Neue Etappe für die nordisch-katholische Mission in Deutschland

Generalvikar Dr. Daniel Gerte

Diesen Sommer hat die 2012 gegründete deutsche Administratur der Nordisch-katholischen Kirche ein wichtiges Etappenziel erreicht: All ihre grundlegenden liturgischen und theologischen Texte sind nun abschließend redigiert und publiziert, insbesondere das deutschsprachige nordisch-katholische Sakramentar (Missale & Rituale) samt Ergänzungsband (Kurzfassung des Pontificale und Kalendarium) sowie deutsche Übersetzungen der Bekenntnistexte der Union von Scranton. (Zu Letzteren zählt natürlich auch das orthodox-altkatholische Konsensdokument Koinonia auf altkirchlicher Basis; dieses erschien bereits 1989 als authentische Fassung auf Deutsch; Hrsg. Urs v. Arx, IKZ 79 Beiheft zu Nr. 4). Die deutsche Administratur der Nordisch-katholischen Kirche hat hierdurch ein neues Kapitel in ihrer jungen Geschichte aufgeschlagen. Insbesondere kann die theologisch-liturgische Konsolidierung der Administratur, welche ihr im Juni 2018 von Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad nach turbulenten Anfangsjahren verordnet wurde, nun im Grundsatz als abgeschlossen gelten.

Daraus folgt eine erfreuliche Schwerpunktverlagerung in der künftigen Arbeit der Administratur im Allgemeinen und ihrer örtlichen Leitung im Besonderen. Hinfort können alle personellen und finanziellen Ressourcen der Administratur in die praktische Umsetzung der besagten liturgischen und theologischen Leitlinien fließen: neben der Evangelisierung und Seelsorge werden Katechese und Verkündigung sowie der Aufbau und Ausbau von Gottesdienst-Standorten einschließlich Online-Seelsorge im Vordergrund stehen, perspektivisch auch begleitet von Projekten der Diakonie bzw. Caritas. Diese neuen Arbeitsschwerpunkte werden der örtlichen Leitung der Administratur etwas andere Charismen als bisher und insbesondere eine ausgeprägte organisatorische Kompetenz und hohe Belastbarkeit abverlangen.

Vor diesem Hintergrund hat der seit 2018 amtierende örtliche Leiter der Administratur, Bischofsvikar Prof. F. Irenäus Herzberg, bei Bischof Dr. Roald N. Flemestad um Entbindung von seinem Amt nachgesucht. Bischof Flemestad hat dieser Bitte mit Bedauern einerseits und Dank sowie großer Wertschätzung andererseits entsprochen. Nach Rücksprache mit dem Primas der Union von Scranton, Erzbischof Dr. Anthony A. Mikovsky hat er am Hochfest Kreuzerhöhung die örtliche Leitung der deutschen Administratur in die Hände ihres bisherigen Archidiakons, des Priesters und promovierten Pastoraltheologen Dr. Daniel Gerte, gelegt.

Zugleich hat Bischof Dr. Flemestad, in Anerkennung der gelungenen Konsolidierung der deutschen Administratur, ihrem neuen örtlichen Leiter wieder den Amtstitel eines Generalvikars verliehen. Dies stellt eine Rückkehr zur früheren Praxis (vor Juni 2018) dar und ist auch im Kirchenrecht so vorgesehen.

Schon seit Juni 2018 ist Gerte Archidiakon der deutschen Administratur und somit deren Verwaltungsleiter gewesen. Zusätzlich obliegt ihm nun auch die geistliche Leitung der Administratur in Abwesenheit des Bischofs. Amtsvorgänger Herzberg wird weiterhin die Funktion eines Bischofsvikars für theologische Fragen versehen, welche ihm Bischof Flemestad im November 2016 übertragen hat.

Mariä Geburt 2020

Einsichten des byzantinischen Ritus

Geburt der Gottesgebärerin: Kloster Studenica, 12. Jh.
[Foto Mihailo Maletic CC-BY NC SA]

Deine Geburt, Gottesgebärerin, hat dem ganzen Erdkreis Freude beschert.

