Die namentliche Fürbitte für Lebende und Verstorbene im öffentlichen Gottesdienst der Kirche ist seit ältester Zeit fester Bestandteil christlicher Frömmigkeit. Der heilige Kirchenvater Cyprian von Karthago (200-258) berichtet vom namentlichen Gebet für verstorbene Christen als selbstverständlichem Bestandteil der Eucharistiefeier — ebenso auch das Sakramentar des ägyptischen Bischofs Serapion von Thmuis (4. Jh.). Schon die Synode von Elvira (ca. 305) erwähnt zudem die namentliche Fürbitte für Lebende.
Eine besondere namentliche Fürbitte findet nicht zufällig während der zentralen Momente der Eucharistiefeier statt, wenn das von Christus am Kreuz zu unserer Erlösung dargebrachte Opfer vergegenwärtigt wird. Denn durch die Gabenbereitung und das eucharistische Hochgebet vereinigt sich ja die versammelte Gemeinde bereits auf geheimnisvolle Weise mit dem Kreuzesopfer Christi, dessen Leib und Blut sie später im Sakrament empfängt. Und diese innige Verbindung mit Christus, dem Haupt der Kirche — während Offertorium und Hochgebet — führt auch zu einer tieferen Verbindung mit den übrigen Gliedern Seines Leibes, nämlich den lebenden und verstorbenen Christgläubigen aller Zeiten und Orte. Hier ist daher der würdigste und geistlich herausragendste Ort, um öffentlich namentlich für lebende und verstorbene Angehörige des Gottesvolkes zu beten.
Im christlichen Osten sind die Aufzählungen solcher Namen — aufgrund des einst hierfür verwendeten Schreibmaterials — als Diptychen bekannt. Im Westen beschränkt man sich meist auf wenige Namen während ein und derselben Eucharistiefeier — und spricht jeweils von einer Messintention.
Auch in den nordisch-katholischen Eucharistiefeiern wird selbstverständlich für Lebende und Verstorbene auf Wunsch namentlich gebetet. Die lebenden oder verstorbenen Christinnen und Christen, für die in einer heiligen Messe gebetet werden soll, können Sie Ihrem jeweils zuständigen Seelsorger mitteilen oder — auch ohne Kirchenmitgliedschaft — über das entsprechende Formular auf unserer Webseite abgeben. Sogenannte Mess-Stipendien sind jederzeit willkommen und werden mit einer Messkarte — einem repräsentativen schriftlichen Beleg für die in Ihrer Intention gefeierte heilige Messe — beantwortet. Wir beten gerne für Sie und Ihre Angehörigen!
Am Ewigkeitssonntag, den 24. November 2019, besuchte Bischof Hans-Jörg Voigt DD (Hannover) von der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK; Altlutheraner) das in der SELK beheimatete Christliche Centrum St. Matthäus Mönchengladbach (Stadtteil Rheydt). Der nordisch-katholische Bischofsvikar Prof. F. Irenäus Herzberg war als ökumenischer Gast zu dem von Pfarrer Winfried Küttner PhD geleiteten Abendmahlsgottesdienst eingeladen und überbrachte, nach einer freundlichen Begrüßung im Gottesdienst, an Bischof Voigt herzliche Grüße und Segenswünsche von Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad (Oslo).
Bischof Voigt predigte über Mt 25,1-13 und erläuterte hierzu zunächst den historischen Hintergrund der Perikope in Form der spätjüdischen Hochzeitsbräuche. Im zentralen Predigtschritt deutete er — getreu der lutherischen hermeneutischen Unterscheidung zwischen Gesetz und Evangelium — das Lampen-Öl in diesem Himmelsreich-Gleichnis Jesu als die persönliche, in der fides qua creditur gründende Gottesbeziehung. Schließlich betonte Bischof Voigt, dass das Gleichnis natürlich auch an seine Grenzen stößt: Das „Öl“ des Glaubens nimmt im Gegensatz zum Lampenöl zu, wenn es — etwa durch das Gebet, das Hören auf Gottes Wort und den Empfang der Sakramente — in Anspruch genommen wird.
