: Die rabbinische Tradition nennt in Verbindung mit fünf Toren des Tempelberges ein Osttor, das mit dem seltsamen Sühneritus der Verbrennung der roten Kuh nach Num 19, der insgesamt aber nur sieben Mal vollzogen wurde, in Verbindung gebracht wird. Weil auf oder über ihm die Burg Susa (vgl. Dan 8,2; Est 1,2-5), die Residenz der persischen Könige, abgebildet war, heißt dieses archäologische nicht weiter nachweisbare Tor auch Susator (Küchler 108). Ferner gab ein in der östlichen Tempelmauer ein, an dem am Jom Kippur (Versöhnungstag) der Sündenbock vom Tempel aus in die Wüste getrieben wurde (hier ist Küchler, 140, mit seiner Beschreibung der Tempelfeste recht einsilbig)? Ist es mit dem Susator gleichzusetzen? Oder hatte vielmehr das sog. Schaftor diese Funktion? Dieses wird nach Neh 3,1.32; 12,39 und Joh 5,2 jedoch als Nordtor der Stadt und nicht des Tempels bezeichnet (Küchler 100). Oder ist es das Tor der Musterung oder, je nach Übersetzung, der Zuteilung (Miphkad-Tor), das seit Neh 3,31 immer wieder – aber nicht von Küchler, sondern etwa von Liebi – erwähnt wird?
Zur Frage 2: Leider kann auch die Frage, ob Jesus durch das Goldene Tor – seine Existenz vorausgesetzt – oder überhaupt durch ein östliches Tempeltor nach Jerusalem nicht abschließend beantwortet werden. Weitere archäologischen Untersuchungen und Grabungen könnten hier möglicherweise Auskunft geben, doch sind sie derart nah am Haram unmöglich. Allerdings vermögen auch andere Antwortversuche, wie gesehen, nicht völlig zu überzeugen. Aus seinem messianischen Selbstverständnis heraus betrachtet, spricht wiederum Vieles dafür.
Da dieser messianische Anspruch Jesu auch unabhängig von jedweder Antwort auf die Frage seines Einzugs in Jerusalem unangefochten besteht, liegt im Anschluss die Frage auf der Hand, wie das Wirken des Messias im Tempel wohl aussehen würde. Würde er den Tempelkult für überflüssig erklären oder ihn — gar als neuer Hohepriester — in einem dritten Tempel fortsetzen? Hierzu ist es sinnvoll, sich im nächsten Kapitel (3.) zu vergegenwärtigen, was denn einen Hohepriester seiner Herkunft, seiner Funktion und seinen Aufgaben nach ausmacht. (RB)
(Teil 2 folgt)
Zitierte Literatur:
Aland, Kurt (Hg.): Synopse der vier Evangelien. Griechisch-Deutsche Ausgabe der Synopsis Quattuor Evangeliorum, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 1989.
Küchler, Max (Hg): Jerusalem. Ein Handbuch und Studienführer zur Heiligen Stadt (= Orte und Landschaften der Bibel IV,2), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2007.
Liebi, Robert: Der Messias im Tempel: Symbolik und Bedeutung des Zweiten Tempels im Licht des Neuen Testaments. Bielefeld: CLV, 2003 (= Dissertation).
Pesch, Rudolf: Das Markusevangelium. Zweiter Teil: Kommentar zu Kap. 8,27-16,20 (= HThK NT II/2), Freib. i. Br. et al.: Herder, 3. Aufl. 1984 (Sonderausgabe 2000).
Stadelmann, Helge: Rez. zu R. Liebi, in: JETh 24/2004, 357f., hier zitiert nach: https://www.betanien.de/buchbesprechung-der-messias-im-tempel/ (abgerufen am 12.04.19).
Aus Anlass aktueller Anfragen geben wir hier eine kurze Erläuterung unseres kanonischen Status und unserer ökumenischen Beziehungen. Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir ein gesegnetes Fest Mariä Verkündigung.