aus dem Tropar zum Fest der allheiligen Gottesgebärerin

Rückblick auf das Fest der Entschlafung

Das größte aller Feste der Gottesgebärerin ist noch nicht allzu lange vergangen. Am 15. August gedenken wir ihres Todes und ihres Einzuges in den Himmel. Das Fest hat Öffentlichkeitscharakter. Alle Apostel kommen zusammen, um die Allheilige zu bestatten. Das Exapostilarion im Morgenamt erinnert uns daran, wenn es dreimal gesungen wird: „Apostel, von den Enden der Erde hier zusammengekommen, im Flecken Gethsemani, beerdigt meinen Leib; und du mein Sohn und Gott empfange meinen Geist.“ Auch in den Zwischentexten der Makarismen (Seligpreisungen) der eucharistischen Liturgie zum 15. August singen wir: „Die Schar der Theologen eilte herbei von den Enden und aus der Höhe die Menge der Engel zum Sion auf den Wink des Allgewaltigen, um bei deinem Begräbnis, Gebieterin, würdig zu dienen.“ Ein Leichenzug zieht vom Christenviertel des Sion nach Gethsemani, um die Mutter Gottes zu beerdigen. Bis heute wird dort ihr Grab verehrt. Neben den Griechen besitzen auch die Armenier in der unterirdischen Kirche Altäre. Die Franziskaner verloren diese vor Jahrhunderten. Die Festfeier des 15. August halten sie aber bis heute in Gethsemani in der modernen Todesangst-Christi-Basilika („Kirche aller Nationen“).

Zum Datum des Festes

Ein anderes Gebäude hat mit dem Fest des 8.September zu tun. Es ist das Haus der heiligen und gerechten Gottesahnen Joachim und Anna. In ihm wird Maria geboren. Im August und September sehen wir das Sternbild der Jungfrau am Himmel leuchten. Ein Stern kündet die Geburt Jesu an und führt die Weisen zur Krippe. Jetzt leuchten die Sterne, denn „die Jungfrau“ wird geboren. Wir begehen ihr Geburtsfest, weil sie uns Christus geboren hat. Das Fest Maria Geburt steht in Zusammenhang mit dem Fest Christi Geburt. Das neue Kirchenjahr beginnt in Byzanz am 1. September. Eine Woche später, am Oktavtag, wird die Annenkirche unter dem Titel Maria Geburt geweiht. Der 8. September ist die Kirchweih der Annenkirche in Jerusalem, während der 15. August die Kirchweih des Kathismaklosters war. Das Sternbild der Jungfrau und der Beginn des neuen Jahres gaben das Datum. Die heutige Annenkirche ist ein Kreuzfahrerbau und gilt als die Kirche mit der besten Akustik unter den Kirchen Jerusalems.

Das Jakobusevangelium

Joachim und Anna, die Eltern der Allheiligen, waren verzweifelt. Sie waren kinderlos und dies galt als Strafe Gottes. Joachims Opfergabe im Tempel wird verweigert. Er flieht in die Wüste. Sie hörten nicht auf, zu Gott zu flehen. Das Protoevangelium des Jakobus berichtet uns darüber. Es scheint, dass es gerade in Jerusalem doch eine gewisse Verehrung und Bedeutung hatte:

„…dort schlug er (Joachim) sein Zelt auf und fastete vierzig Tage und vierzig Nächte; und er sagte bei sich: „Ich werde nicht hinuntergehen, weder um Speise, noch um Trank, bis Gott, mein Herr, mich heimgesucht hat; das Gebet soll mir Speise und Trank sein.“ Und Anna betet: „O Gott unserer Väter, segne mich und erhöre meine Bitte, wie du den Mutterleib Saras gesegnet und ihr einen Sohn, den Isaak, geschenkt hast.“ Beide haben dann Engelserscheinungen. Ihnen wird versichert, ihr Gebet ist erhört. Sie begegnen einander an der Goldenen Pforte des Tempels. Als die Monate erfüllt sind gebiert Anna Maria.

Zur Liturgie des Festes

In Jerusalem wurde das Fest wohl schon im 5. Jahrhundert begangen. In Rom wurde es um 700 unter Sergius I. eingeführt. Die älteste Hymnendichtung, die uns überliefert ist, stammt von Romanos dem Meloden (5./6. Jahrhundert). Er greift das Jakobusevangelium auf und dichtet einen Hymnus von 12 Strophen zum Fest. Eine jede Strophe endet mit dem Ruf: „Die Unfruchtbare gebiert die Gottesgebärerin, unseres Lebens Nährerin.“ Das Prooimion dieser Dichtung bildet bis heute im byzantinischen Ritus das Kontakion des Festes. Das Festtropar „Deine Geburt Gottesgebärerin hat dem ganzen Erdkreis Freude beschert“ ist über alle Reformen hinweg als Antiphon auch im römischen Stundengebet im Morgengebet erhalten und somit in beiden Riten ein gemeinsamer Gesang des Tages. Den Grund der Freude finden wir im nächsten Satz. Aus Maria ging uns die Sonne der Gerechtigkeit auf, Christus unser Gott. Mit dem Entstehen der Feste nach dem Kalendertag und der Einführung des Festes Christi Geburt wurde auch das Geburtsfest der Gottesmutter in den Kalender aufgenommen. Es geht um die Menschwerdung des Gottessohnes. Er ist Mensch geworden und hat sein Menschsein von dem Menschen Maria genommen. Der jüdische Religionswissenschaftler Pinchas Lapide (1922–1977) sagte deshalb „Gott ist Jude geworden“. Im römischen Ritus wurde früher stets an Maria Geburt der Stammbaum Jesu Christi nach dem Matthäusevangelium gelesen. Heute begnügt man sich meist mit den anschließenden Versen „Mit der Geburt Jesu Christi war es so.“ Schöner als durch den langen Stammbaum kann man wohl kaum auf die Menschwerdung Gottes verweisen. Unser Gott kam zu uns, „allen Fluch von uns zu nehmen und Segen zu spenden. Er zerstört den Tod und schenkt uns ewiges Leben“ (aus dem Fest-Tropar).