Im anschließenden Gespräch zwischen Bischof Voigt und Bischofsvikar Herzberg tauschte man sich über aktuelle Entwicklungen in beiden Kirchen aus, darunter insbesondere die beiderseitigen engen Verbindungen zur (konkordienlutherischen) Missionsprovinz in Schweden sowie liturgische Fragen. Da die Wurzeln der nordisch-katholischen Kirche im hochkirchlichen Luthertum Skandinaviens liegen, sind die SELK und die schwedische Missionsprovinz samt den übrigen Mitgliedskirchen des Internationalen Lutherischen Rates ein natürlicher ökumenischer Gesprächspartner — für die Nordisch-Katholische Kirche in Skandinavien wie auch für ihre deutsche Administratur.
So hatte Bischof Flemestad schon vor (fast genau sieben) Jahren Bischof Voigt im Kirchenamt der SELK in Hannover besucht. Die SELK wiederum hat ihre Kirchen für zahlreiche nordisch-katholische Eucharistiefeiern, darunter auch den Gründungs-Gottesdienst der deutschen Administratur im April 2012 in München, ihre Kirchen in brüderlicher Gastfreundschaft geöffnet; seit Jahren darf die westdeutsche nordisch-katholische Mission (Kuratie St. Willibrord) für ihre Düsseldorfer Gottesdienste die Erlöserkirche der SELK nutzen, auch die Primiz von Dr. Daniel Gerte (inzwischen Archidiakon) fand dort statt.
Später sprach Herzberg mit dem finnischen lutherischen Missionar Toni Lindholm, der gemeinsam mit seiner Frau in der Missionsgemeinde der SELK in Mönchengladbach mitarbeitet. Themen waren unter anderem das Luthertum in Finnland und die Seelsorge unter türkischstämmigen Christen.
Die Generalsynode der Nordisch-Katholischen Kirche am 25. Oktober 2019 in Gran hat (gemäß § 6.4 der Verfassung der Nordisch-Katholischen Kirche) den Priester Ottar Mikael Myrseth zum Nachfolger von Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad gewählt. Der Gewählte, der unter anderem auch Deutsch spricht, ist seit 2011 nordisch-katholischer Generalvikar für ganz Skandinavien und zugleich Dechant des Dekanates Selja (= Propstei für Westnorwegen).
Geboren 1951, studierte Ottar Myrseth Theologie in Oslo und wurde 1978 zum Pfarrer der norwegischen lutherischen Staatskirche ordiniert. 23 Jahre lang war er Gemeindepfarrer in Oslo und Spjelkavik sowie Stiftskaplan des Bischofs in Molde (Bistum Møre). Ebenfalls innerhalb der lutherischen Staatskirche leitete er die theologisch konservative Bewegung Samråd på Kirkens Grunn (Konsultation zu den Grundlagen der Kirche); bis heute schreibt er u.a. für die norwegische christliche Zeitung Dagen. 2001 konvertierte Pfarrer Myrseth zum Altkatholizismus — durch die norwegische Administratur der Polnisch-Katholischen Nationalkirche (PNCC), damals bereits bekannt als Nordisch-Katholische Kirche. Im selben Jahr wurde er durch Bischof Thaddeus S. Peplowski zum Priester in apostolischer Sukzession geweiht.
Die synodale Wahl wird nun (gemäß der Statuten der Union von Scranton, Abschnitt C, Artikel 8) den Mitgliedern der Internationalen Katholischen Bischofskonferenz der Union von Scranton durch deren Vorsitzenden, Erzbischof Dr. Anthony A. Mikovsky, förmlich mitgeteilt; sofern die Mitglieder der Bischofskonferenz keine Einwände erheben, muss sich der Gewählte schriftlich zur Erklärung von Scranton und den Statuten der Union von Scranton bekennen. Die darauf folgende Konsekration in Scranton (Pennsylvania) sowie die anschließende Inthronisation in Oslo sind für das Frühjahr 2020 geplant.
