Die ersten Christen waren keine Rheinländer. Br. Joes Kolumne

Ich stelle mir gerade vor, was mit der Schlange passiert wäre, wenn Adam und Eva Chinesen gewesen wären …
Musstet Ihr lachen? Ich auch!

Eine andere Vorstellung hingegen wäre für mich als Rheinländer (und als nichtpfälzischer Rheinland-Pfälzer, bin ich ja eher ein Rheinländer) sehr skandalös, nämlich was passieren würde, wenn der regierende Oberbürgermeister einer rheinischen Großstadt dem Karneval und der Fastnacht den Kampf ansagen würde.

Das geschieht derzeit wieder in der brasilianischen „Sambahauptstadt“ Rio, wo der Bürgermeister aus religiösen Gründen den berühmten Karneval verbieten möchte.
Vermutlich wird er mit seiner Mission, den Straßenkarneval aus seiner Stadt zu verbannen ebenso scheiterten, wie er schon als Fischereiminister gescheitert ist. „Vom Karneval versteht der ebenso wenig wie von der Fischerei“, urteilten seine Kritiker.
Im Jahr 2017 verweigerte er dem Karnevalskönig die Übergabe des Stadtschlüssels, was er 2018 zwar nicht wiederholte, aber dafür kurz nach der symbolischen Schlüsselübergabe nach Frankfurt flog, um sich dort über deutsche Drohnentechnik zu informieren.

Das Spannungsfeld zwischen christlicher Moral und Karneval, das kenne ich. In meinem Geburtsort waren zu meiner Kindergartenzeit noch Nonnen ansässig, die als Erzieherinnen im Kindergarten und als Krankenschwestern arbeiteten.
Von Rosenmontag bis Aschermittwoch pflegten sie die ununterbrochene Anbetung vor dem Allerheiligsten … Wie meine Großmutter meinte, „wegen der Sünden, die an Fastnacht gemacht werden!“ Und meine Oma war auch stets in größter Sorge, wenn ich als junger Kerl „loszog“, um Karneval zu feiern oder allwöchentlich freitag- und samstagabends in die Disco fuhr.

Sie war kein Karnevalsgegner, nein, sie war immer sehr gespannt auf die Vorträge, die von Neujahr an eingeübt wurden, wollte immer wissen, wie die Kappensitzung oder der Umzug gelaufen sei und hat auch mein Lampenfieber mit mir geteilt, als ich mal Sitzungspräsident war. … Aber sie hat auch immer mit dem Rosenkranz in der Küche gesessen und gebetet, dass ihr Enkel möglichst nichts „Schlimmes“ anstellt … während der „närrischen“ Tage! Sie wäre nicht mit allem einverstanden gewesen, aber sie war ja auch nicht live dabei, so blieb ihr manche Aufregung erspart.

Ja, ich war damals ein aktiver Karnevalist, aber lediglich in der Zeit zwischen „Dickem Donnerstag“ und Aschermittwoch. Christ hingegen, bin ich das ganze Jahr über und auch an den Karnevalstagen. Ich finde nicht, dass das Eine, das andere grundsätzlich ausschließt.
Wir finden in der Apostelgeschichte keine Hinweise darauf, dass die ersten Christen Karneval gefeiert hätten [Anm. d. Red.: Der Einzug Jesu nach Jerusalem kann jedenfalls auch mit ausgefeiltester Exegese nicht als erster Karnevalszug gedeutet werden!]. Was ja völlig logisch ist, sie waren ja auch keine Rheinländer!

Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass die Apostel immer einmütig mit starrer Mine in ihren Zusammenkünften gesessen sind [Anm. d. Red.: Die durch Israel galoppierende Schweineherde von Gerasa dürfte auch manchen zum Lachen angestiftet haben!].
Wir wissen, dass sie zuweilen heftig streiten konnten; deshalb gehe ich davon aus, dass sie auch miteinander gelacht haben.

Wer traurig sein kann und wer streiten kann, der kann auch lachen – so meine für mich logische Schlussfolgerung. Ein Fest auch im weltlichen Rahmen, in Fröhlichkeit und Gelassenheit zu feiern, gehört für mich durchaus zum Christsein dazu.
Beispielsweise an Weihnachten das gute Essen, die Bescherung, das gemütliche Zusammensein der Familie im Wohnzimmer vor dem geschmückten Baum oder das festliche Mittagessen und Kaffeetrinken an Ostern, das Grillen an Pfingsten, die Familienzusammenkunft anlässlich einer Taufe, einer Erstkommunion usw.