Grundlage dieser vollen, sakramentalen und kanonischen Kirchengemeinschaft ist die Übereinstimmung in der katholischen Lehre und Liturgie (Statuten, C, Art. 1a,b), die wechselseitige Anerkennung der Ämter in apostolischer Sukzession (Statuten, C, Art. 1b,d) und die eucharistische Gemeinschaft (Statuten, C, Art. 1c). In ihrer inneren Ordnung ähnelt die Union von Scranton jenen orthodoxen Patriarchaten, die autonome Teilkirchen besitzen; das Wirken der autonomen Teilkirchen wird durch die Statuten der Union von Scranton reguliert.
Kanonische Wirklichkeit der Union von Scranton
Das höchste Organ der Union ist die Bischofssynode, die als Internationale Katholische Bischofskonferenz (ICBC) der Union of Scranton bekannt ist. Das Amt des Erzbischofs der Union von Scranton und des Vorsitzenden ihrer Bischofskonferenz nimmt verfassungsgemäß der Leitende Bischof der Mutterkirche der Union, also der Prime Bishop der PNCC, ein (Statuten, D, Art. 1c) — derzeit ist dies Erzbischof Dr. Anthony Mikovsky. Die übrigen Mitglieder der Bischofskonferenz sind die Diözesanbischöfe der Mitgliedskirchen der Union of Scranton (Statuten, C, Art. 1f).
Jede Mitgliedskirche der Union von Scranton (derzeit sind dies die Polish National Catholic Church und die Nordisch-Katholische Kirche) genießt einen gewissen Grad an Autonomie. Zum Beispiel ist es der Nordisch-Katholischen Kirche gestattet, — sofern sie nicht von der offiziellen Theologie der Union (vor allem die Erklärung von Scranton und das orthodox-altkatholische Konsensdokument Koinonia auf altkirchlicher Basis = IKZ 79/Sonderheft, 1989) abweicht — ein eigenes Kirchenrecht, eine eigene Liturgie und eigene Katechismen zu haben. Gleichwohl ist sie verpflichtet, ihr Kirchenrecht samt allen liturgischen und katechetischen Büchern sowie auch alle anderen offiziellen Dokumenten mit den Bischöfen der PNCC zu teilen (wie auch umgekehrt, Statuten, C, Art. 11).
Zwischen den Mitgliedern der Bischofskonferenz der Union von Scranton besteht ein hohes Maß an wechselseitiger Abhängigkeit: So kann beispielsweise kein Bischof der Union ohne Zustimmung der Bischofskonferenz an einer Bischofsweihe teilnehmen (Statuten, C, Art. 8d, 10b); darüber hinaus kann einem Bischof durch einen Mehrheitsbeschluss die Mitgliedschaft in der Bischofskonferenz (und damit der Union of Scranton) entzogen werden, wenn er gegen den synodalen Konsens handelt oder lehrt (Statuten, C, Art. 3h). Gegenwärtig bilden die Bischöfe der PNCC die überwältigende Mehrheit der Bischofskonferenz der Union von Scranton, da nur der nordisch-katholische Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad nicht der PNCC angehört. Bischof Roald Flemestad wurde 2011 von der PNCC für den Dienst in der Nordisch-Katholischen Kirche und als Missionsbischof für Europa konsekriert.
Dementsprechend wird die Katholizität und Orthodoxie der Nordisch-Katholischen Kirche durch jene der PNCC garantiert. Die deutsche Administratur der Nordisch-Katholischen Kirche, die der bischöflichen Leitung von Bischof Roald Flemestad untersteht, gehört zur kanonischen Jurisdiktion der Union von Scranton. Sie ist der kanonische Vertreter der Union von Scranton und damit ihrer Mutterkirche, der PNCC, hierzulande.
Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche
In einer Gemeinsamen Erklärung zur Einheit(Joint Declaration on Unity) haben im Jahr 2006 die römisch-katholische Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten und die Polnisch-Katholische Nationalkirche (PNCC) die gegenseitige Anerkennung der Gültigkeit aller Sakramente sowie die communicatio in sacris (gemäß can. 844 §§ 2-3 CIC/1983) festgestellt. Daraus folgt aus zwingenden ekklesiologischen Gründen auch die Anerkennung der sakramentalen Validität der — 2006 noch als Tochterkirche unselbständigen — Nordisch-Katholischen Kirche.