Nota bene: Die skandinavische Bischofswahl hat auf absehbare Zeit keine unmittelbaren Auswirkungen auf das kirchliche Leben in Deutschland. Denn: Die Nordisch-Katholische Mission in Deutschland ist eine Missionspfarrei der Union von Scranton, welche direkt der Internationalen Katholischen Bischofskonferenz unterstellt ist (gemäß der Statuten der Union von Scranton, Abschnitt C, Artikel 3 (i)). Daher bleibt Bischof Dr. Roald N. Flemestad der für die deutsche Missionspfarrei zuständige Bischof, so lange wie die Internationale Katholische Bischofskonferenz keinen anderen Bischof hierfür delegiert.
In den letzten Tagen haben wir das Erntedankfest gefeiert. Wir danken Gott für die Gaben der Ernte. Es ist nicht selbstverständlich die Früchte dieser Erde zu erhalten. Oft wird die Ernte durch schlechtes Wetter, sogar Unwetter oder andere Katastrophen bedroht. Dann werden die Nahrungsmittel knapp. Unseren Eltern und Großeltern sind solche Hungerjahre noch ein Begriff. Hunger ist auch heute noch auf unserer Erde, besonders in der dritten Welt, ein großes Problem. Sattwerden ist nicht selbstverständlich und darum haben wir einen triftigen Grund Danke zu sagen.
Überhaupt
danken: Warum bedanken wir uns so wenig? Vieles scheint uns
selbstverständlich. Aber nichts ist selbstverständlich: Unser
Leben, unsere Gesundheit, unsere Umwelt, in die wir hinein geboren
werden, unsere Familie, unsere Kinder, unsere Freunde und Bekannten.
Manche bezeichnen sich als „Macher“. Sie „machen oder schaffen“
sich ihr Leben (so meinen sie jedenfalls). Viele erlernen einen Beruf
nur aus dem Grund, um damit möglichst viel Geld verdienen und ein
Luxusleben führen zu können. Und? Sind sie dann mit ihrem „Machen“
zufrieden? Oder der Kinderwunsch. Es gibt immer noch kinderlose
Paare, für die sich dieser Wunsch, trotz medizinischen Fortschritts,
nicht erfüllt. Viele Leute leben nach dem Gesundheitswahn. Sie geben
viel Geld für ihre Gesundheit aus. Trotzdem erkranken sie. Viele
verfallen dem Schönheitswahn. Sie tun und machen. Aber vieles lässt
sich eben nicht machen. Es ist schon seltsam, warum gerade Personen
in gehobenen, guten Verhältnissen, „Macher“, oft vom „Burn
Out“ betroffen sind. Es ist also doch nicht alles machbar. Das
Wohlbefinden, Gefühle, Gesundheit etc. können wir nicht einfach
herstellen.
Erdung ist
hier das Wort der Stunde. Machen wir uns klar, dass nicht alles
machbar ist. Dies zu begreifen macht Angst aber es befreit auch.
Besinnen wir uns auf die wirklich wichtigen Dinge in unserem Leben.
Seien wir dankbar für die kleinen, oft unscheinbar wirkenden Dinge,
wie z.B. für einen lieben Gruß, dass wir ein Dach über dem Kopf
haben, zu essen haben, wir und unsere Lieben gesund sind, gute
Bekannte haben, in einem Land leben dürfen, wo kein Krieg herrscht.
Werden wir demütig und lernen zu danken, z.B. für einen schönen
Tag, den wir erleben durften, dass wir wieder gesund geworden sind,
für ein schönes Essen, für eine Reise und die gute Heimkehr und
vieles mehr. Es gibt tausend Gründe zu danken. Nichts ist
selbstverständlich. Das wirklich Wichtige in unserem Leben ist nicht
machbar. Wir müssen lernen auf Gott und sein Wirken zu vertrauen.
„Herr dein Wille geschehe, im Himmel wie auf Erden.“
Wer einmal
schwer erkrankt war, kann erahnen wovon ich spreche. Die Welt wird
auf einmal so klein, die „großen Dinge“ so unwichtig und die
kleinen Dinge wichtig. Ein freundliches Wort. Ein guter Tag. Ein
guter Freund. Wir lernen wieder zu schätzen was wirklich zählt.