Grund des Festes

Der heilige Andreas von Kreta gibt den Grund des Festes an: „Dieses so strahlend aufscheinende Wohnen Gottes bei den Menschen musste der Freude Eingang verschaffen, weil uns hier das große Geschenk des Heiles zuteil wird. Das meint das heutige Fest, dessen Anlass die Geburt der Gottesmutter ist, dessen Ziel und Ende jedoch die Vereinigung des Wortes mit dem Fleisch ist.“

Romanos der Melode betonte, dass die unfruchtbare Anna unseres Lebens Nährerin gebiert. Gott lässt neues Leben entstehen, wo es nicht mehr zu erwarten ist. Wo alles verloren und vergeblich scheint, weckt Gott das Leben. Dies gilt nicht nur für Joachim und Anna. Dies gilt auch für uns, für unser Leben. Aus Unfruchtbarkeit wächst reiche Frucht, wenn Gott an uns handelt. Das Geburtsfest der Allheiligen will unseren Glauben daran stärken. Maria nährt uns mit dem Wort Gottes, denn „das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Sie gebiert uns Christus, „den Menschenliebenden“, „der das Fremde zum Freund macht und für die Verirrten das Heil wirkt“ (aus den Stichera zur Großen Vesper). Ihre Festfeier schenkt uns Freude und Frieden. „Maria ist uns zum Himmel geworden, da sie Gott trägt“ (Ephräm der Syrer, + 373).

Da.

2-mal druckfrisch: Fortsetzung des Sakramentars + Grundlagentexte

[Augustinus: Fresko, Lateran, 6. Jh.]

SYNODOS 2 & 3: Von Liturgie und Musik bis Dogmatik und Kirchenrecht

Fast gleichzeitig konnten in diesem Spätsommer zwei lange vorbereitete Buchprojekte zum Abschluss gebracht werden: Der Ergänzungsband zum Sakramentar — mit Pontifikal-Liturgien, Festkalender und Liedanhang — sowie ein Band mit grundlegenden theologischen und kirchenrechtlichen Dokumenten der Nordisch-katholischen Kirche und der Union von Scranton. Sie führen damit die — mit dem Nordisch-katholischen Sakramentar als Band 1 begonnene — Schriftenreihe SYNODOS auf natürliche Weise fort.

Zugleich erfüllen die beiden neuen Bände völlig unterschiedliche Zwecke. Der Sakramentar-Ergänzungsband ist natürlich ein liturgisches Buch, dessen größerer Teil nur bei seltenen Anlässen Verwendung finden wird. Der Grundlagen-Band hingegen gibt allen einschlägig Interessierten eine — mit allen erforderlichen Erläuterungen versehene — deutschsprachige Quellensammlung zu Kirchenrecht und Theologie der Union von Scranton im Allgemeinen und der Nordisch-katholischen Kirche im Besonderen an die Hand. Ergänzt wird dies durch eine zwar relativ knappe, aber mit allen wichtigen Literatur- und Quellenverweisen gespickte Zeitachse zur (Vor-) Geschichte des Altkatholizismus, in welcher ein besonderes Gewicht auf dessen Bezüge zum Augustinismus gelegt wird.

[Wohl bemerkt: Eine umfassende kirchenamtliche Darstellung der Dogmatik unserer Kirche würde den Rahmen des besagten Grundlagen-Bandes sprengen. Hierzu sei vielmehr verwiesen auf die Konsenstexte des orthodox-altkatholischen theologischen Dialogs von 1975–1987. Diese Texte sind, im Rahmen eines universitären Zeitschriften-Digitalisates, abrufbar unter: http://doi.org/10.5169/seals-404765 (persistenter Link).]