Als biblisches Beispiel hierfür, erwähne ich für mich selbst gerne das sogenannte „erste Wunder“ Jesu, die Weinvermehrung bei der Hochzeit von Kana.
Wir kennen die Geschichte. Der Wein wird alle, die Gäste drohen in kürze auf dem Trockenen zu sitzen, und Maria bittet ihren Sohn, etwas zu unternehmen.
Dieser zögert, kommt aber dann der Bitte seiner Mutter nach und sorgt für etwa 600 Liter (die Menge haben Bibelforscher errechnet – aus welchen Quellen auch immer, das muss man sich mal bildlich vorstellen – das sind 800 Flaschen à 0,75 Liter) eines vorzüglichen Weines.
Das war also eine Hochzeit mit Hunderten von Leuten und das Fest ging vermutlich über mehrere Tage, vielleicht war da ein ganzes Dorf auf den Beinen.

Ich denke, Jesus hat nichts grundlegend gegen das Feiern von Festen, nichts gegen den Genuss von Alkohol und das feiern von Partys. Es liegt an mir, ob ich so derart „auf den Putz haue“, dass ich mich am nächsten Tag dafür schämen muss. Verantworten muss ich mich für mein Verhalten spätestens vor Gottes Richterstuhl. Es liegt an mir, wie ich mich verhalte.
Ich finde es persönlich sehr geschmacklos und dumm, wenn sich Leute an Karneval als Teufel, Mönch oder Nonne verkleiden und was es noch so alles an geschmacklosen Kostümen gibt oder Menschen sich bis zum Verlust der Muttersprache besaufen oder ein Festzelt aus den Angeln heben …

Aber ich käme nicht auf die Idee, eine Karnevalsveranstaltung zu verhindern, nur weil es dort auch Leute gibt, die mich in meinen religiösen Gefühlen verletzten könnten. Ich bin für mich verantwortlich und auch dafür, wie ich mich bei diesen Veranstaltungen verhalte. Jesus und seine Jünger haben sich jedenfalls nicht immer abgeschottet von weltlichen Partys.

Wir wissen aus den Berichten des neuen Testaments, dass sich Jesus bei öffentlichen Veranstaltungen und Festen auch mit Zöllnern, Dirnen und Andersgläubigen an einen Tisch setzte. Mit Menschen also, die in der jüdischen Öffentlichkeit keinen guten Ruf hatten, ja teilweise sogar als Unreine und Asoziale bezeichnet wurden. Was wiederum dazu führte, dass Jesus und seine Jünger als Fresser und Säufer beschimpft wurden (vgl. Matthäus 11,19).

Ich gehe mal davon aus, dass die Jünger sich bei solchen Anlässen nicht sinnlos betrunken haben, aber ich kann mir gut vorstellen, dass nicht alle Jünger den Wein gleichermaßen vertragen haben. Der eine mehr, der andere weniger. Sie waren sich ihrer Verantwortung in und für die Gesellschaft, in der sie sich befanden, mehr oder weniger bewusst. Sie feierten alle damaligen Festtage und nahmen an vielen gesellschaftlichen Großveranstaltungen teil.
Ich sehe jedenfalls nicht, warum man als Christ grundsätzlich keinen Karneval feiern sollte. 

Wenn ich mir aber jetzt unter dem Aspekt, dass nach Karneval die große Fastenzeit beginnt, das Wunder von Kana betrachte, dann erkenne ich im Bericht des Johannes 2,1-12 drei ganz lebenspraktische Hinweise für mich als Christ. Erstens: Die eschatologische Freudenzeit mit Jesus beginnt. Zweitens: Diese Zeit beginnt mit einer substanziellen Verwandlung – so wie sich Wasser auf Jesu Wort hin zu Wein verwandelt, so verwandelt sich der Mensch unter dem Wort des Evangeliums zu einem Nachfolger Christi; und drittens: Maria fordert uns auf, Jesus zu folgen, in dem sie sagt: „Was er Euch sagt, das tut!“

Am Aschermittwoch, so besingt es ein Mainzer Karnevalslied „ist alles vorbei“… ja, dann ist es vorbei mit dem „alten“ Menschen, dann beginnt die Zeit der Verwandlung, die Vorbereitung auf das Osterfest, … und aus diesem Anlass, erscheint dann auch mein nächster Beitrag.

Bis dahin, Euer Josef (Steffen Obl.OPR)

Dieser Beitrag gibt als Kolumne vor allem eine persönliche Sicht wieder, aber nicht unbedingt in jedem Punkt die Meinung der Kirche.