Lernen wir zu danken, schon für die kleinen, unscheinbaren (nicht selbstverständlichen) Dinge. Wir werden dadurch sensibler und bewusster für viele Dinge in unserem Leben.
Wie soll ich dem HERRN vergelten alles, was er mir Gutes getan? Den Becher des Heils will ich erheben und den Namen des HERRN anrufen
Gut sieben Jahre nach ihrer Errichtung hat die deutsche Administratur der Nordisch-Katholischen Kirche soeben ein eigenes Altarbuch in einer ersten, stark limitierten Auflage herausgegeben. Nach dem Vorbild der ältesten erhaltenen liturgischen Bücher des Christentums (sowohl der westlichen wie der östlichen Tradition) ist das Altarbuch eine Kombination von Rituale und Missale in einem einzigen Band. Für Priester mit einem geographisch weiträumigen pastoralen Zuständigkeitsbereich hat dies den Vorzug, immer nur ein einziges liturgisches Buch mitnehmen zu müssen — und doch für die meisten Eventualitäten gerüstet zu sein. Die historische Bezeichnung für derartige, recht umfassende Bücher (die meist auch noch bischöfliche Liturgien enthalten) ist Sakramentar bzw. Euchologion.
Im deutschsprachigen Altkatholizismus sind solche Bücher durchaus kein Novum: Schon die Christkatholische Kirche der Schweiz hat vor mehr als 100 Jahren ein Altarbuch dieses Formates herausgegeben (Bern: K. J. Wyß 1905). Das neu erschienene Sakramentar setzt nun jedoch die liturgietheoretischen Prinzipien der Nordisch-Katholischen Kirche für die konkrete pastorale Arbeit im deutschsprachigen Raum um. Seine Inhalte sollen im Folgenden kurz skizziert werden.
Die im Missale-Teil enthaltene Messordnung basiert auf der wahrscheinlich ältesten noch in Gebrauch befindlichen Traditionslinie (usus) des römischen Ritus, nämlich der Kartäusermesse, deren älteste bekannte Form sich vermutlich direkt vom Diözesanritus von Grenoble des 11. Jahrhunderts ableitet. Die strenge Schlichtheit dieser Liturgie — obgleich nicht der ausschlaggebende Faktor — ist vielleicht nicht unpassend für die kirchliche Situation an vielen Orten des deutschsprachigen Europa, welches wieder mehr und mehr zum Missionsgebiet wird.
Aufgrund einer Kombination von pastoralen, theologischen und liturgiegeschichtlichen Erwägungen wurden allerdings drei nicht unbedeutende Modifikationen vorgenommen: (i) die Streichung des Filioque im nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis; (ii) die Entfernung der missverständlichen (und in der lateinischen Scholastik auch oft tatsächlich überhöhten) Erwähnung einer instrumentalen Bedeutung der „Verdienste“ (meritis) der Heiligen (in der vierten Strophe des Messkanon, Communicantes); (iii) die Einfügung einer (katabatischen) Epiklese vor der neunten Strophe (Supplices) des Messkanon.
Diese Änderungen erfolgen in erster Linie mit Blick auf den 1975-1987 festgestellten, umfassenden Lehrkonsens der orthodoxen und altkatholischen Kirchen (veröffentlicht von Urs v. Arx (Hrsg.): Koinonia auf altkirchlicher Basis. Sonderheft zu IKZ 79/4, 1989) — angesichts häufiger und ekklesiologisch sehr berechtigter Anfragen an den römischen Ritus von orthodoxer Seite. Die Modifikation (ii) — das heißt: die Ersetzung von meritis precibusque durch precibus in der vierten Messkanon-Strophe — mag aber vielleicht darüber hinaus auch andere ökumenische Gesprächspartner interessieren. Hier ist nicht nur an die altorientalischen Kirchen zu denken, sondern auch an hochkirchliche Kreise der anglikanischen und der lutherischen Tradition.