SYNODOS, Band 2:
Sakramentar-Ergänzungsband

Der Titel Nordisch-katholisches Sakramentar. Ergänzungsband enthält entsprechend seinem Untertitel — Pontificale parvum & Kalendarium, — nicht nur den Kalender der unbeweglichen kirchlichen Feste, sondern auch die Liturgien der wichtigsten bischöflichen Amtshandlungen, die in deutscher Sprache benötigt werden. Dazu zählen insbesondere die bischöfliche Eucharistiefeier („Pontifikalamt“), die Diakonen- und Priesterweihe, die Beauftragung eines Subdiakons sowie die Kirch- und Altarweihe. Den Pontifikale-Teil beschließt ein kirchenmusikalischer Anhang mit den zentralen liturgischen Gesängen und Kirchenliedern, die sich für festliche bischöfliche Liturgien besonders eignen.

Der Band kann direkt vom Verlag oder im Buchhandel (ISBN 9783751989084; gebunden mit Fadenheftung, großenteils farbig) bezogen werden. Die Lieferzeit beträgt gewöhnlich ca. 4 Tage; durch die Pandemie sowie die gehobene Ausstattung bedingt derzeit etwas länger.

SYNODOS, Band 3:
Grundlegende Rechts- und Bekenntnistexte

Dieser Band bietet deutsche Übersetzungen für Bekenntnis- und Rechtstexte der Union von Scranton insgesamt sowie auch speziell der Nordisch-katholischen Kirche. Getreu dem — in anderer Formulierung auf Prosper von Aquitanien zurück gehenden — theologischen Grundsatz lex orandi lex est credendi („Die Norm des Betens ist die Norm des Glaubens“) wurden auch die beiden wichtigsten Eucharistiegebete der Union von Scranton aufgenommen. Die Texte sind jeweils, wo dies nötig ist, kommentiert; abgerundet werden die Kommentare durch einen historischen Abriss des Altkatholizismus aus traditionsverbundener Sicht.

Der Band kann direkt vom Verlag oder im Buchhandel (ISBN 9783751921435; Taschenbuch, schwarz-weißer Druck) bezogen werden. Die Lieferzeit beträgt gewöhnlich ca. 4 Tage; durch die Pandemie bedingt derzeit etwas länger.

Sicherheit?! — Vertrauen!

person holding babys hand
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von Gabriele Gerte

„Sicherheiten gibt es nicht, es gibt nur Vertrauen“

Diesen Satz habe ich einmal in einem Buch von Luise Rinser (Die vollkommene Freude) gelesen. Egal, wie man zur Autorin steht, dieser Satz drückt eine tiefe Wahrheit aus: Nichts ist sicher. Nichts bleibt wie es einmal war. Selbst die Natur hat uns dies in den letzten Tagen vor Augen geführt. Die warmen Sommertage und ihre lauen Nächte verabschieden sich und der Herbst mit seinen Herbststürmen naht. Ja, auch die Natur ist den wechselnden Jahreszeiten unterworfen. Die Blütenpracht im Sommer und Herbst vergeht, um nach der Ruhe des Winters im Frühling neu zu erwachen, sprichwörtlich aufzublühen. Dies gilt auch für andere Pflanzen wie z.B. den Gemüse- und Obstpflanzen bzw. -bäumen.

So ist es auch in unserem Leben. Der Säuglings- und Kinderzeit folgt die Jugendzeit. Die Jugendzeit wird von der Erwachsenenzeit abgelöst. Lebensabschnitte enden und neue beginnen. Der Geborgenheit der ersten Lebensjahre folgt die erste Abnabelung des Kindes von der Mutter, wenn es in den Kindergarten und dann in die Schule kommt. Die Umwelt des Kindes verändert sich. Es muss lernen mit anderen, fremden, Menschen auszukommen, es muss lernen, sich selbst und anderen zu vertrauen. Das Kind wird dabei gute und schlechte Erfahrungen machen. Es wird schöne Erlebnisse erleben aber auch Enttäuschungen. Diese werden es für sein weiteres Lebens prägen, heilsam sein, aber auch Narben hinterlassen.

Sollte das Kind in den ersten Lebensjahren in einer liebevollen Umgebung aufwachsen, sich angenommen und geliebt fühlen, ist schon viel gewonnen. Gerade die ersten Lebensjahre sind sehr wichtig für die Entwicklung eines Urvertrauens. Wer glaubt, dass er geliebt und angenommen wird, hat ein stärkeres Selbstvertrauen. Er traut sich und seinem Handeln mehr zu. Das Kind und später der Erwachsene wagt den Schritt in die Welt erwartungsvoller und mutiger. Misserfolge hauen ihn sprichwörtlich nicht so schnell um. Hat ein Mensch ein gesundes Selbstvertrauen entwickelt, kann er besser mit Enttäuschungen, sei es, dass zwischenmenschliche Beziehungen zerbrechen, ihn Krankheiten heimsuchen usw., umgehen. Er nimmt die Schicksalsschläge an und erlernt den Umgang damit. Diese Erfahrungen lassen ihn reifen, im besten Fall lernt er sogar aus ihnen.