Diese Entscheidung wurde 2015 von Papst Franziskus und der Glaubenskongregation bestätigt. Aus Anlass der Inkardination des früheren nordisch-katholischen Priesters Erik Heyerdahl Holth in das römisch-katholische Bistum Oslo wurde damals beschlossen:
Mitteilung des Bistums Oslo
„Am 5. September 2015 entschied Papst Franziskus auf Empfehlung der Glaubenskongregation, dass die Priesterweihe von Erik Andreas Heyerdahl Holth in der Polish National Catholic Church gültig ist.“
Beziehungen zu den chalcedonensisch-orthodoxen Kirchen
Die Polnisch-Katholische Nationalkirche (PNCC) war am Dialog der altkatholischen Kirchen mit den chalcedonensisch-orthodoxen Kirchen aktiv beteiligt. Darin wurde eine weitestgehende theologische Übereinstimmung festgestellt, dokumentiert in Koinonia auf altkirchlicher Basis (hg. U. von Arx, in: Internationale Kirchliche Zeitschrift 79/4, 1989).
Die PNCC war in dem orthodox-altkatholischen Dialog u.a. durch den späteren Bischof Thaddeus Peplowski vertreten, welcher von 1999 bis 2011 die Nordisch-Katholische Kirche als skandinavische Administratur der PNCC leitete. Die Bischöfe der Union von Scranton haben 2016 noch einmal geschlossen das Ziel der vollen sakramentalen und kanonischen Einheit mit den chalcedonensisch-orthodoxen Kirchen bekräftigt. Aus ekklesiologischen Gründen muss ja aus der gemeinsam erkannten theologischen Gemeinschaft auch die kanonische Einheit folgen:
Feststellung der Gemischten Orthodox-Altkatholischen Theologischen Kommission (Kavala, Oktober 1987)
„Folge und Ausdruck der gemeinsam erkannten Glaubensgemeinschaft ist die volle, liturgisch-kanonische Gemeinschaft der Kirchen, die Verwirklichung der organischen Einheit in dem einen Leib Christi.“
Internationale Kirchliche Zeitschrift 79/4, 1989: 103
Multilaterales ökumenisches Engagement
Die PNCC ist seit 1948 Mitgliedskirche (Gründungsmitglied) des Weltkirchenrats. Sie gehört ferner zum Nationalen Kirchenrat der Vereinigten Staaten und zum Zusammenschluss Christian Churches Together. Die Nordisch-Katholische Kirche gehört seit 2015 als Vollmitglied zum Norwegischen Christenrat — dem dortigen Äquivalent der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen.
Natürlich wollen wir weder ein allzu populäres bashing von Rauchern — erwachsenen Menschen — betreiben noch jemanden zum Rauchen verleiten. Im Gegenteil: Wenn es in der Bibel heißt, „wie ein Rauchopfer steige mein Gebet vor Dir auf“ (Ps 141,2), ist damit bekanntlich der G‘tt gebührende Weihrauch gemeint. Somit soll diese Überschrift ein Hingucker sein, um auf unsere Spendenaktion aufmerksam zu machen: Ca. 6 € kostet eine Packung mit 20 Zigaretten, für zwei Packungen muss man bereits 12 € ausgeben.
Mindestens diesen Betrag gibt jeder Raucher im Monat aus, wenn er nur 1 1/3 Zigaretten pro Tag raucht – unabhängig von seinem Gehalt. Im Durchschnitt verbraucht ein Raucher jedoch weitaus mehr, nämlich eine halbe bis eine Packung pro Tag. Dieser Vergleich scheint uns angemessen, wenn wir Sie um einen Beitrag zur Unterstützung unserer kirchlichen Arbeit bitten.