Zum Beispiel wird Martin Luthers Polemik gegen den römischen Messkanon in den Schmalkaldischen Artikeln (Teil II, Art. 2, Ziffer 5) — die, sicher auch anlassbedingt, im Kontrast zu den irenischen Formulierungen in Melanchthons Augsburger Bekenntnis stehen — nicht zuletzt durch ebenjene missverständliche Erwähnung der Verdienste der Heiligen im Messkanon und vor allem die scholastische Ausdeutung dieser Formulierung motiviert gewesen sein. Die Lehre vom Gebet der Heiligen für die Kirche auf Erden dürfte dagegen für Luther weit weniger anstößig gewesen sein. Noch wichtiger als diese historische Frage der Luther-Exegese ist für eine aktuelle ökumenische Rezeption der Theologie des römischen Messkanons jedoch eine Übereinkunft der 7. Vollversammlung der Dialogkommission von Lutherischem Weltbund und (chalzedonensischer) Orthodoxie. Dort wird nämlich ein Auszug aus der Definition des Siebten Ökumenischen Konzils (Nizäa II, 787) zustimmend zitiert (Sandbjerg/Dänemark, 1993), wo die Verehrung der Heiligen — gerade in Form des, sicher auch liturgisch zu verstehenden, Gedenkens (mnêmê) — von der allein Gott zustehenden Anbetung (latreia) unterschieden und positiv gewürdigt wird (Denzinger-Hünermann [43. Aufl.], 601). Viel deutlicher noch ist der anglikanisch-orthodoxe Konsenstext von Dublin (1984), wo die Fürbitte der ecclesia triumphans für die ecclesia militans als dogmatische Tatsache angeführt wird, zugleich aber die Vorstellung von einem „Schatz der Verdienste“ abgewiesen wird (Dublin Agreed Statement, 74).
Des Weiteren wurden, mit Blick auf pastorale Sondersituationen, in das Missale alternative Offertoriums- und Eucharistiegebete aufgenommen, angelehnt an die beracha-Formulare aus der Didache und das Eucharistiegebet der Traditio apostolica. Ferner wurde in die Ordnung der Eucharistie als pastorale Option das Gebet der Gläubigen (wieder) eingefügt — allerdings, im Anschluss an die Forschungsergebnisse von Gregory Dix (The shape of the liturgy. London: Continuum 1945, 475, 491), unmittelbar vor dem Offertorium (bzw. dem optional dorthin vorzuziehenden Friedensgruß).
Die Eigentexte für die Eucharistiefeiern des Kirchenjahres und der Heiligenfeste orientieren sich — oftmals vermittelt durch den (ungeachtet von Thomas Cranmers längerfristigen Intentionen) noch als reformkatholisch einzuordnenden englischen Ritus von 1549 — großenteils an der sogenannten altkirchlichen Perikopenordnung und dem gregorianischen Sakramentar. Das Missale enthält darüber hinaus eine vollständig melodisch ausnotierte Votivmesse für christliche Einheit.
Der Rituale-Teil des Sakramentars ist einerseits traditionell altkatholisch; er folgt im Wesentlichen dem ersten deutschsprachigen, seinerzeit von Generalvikar Franz Reusch zusammengestellten, altkatholischen Rituale (Katholisches Rituale. Bonn: P. Neusser 1875) — dessen Einfluss noch über 80 Jahre später, z.B. im alten Rituale der Christkatholischen Kirche der Schweiz (Bern ³1959), deutlich erkennbar war. Andererseits konnte jenes Rituale von 1875 für das neue Sakramentar natürlich nicht ohne Weiteres übernommen werden, und zwar nicht nur aus sprachlichen, sondern auch aus sakramental- und pastoraltheologischen Gründen (wie schon von anderen, wenngleich leider ohne konkretere Ausführung, festgestellt wurde; vgl. Sigisbert Kraft: Grundsätze und Ziele altkatholischer Liturgiereform. IKZ 73/1, 1983, 103).
Wiederum galt es dabei, insbesondere den orthodox-altkatholischen theologischen Konsens zur Sakramententheologie zu berücksichtigen. So ist z.B. der Spender des Ehesakramentes eben der Priester, welcher der Trauung vorsteht (und nicht etwa die Brautleute), und sein Segen stellt die Form des Ehesakraments dar. Nun war zwar auch schon im Rituale von 1875 der Trauritus mit „Einsegnung der Ehe“ überschrieben (Katholisches Rituale, 30), doch fiel der dort vorgesehene (das tridentinische Pendant übersetzende und im Indikativ formulierte) priesterliche Segen der Ehe denkbar knapp aus (op. cit., 32). Das neue Sakramentar enthält nun verschiedene Varianten für den Trausegen, in Anlehnung an römische und byzantinische Formulare.