Zurück zu unserem Ausgangspunkt: Sicherheiten im Leben gibt es nicht. Der Mensch meint zwar, sich gegen alles mögliche absichern zu können. Er versichert sich und sein Hab und Gut. (Kapitalversicherung, Auto- und Gebäudeversicherung etc.). Aber worauf es wirklich ankommt, nämlich Gesundheit, Freundschaften und Partnerschaften, lassen sich nicht ver- und absichern. Unsicherheiten begleiten uns unser ganzes Leben: Behalte ich meine Arbeit? Bleibe ich gesund? Gelingt meine Lebensplanung? Nein, nichts ist wirklich sicher.

Was bleibt aber, wenn nichts sicher ist? Wenn nichts mehr so ist, wie es einmal war? Die Welt sprichwörtlich auf den Kopf gestellt wurde? Planungen sinnlos geworden sind (oder zumindest als sinnlos erscheinen). Da hilft nur noch Vertrauen. Vertrauen darauf, dass es auch wieder weiter geht. Das auch in der Unsicherheit alles seinen Sinn hat. Dass wir gerade in der Unsicherheit noch etwas lernen können und uns reifen lassen. Denn gerade dann, wenn wir uns in Sicherheit wiegen, geschieht oft etwas Unvorhergesehenes.

Diese Erfahrungen sammelten auch die Apostel. Eben noch voller Hoffnung auf eine vielversprechende Zukunft, waren sie plötzlich durch die grausame Kreuzigung ihres Herrn verängstigt, mutlos und auf sich allein gestellt. Ihre Welt war nicht mehr wie sie einmal war. In dieser großen Unsicherheit fassten sie aber nach der Auferstehung Jesu (mit Hilfe des Heiligen Geistes) neuen Mut. Ihr Vertrauen zu Jesus und an das Evangelium kam unverbrüchlich wieder. Sie spürten die Liebe Jesu und ihr Angenommensein von ihm, trotz ihrer Schwächen. Dieses Vertrauen und der Glaube an Jesus führte die Apostel durch all die Unsicherheiten, Risiken und Gefahren ihres Lebens, und dies Tag ein, Tag aus. Verfolgung, Gefängnisaufenthalte, Hunger u.a. waren für sie eine ständige Bedrohung (Röm 8,35; 2 Kor 11,25-27). Und trotzdem gingen die Apostel mutig und voller Vertrauen zu Jesus ihren Weg der Glaubensverkündigung.

Sicherheit gibt es nicht in unserer Welt, aber es gibt Vertrauen. Vertrauen darauf, dass Jesus uns liebt, er für uns da ist und an unserer Seite bleibt in all den Unsicherheiten unseres Lebens und auch in unserer schwersten Stunde und danach. Vertrauen und bauen wir auf Jesus und beten wir gerade auch in den unsicheren Zeiten: Herr nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Ich weiß, es ist ein schwerer aber auch ungemein tröstlicher Satz. Er drückt unser Vertrauen auf Jesus aus, dass er es schon richtig machen wird — auch in unseren unsicheren Zeiten.

Gratulation an die Abtei St. Severin

[Brüder beim Gottesdienst; Gemeindeausflug 2020]

Es ist Zeit, dem Abt und den Brüdern der Zisterzienserabtei St. Severin (Orden von Port Royal = OPR) zu gratulieren: nicht nur allgemein zum Gedenktag des Zisterzienser-Gründers St. Bernhard von Clairvaux (20. August), sondern auch speziell zum zehnjährigen Jubiläum ihres Umzugs nach Kaufbeuren (Ostallgäu) im April 2010, das durch die Pandemie überschattet war. Die Stadt Kaufbeuren hat eine besondere altkatholische Geschichte, da sich dort nach dem Zweiten Weltkrieg viele sudetendeutsche Altkatholiken aus Gablonz (Bistum Warnsdorf) ansiedelten und den Stadtteil Neu-Gablonz gründeten.

Das geräumige Gebäude der Abtei gehörte früher der Bundeswehr, die dort Funker ausbildete. Was ungewöhnlich anmutet, ist jedoch keineswegs ungeheuerlich: Man kann darin eine Reminiszenz an die Ursprünge des koinobitischen Mönchtums beim heiligen Pachomios (+346) erkennen, welcher bewusst frühchristliche Askese und antike römische Militärdisziplin zusammen führte.