12 € im Monat sind für die meisten Menschen entbehrlich, von einem Opfer oder gar vom Zehnten kann kaum die Rede sein. Uns hilft es aber weiter. Sie müssen dazu noch nicht einmal Mitglieder unserer Kirche sein und können über unser gemeinnütziges Martinuswerk e. V. sogar eine Spendenquittung für das Finanzamt bekommen.
Denn gerade in diesem Jahr stehen wir mit unserer pastoralen Arbeit vor positiven Herausforderungen:
Im Februar wird uns das Oberhaupt unser Kirchenunion Prime Bishop Anthony Mikovsky (PNCC) im Rahmen der Pastoralkonferenz im Kloster St. Severin in Kaufbeuren besuchen.
Wir konnten das Angebot an Gottesdienstorten bzw. Kirchen vermehren, was jedoch für fast jeden Gottesdienst Kosten für die Anmietung und einen Organisten bedeutet.
Wir freuen uns über sechs neue Interessenten, die allein zum Jahresanfang um Aufnahme in unsere Kirche gebeten haben. Um sie pastoral und katechtisch angemessen zu begleiten, können wir Hilfe gebrauchen.
12 € ergeben im Jahr 144 €. Beides erinnert an heilige Zahlen: Die zwölf Stämme Israels (vgl. Gen 29,31-30,24; Mt 19,28) und die 144 000 Erlösten, von denen die Offenbarung des Johannes spricht (vgl. Off 7,1-8).
12 € im Monat sind für die meisten Verdiener ein kaum spürbarer Verzicht, uns aber ermöglichen sie unsere Arbeit zum Segen für die Menschen. Bitte fangen Sie nicht mit Rauchen an, sondern mit Spenden!
Jahreshauptversammlung des Martinuswerks 2018
Um im Interesse unserer Kirche die finanziellen Aufgaben zu regeln und sie auf ein tragfähiges Fundament zu stellen, kamen bereits zum zweiten Mal Mitglieder, Freunde und Gönner der Nordisch-Katholischen Kirche Ende Dezember in Westfalen zur Jahreshauptversammlung des gemeinnützigen Martinuswerkes e. V. zusammen.
Neben der Reflexion der Aktivitäten des vergangenen Jahres und der Verabschiedung des Kassenberichts standen die Planungen für das Jahr 2019 im Vordergrund. Ferner wurde Franz Schömer zum zweiten Kassenprüfer gewählt.
Besonders erfreulich ist der Zuwachs an Vereinsmitgliedern. So konnten im Jahr 2018 fünf Neumitglieder begrüßt werden. Da der Beitritt in den Verein nicht an die Kirchenmitgliedschaft gebunden ist, finden sich neben Mitgliedern unserer Kirche dort auch Menschen, die die Ziele unserer Kirche grundsätzlich unterstützenswert finden, aber der Kirche noch nicht beitreten wollen oder können. Einen Mitgliedsantrag zum Herunterladen finden Sie übrigens hier (am Ende der dortigen Seite).
Caritative Projekte unterstützen
Damit der Verein auch satzungsgemäß die Diakonie unserer Kirche fördert und somit die christliche Nächstenliebe konkret werden lässt, hat das Martinuswerk e. V. Kontakte zu verschiedenen Trägern von Hilfsangeboten geknüpft.
So bedankte sich die Initiative 1000plus für unsere ideelle wie finanzielle Unterstützung. Zusammen mit einem Dankesschreiben schickte sie weiteres Informationsmaterial zu Verteilung in unseren Gottesdiensten.
Ferner unterstützt das Martinuswerk die vielfältigen Projekte der Lichtbrücke e. V. in Engelskirchen. Besonders beeindruckend ist das Engagement dieses Vereins zu Beseitigung von Blindheit aufgrund von Unterernährung. Wußten Sie, dass ein Mensch durch eine Linsenimplation für nur 50 € wieder sehen kann?
Neben einer Mitgliedschaft im gemeinnützigen Martinuswerk e. V. können Sie unsere Arbeit sehr gerne auch durch Spenden unterstützen. Bei Angabe einer Anschrift senden wir Ihnen eine Quittung für das Finanzamt zu.