Ähnlich notierte Reusch in seinen Anmerkungen zum Bußsakrament (op. cit., 52) zwar, dass eine deprekative statt indikative Absolutionsformel wünschenswert und im Grunde auch die ursprünglichere Form ist, doch wollte er diesbezüglich keine Abweichung vom tridentinischen Usus zulassen. Diese Änderung wurde daher im hier besprochenen Sakramentar ebenfalls nachgeholt.
Schließlich hegte Reusch eine — heute wohl kaum noch gerechtfertigte — Sorge davor, dass z.B. ein Taufexorzismus oder auch die Segnung von Weihwasser bei vielen Menschen „abergläubische Vorstellungen“ (56) hervorrufe und daher am besten zu unterbleiben habe. Das von ihm formulierte Gebet über Wasser und Salz (48f.) ist daher folgerichtig — eigentlich ganz im Geiste der Aufklärungstheologie — viel eher eine Homilie als eine doxologisch-katabatische Benediktion; es erinnert in seinem Duktus sogar recht stark an das Rituale von Ignaz Heinrich v. Wessenberg (Stuttgart: Cotta 1833). Diese Parallele überrascht insofern, als sich Reusch ja im Vorwort des altkatholischen Rituale einigermaßen deutlich von Wessenbergs pastoralliturgischem Ansatz abgegrenzt hatte (Katholisches Rituale, 9).
Die daraus resultierenden Traditionsbrüche in der Taufliturgie des Rituale von 1875 wurden im hier vorgestellten neuen Sakramentar geheilt, indem passende Gebete aus dem (sogenannten) Gelasianischen und dem Gregorianischen Sakramentar sowie aus dem (durch den Kölner Erzbischof Hermann von Wied stark geprägten) reformkatholischen englischen Ritus von 1549 eingefügt wurden. Hintergrund dafür ist aber mitnichten ein bloß formaler Traditionalismus. Vielmehr gilt es zu bedenken, dass Befreiungsgebete und explizite katabatische Segensgebete für materielle Objekte wie das Weihwasser nicht etwa obsolete Relikte eines vorchristlichen Dualismus, sondern eine notwendige Folge der christlich-inkarnatorischen, orthodoxen Kosmologie sind; dieser zufolge gilt ja, etwas zugespitzt: matter is never neutral (Alexander Schmemann: Of water and the Spirit. A liturgical study of Baptism. Crestwood, New York: St. Vladimir’s Seminary Press 1974, 48).
Ergänzt wird der Rituale-Teil durch einen Anhang mit weiteren häufig verwendeten Segnungen, ferner auch Psalmen und Schriftlesungen, die in Verbindung mit den Formularen des Rituale (vor allem für Trauung und Bestattung) zu gebrauchen sind. Mittelfristig ist der Druck einer zweiten, leicht revidierten Auflage in höherer Auflage, aber einfacherer Verarbeitung vorgesehen. In einem in Planung befindlichen Ergänzungsband sollen dann schließlich noch ausgewählte bischöfliche Liturgien sowie ein Liedanhang erscheinen.
Was
heißt katholisch? Katholisch kommt vom altgriechischen
Adjektiv katholikos bzw. der Wendung kat‘ holon, was
bedeutet: „auf das Ganze bezogen, dem Ganzen gemäß.“ Der
Begriff katholische Kirche wurde dann zum Sammelbegriff für
alle rechtgläubigen Christen. Im Westen verstand man ihn auch
räumlich, als „die ganze, über den Erdkreis verbreitete Kirche.“
Übrigens: Das Wort katholisch kommt in der Bibel nicht vor.