Im Jahrzehnt seit ihrem Umzug hat die Abtei manchen Segen und leider auch manche Entbehrung erlebt, unter anderem den Heimgang ihres Generalabts Klaus Schlapps. Bis 2010 im Katholischen Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland beheimatet, hat sich die Abtei 2011 der Nordisch-katholischen Kirche (Union von Scranton) unterstellt. Fest im Glauben und in der Liebe darf die Abtei St. Severin voll Hoffnung in die Zukunft blicken.

Ad multos annos!

[Firmung in der Klosterkapelle durch Bischof Roald 2019; rechts Abt Michael]
[Gebäude der Abtei St. Severin; ehemalige Bundeswehr-Funkerschule]

Entschlafen der Gottesmutter — eine Annäherung

[Entschlafen der Gottesgebärerin: El Greco, ca. 1565]

Eine geistliche „Bestandsaufnahme“

Eine ausgeprägte Marienfrömmigkeit ist im Altkatholizismus bekanntlich nicht überall zu finden. In einigen Regionen gibt es sie durchaus und auch sehr hingebungsvoll — gerade auch in der Polnisch-katholischen Nationalkirche Nordamerikas, mit der wir durch die Union von Scranton verbunden sind. Andernorts herrscht dagegen unter Altkatholiken große Zurückhaltung bei der Verehrung der Gottesmutter — sicher auch unter dem Eindruck ungesunder Übertreibungen wie der Forderung nach einem Corredemptrix-Dogma (Maria als „Miterlöserin“) durch gewisse römisch-katholische Kreise.

Derartige Auswüchse können aber natürlich kein Grund sein, eine gesunde, christologisch fundierte Verehrung der Gottesmutter zu vermeiden. Das Folgende ist der bescheidene Versuch einer ersten Annäherung an das Festgeheimnis der Entschlafung der Gottesmutter im Rahmen klassischer altkatholischer Theologie.

Verbindliche Lehraussagen

Der Heimgang (bzw. die Entschlafung) der heiligen Maria wird weder durch die Entscheide der Ökumenischen Konzilien noch durch den mariologischen Abschnitt des orthodox-altkatholischen Konsensdokuments (Koinonia auf altkirchlicher Basis, II/3 = IKZ 79, Beiheft zu Nr. 4, 56–58) definiert — geschweige denn durch die Utrechter Erklärung. Gelehrt wird dort lediglich, dass die Gottesmutter in sichtbarer Seligkeit in die Ewigkeit eingegangen ist.

Die Erklärung von Scranton allerdings bekräftigt, dass es katholische Lehre ist (wenngleich nicht auf der Ebene eines Dogmas), die heilige Jungfrau Maria sei am Ende ihres irdischen Lebens leiblich in den Himmel aufgenommen worden. (Der Kommentar zur Erklärung präzisiert: mit Leib und Seele.) Aber wie genau dies geschehen ist, wird offen gelassen – z.B. ob sie gestorben ist und ob ihre Seele am dritten Tage in den Körper zurückgekehrt ist, damit sie auferweckt in den Himmel eingehe. (Dies suggeriert die byzantinische Liturgie; altkirchliche Schriften zum Transitus Sanctae Mariae widersprechen sich: das Decretum Gelasianum kennt wohl nur eine und verwirft sie, PG 59,163C.)

Ansatzpunkte in Schrift und Tradition

Keines von beidem — weder die Auferweckung noch die leibliche Aufnahme in den Himmel — ist theologisch beweisbar, beides aber ist sehr plausibel. Denn Jesus hat ja das (auf Seine eigene Auferstehung verweisende) Wunder der Auferweckung auch an einer weiteren Ihm nahe stehenden Person vollbracht, nämlich an Lazarus (Joh 11,5.36.43). Und selbst die leibliche Aufnahme in den Himmel wurde noch anderen herausragenden Heiligen bzw. Gerechten zuteil: Henoch „ging mit Gott, dann war er nicht mehr da; denn Gott hatte ihn aufgenommen“ (Gen 5,24), ähnlich Elija (2 Kön 2,11).

Die sehr stark ausgeschmückten Legenden zur Entschlafung der Gottesgebärerin (Urtext-Ausgabe bei C. v. Tischendorf (Hrsg.): Apocalypses apocryphae, Leipzig 1866, 95–136) — die unter anderem eine gemeinsame Wolkenreise der Apostel zur Todesstunde der Gottesgebärerin vorsehen — sind nicht in die Textgestalt der byzantinischen Liturgie eingegangen, wohl aber in ihre Ikonographie. Ein ergreifendes — und im Unterschied zu manch anderem auch plausibles — Detail der Dormitio-Legenden ist die eingangs berichtete schwere Sehnsucht der heiligen Maria nach ihrem Sohn seit Seiner Himmelfahrt.