Erstmals benutzte diesen Begriff der Kirchenvater Ignatius von
Antiochien (ca. 130 n. Chr.), und zwar wörtlich: „Wo
immer der Bischof sich zeigt, da sei auch das Volk, so wie da, wo
Jesus Christus ist, auch die katholische Kirche ist.“ (Brief an die
Smyrnäer, 8,2)
Das
deutsche Wort Kirche entstand aus dem griechischen kyriakos
oikos. d.h. „Haus des Herrn“, wörtlich: „zum Herrn
gehöriges Haus“ (oikos = „Haus“; kyriakos = „zum
Herrn gehörig“, von kyrios = „Herr“). Im Deutschen
finden wir weitere Definitionen wie „geweihter Versammlungsort
einer christlichen Glaubensgemeinschaft“ oder „sakrales Bauwerk
des Christentums“ sowie „Organisationsform innerhalb des
Christentums.“ Weiter wird mit dem Wort „Kirche“ das
griechische Wort ekklesia übersetzt, was so viel bedeutet wie
„die Gesamtheit der Gerufenen“ oder auch „der Berufenen“! Im
Neuen Testament wird es oft verwendet als „Versammlung“ (vgl. Apg
19,32-40).
Das
Wort Institution dagegen bedeutet ganz allgemein laut Duden:
„einem bestimmten Bereich zugeordnete gesellschaftliche,
staatliche, kirchliche Einrichtung, die dem Wohl oder des Einzelnen
oder der Allgemeinheit dient“ . Die Soziologen bestimmen, wiederum
laut Duden, den Begriff „als stabile Muster folgende Form
menschlichen Zusammenlebens“. Wortgeschichtlich leitet sich
Institution vom lateinischen Begriff instituere ab. Das
heißt übersetzt: „verwalten, einrichten, anordnen.“
Ich
fasse zunächst einmal zusammen:
Die
Bibel benutzt den Begriff katholisch nicht. Auch die ersten
Gläubigen wurden nicht so bezeichnet. Man nannte sie vielmehr
einfach „Jünger“, später dann „Christen“ (Apg 11,26). Das
dort verwendete christianos aus dem Altgriechischen bedeutet:
„Der Christliche, zu Christus gehörend“. Christen werden demnach
als Personen bezeichnet, die sich zu Jesus Christus bekennen.
Katholische Kirche bedeutet im Wortsinne zunächst die
Gesamtheit der überall auf der Welt zu einem ,Haus des Herrn‘
versammelten Christen.
Als
sich das Christentum immer mehr ausbreitete, wurde es nötig, eine
gemeinsame Ordnung und gemeinsame Regeln, die sich aus der Lehre Jesu
ergaben, festzuhalten (z.B. für das liturgische, aber auch das
alltägliche ethische Leben etc.). Schließlich waren und sind
Christen Zeugen des Lebens und Wirkens Jesu.
Musste
daraus aber notwendigerweise eine Institution entstehen, die in den
innersten Lebensbereich eines Menschen eingreift? Ich denke
beispielsweise an die Vorschriften mit Blick auf das eheliche
Sexualleben oder die rigide Einführung des Klerikerzölibats (im
Westen zwar schon punktuell im frühen 4. Jahrhundert, im Osten
jedoch durch z.B. die Apostolischen Kanones explizit
verworfen). Wie bekannt ist, war Petrus verheiratet; Jesus heilte
seine Schwiegermutter (Mt 8,14). Zwar sagte Petrus: „Herr, wir
haben alles verlassen und sind Dir nachgefolgt“ (Mt 19,27). Daraus
aber abzuleiten, dass Petrus nie wieder ein eheliches Leben mit
seiner Frau geführt habe und alle Geistlichen ab dem Diakon oder
Priester es ihm gleich tun sollten, ist keineswegs Bestandteil der
Tradition der ungeteilten Kirche (siehe als Gegenbeispiel wiederum
die Apostolischen Kanones). Und ein biblisches Eheverbot für
Geistliche gibt es schon gar nicht, möglicherweise sogar das
Gegenteil (1 Kor 9,5).
Jesus
hingegen hat zu ethischem Verhalten angeleitet, ohne die Menschen an
sich zu verurteilen: Selbst eine Ehebrecherin wurde von Jesus nicht
verurteilt und gerichtet, sondern begnadigt und zu einem Leben ohne
Sünde aufgerufen (Joh 8). Fatal war neben der unnötigen Verengung
der Kirchendisziplin auch die Verengung der Verkündigung. Gewiss hat
die Kirche die Aufgabe, die Grunddogmen zu formulieren (insbesondere
das Große Glaubensbekenntnis). Aber es ist nicht nötig, den
Christen detailliert vorzuschreiben, mit welchen Begrifflichkeiten
genau sie ihren Glauben an den in Christus Mensch gewordenen
dreifaltigen Gott bezeugen sollen.
So
kam es, vordergründig aus Gründen von Dogma und Kirchendisziplin,
oft aber auch aus sprachlich-kulturellen und kirchenpolitischen
Gründen zu unnötigen Abspaltungen. Zunächst entstand die
Assyrische Kirche des Ostens (431), dann die orientalisch-orthodoxe
Kirche (451), schließlich entstand ein Schisma zwischen
(byzantinisch-) orthodoxer und römisch-katholischer Kirche. Später
bildeten sich die lutherische und anglikanische Kirche usw. Doch noch
das erste lutherische Bekenntnis, die Confessio Augustana
(1530), war als gemeinsames Bekenntnis gedacht. Wäre es, ungeachtet
kirchenpolitischen Machtstrebens, wirklich nicht möglich gewesen,
gemeinsam einen gangbaren Weg zu finden? Etliche der in den
ökumenischen Dialogen der letzten Jahrzehnte erzielten theologischen
Verständigungen deuten darauf hin. Die Grunddogmen, nämlich der
Glaube an den dreieinen Gott und seine Menschwerdung in Jesus
Christus, werden doch von allen geteilt.
Fazit
Für mich ist die Gemeinschaft der Christen, die auf Jesus Christus getauft sind, sich zu Christus bekennen und nach seinen Lehren leben, von Bedeutung. Diese „Kirche“ wird überleben. Die Institution ist überwuchert durch einen weltlichen Apparat. Die Vorbilder der Christen sind die Märtyrer und Heiligen. Sie befolgten Jesu Lehren in Wort und Tat, übten Nächstenliebe, Armenspeisung, Krankenpflege usw. aus. Sie fühlten sich in ihrem Tun und Handeln nur Gott und Jesus Christus verantwortlich. Sie widerstanden den „Mächtigen der Welt“ (Kaisern, Königen und oft auch weltlich ambitionierten Klerikern) trotz allen Verlockungen und gingen für ihren Glauben sogar in den Tod. Nur dort, wo die Menschen als Ebenbilder Gottes (Gen 1,27) behandelt werden und ihr Glaube an den in Jesus Christus Mensch gewordenen Gott sich entfalten und reifen kann, kann wahre Kirche entstehen. Jesus Christus und seine Lehren müssen in der Kirche an erster Stelle stehen; sie sind aktueller denn je: Jesus Christus ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6).
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung der Gemeinde, Kirche oder Redaktion wieder.
Vom 16.-19. August 2019 besuchte Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad (Oslo) den Seelsorgebereich Bayern. Es folgt ein kurzer Bildbericht.
Bischöfliche Firmung
In der Abtei St. Severin in Kaufbeuren, mit Pfarrkurat Franz Schömer (links im Bild) als Firmpaten und Abt Michael OPR (rechts) als Zeremoniar.
Diakon- und Priesterweihe
Tamás Széles, im Zivilberuf ein bekannter ungarischer Synchronsprecher, wurde geweiht für die Altkatholische Mission Ungarn, die der deutschen Administratur kirchenrechtlich angeschlossen ist. Auch Priester Péter Kováts aus Szombathely war hierfür eigens ins Allgäu gereist.
Beratungen zum Martinuswerk
Bischof Roald N. Flemestad und Abt Michael OPR berieten sich mit dem Vorstand des Martinuswerks über dessen Wirken für die deutsche Administratur. Das Martinuswerk e.V. ist nun offiziell als bischöfliches Werk der Union von Scranton anerkannt.
Brüderliche Gemeinschaft …
… fand auch außerhalb des offiziellen Programms statt.