Eine Mittelposition zwischen westlicher Nüchternheit (vgl. die Ablehnung der Transitus-Legenden im Decretum Gelasianum) und byzantinischer legendarischer Ausschmückung nimmt interessanterweise das koptische Synaxarium ein (das Buch der in der Liturgie zu verlesenden Heiligenlegenden). Im koptisch-orthodoxen Patriarchat von Alexandria wird, wie einst in Gallien auch, das Fest der Entschlafung der Gottesmutter Ende Januar gefeiert (Synaxarium, 21. Tuba); dabei wird so wie in der byzantinischen Orthodoxie auch der besonderen Rolle des Apostels Thomas gedacht. Die Aufnahme in den Himmel hingegen begeht man als davon unterschiedenes Ereignis Mitte August und gedenkt hierbei eines Erscheinens der Gottesmutter zur Rechten ihres göttlichen Sohnes (Synaxarium, 16. Misra) in Gegenwart aller Apostel.

Die Entschlafung, ein österliches Geheimnis

Insofern handelt es sich beim Fest der Dormitio oder Assumptio Sanctae Mariae — im Unterschied zu anderen, eher weihnachtlich geprägten, die Menschwerdung Gottes vertiefenden Festen der Gottesmutter — um ein zutiefst österliches, die Auferstehung Christi entfaltendes Fest. Das selige Entschlafen der heiligen Maria und ihre Aufnahme in den Himmel sollen uns verdeutlichen, welche Macht die Auferstehung Christi an einem Menschen, der Ihm fest verbunden ist, entfalten wird. Alle Erzählungen von der Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel lehren zugleich, dass sie allein durch das Eingreifen ihres gepriesenen Sohnes aus dem Tod befreit wird und zur ewigen Seligkeit gelangt.

Die allheilige Maria (Panagia) wird zuweilen als zweite Eva angesehen, als Mutter des Gottesvolkes — insofern sie ja insbesondere den Leib Christi zur Welt gebracht und genährt hat. Ihre Mutterschaft ist für den einzelnen Christen natürlich nicht so direkt und augenfällig wie die Mutterschaft der Kirche mit ihrer sakramentalen Zuwendung. Dafür aber kann es sich in geheimnisvoller Weise um eine persönlichere Mutterschaft handeln, insofern ihr jeder am Herzen liegt, der mit ihrem Sohn verbunden ist. Und so dürfen wir uns mit ihr in Ausgelassenheit über ihren Eingang in den Himmel freuen. Wir dürfen dabei auch ihrer Fürbitte und ihres Vorbilds eingedenk sein. Und bei alledem dürfen wir ihren göttlichen Sohn preisen, nachdem sie sich so sehr gesehnt hat, denn Er ist das Leben (Joh 14,6) und hat „jenen in den Gräbern das Leben geschenkt“ (Ostertroparion).

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Oration

(aus dem Formular zur Kräutersegnung zu Mariä Entschlafung)

O Gott! Wir feiern diesen Tag, da die Mutter Deines hochgeliebten Sohnes verstorben, aber unbesiegt vom Tod in den Himmel aufgenommen worden ist. Daher bitten wir Dich: Lass diese Feier uns zum Heil gereichen. Sei mit uns, dass wir dem Herrn Jesus Christus treu sind bis in den Tod – und auf diese Weise ebenfalls die Krone des Lebens erlangen. Durch denselben Jesus Christus, unsern Herrn, der mit Dir und dem Heiligen Geist, ein einiger Gott, lebt und herrscht, jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Lied

(nach dem Konstanzer Gesangbuch, 1600)

Freu dich du Himmelskönigin, / freu dich, Maria!
freu dich, das Leid ist all dahin. Halleluja!
Bitt‘ Gott für uns, Maria.

Den du zu tragen würdig warst, / freu dich, Maria!
der Heiland lebt, den du gebarst. / Halleluja!
Bitt‘ Gott für uns, Maria.

Bitt‘ Gott für uns, so wird’s geschehn, / freu dich, Maria!
dass wir mit Christus aufersteh’n. / Halleluja!
Bitt‘ Gott für uns, Maria.

Verwandlung des Herrn — damit auch wir uns wandeln

[Theophan der Grieche: Verklärung des Erlösers, ca. 1340]

Wir begehen heute das Fest der Verklärung des Herrn, welches in der Nordisch-katholischen Kirche – so wie in den Ostkirchen und in älterer Zeit auch im Westen – ein Fest von sehr hohem Rang ist. Leider spielt dieses wichtige Fest in den Kirchen des Westens gemeinhin eine eher untergeordnete Rolle. Feste wie die Entschlafung der Gottesmutter oder auch Peter und Paul werden sehr viel stärker wahrgenommen als das Fest der Verklärung des Herrn — obwohl hier das Festgeheimnis sogar direkt im biblischen Kanon zu finden ist.

Woran das wohl liegen mag? Nun, schon der Name, die Bezeichnung des Festes ist – insbesondere im Deutschen – ein Stolperstein:

„Verklärung“ kennen wir heute nur noch in der Bedeutung einer übertriebenen, gar verfälschenden Verherrlichung, wie etwa die „Verklärung der Vergangenheit“. Treffender wäre, in Anlehnung an das Evangelium, die Bezeichnung Verwandlung, so wie in den meisten anderen europäischen Sprachen, wo von Christi transfiguratio oder μεταμόρφωσις metamórphosis die Rede ist. Das Wort „Verklärung“ entstammt der Lutherbibel und hat sich auch im katholischen und orthodoxen Sprachgebrauch für dieses Fest festgesetzt, obwohl es heute ansonsten eine ganz andere Bedeutung als zu Luthers Zeiten hat.

Wollen wir nun etwas genauer dem Grund und der Bedeutung dieser Verwandlung Christi nachgehen. Denn ein Grund für die geringe Popularität dieses Fests im Westen mag auch der relative theologische Anspruch dieses Festgeheimnisses sein. Wie können wir uns diesem Ereignis und seiner tieferen Bedeutung nähern?

Nun, manchmal geht es uns so, dass uns ein Mensch, den wir gut zu kennen glauben, völlig überrascht, geradezu verblüfft. „Warum ist ihm dieses oder jenes wichtig?“, fragen wir dann. Oder auch: „Woher weiß/kann sie dies jetzt?“

Wir können solche Verblüffung in ganz verschiedenen Kontexten erleben: Wer z.B. Kinder oder Enkel hat, die nicht mehr ausschließlich zu Hause betreut werden, kennt solche Überraschungen. Wir haben vielleicht so etwas auch auf der Arbeit erlebt, wenn ein Kollege auf einmal auf eine Frage zu sprechen kommt, über die wir vorher noch nie mit ihm geredet haben – und er sich ganz anders äußert als wir erwartet hätten. In beiden Fällen sind wir verblüfft, dass wir unser bisheriges Bild von der jeweiligen Person korrigieren müssen. Wir haben eine ganz neue Seite von ihr kennen gelernt.

Beim Hochfest der Verklärung bzw. Verwandlung Christi geht es um ein solches überraschendes Erlebnis einiger Jünger mit Jesus. Nun könnte man meinen, wer mit Jesus zusammen war, den konnte gar nichts mehr überraschen, hat er doch unzählige Heilungen, die Speisungen der 5000 und der 4000, die Stillung des Sturms oder den Gang Jesu auf dem Wasser erlebt. Doch dem ist nicht so. Was war das Besondere an der Verwandlung?

Dazu müssen wir uns etwas mehr in die Evangelien vertiefen. Die Verwandlung Christi wird von Matthäus, Markus, Lukas (den synoptischen Evangelien) mit sehr ähnlicher Akzentsetzung berichtet. Entscheidend zum richtigen Verständnis des Geschehens ist natürlich wie immer der Zusammenhang (Kontext). In den Evangelien (besonders den synoptischen) ist es hilfreich, genau zu schauen, in welchem Stadium der Wirksamkeit Christi sich der jeweilige Abschnitt (Perikope) des Evangeliums zuträgt.

In unserem Fall lesen wir wenige Verse zuvor:

  1. Den Bericht vom Bekenntnis Petri im Kreis der Jünger, wo Petrus zu Jesus sagt: „Du bist Christus (= der Messias)“ (Mk 8,29), „der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16). Petrus hat erkannt, dass Jesus nicht einfach ein charismatischer Rabbi und Wunderheiler ist, sondern dass Er die Krönung der Heilsgeschichte ist.
  2. Die erste Leidensankündigung Jesu, die Prophezeiung Seines Todes (Mk 8,31). Denn: Sein Reich ist „nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36); Er lässt sich nicht bestechen, und Er setzt sich auch nicht mit Gewalt ins Recht. Dies ist für die Jünger zunächst schwer zu akzeptieren; meist haben sie einen Messias erwartet, der eine Revolution anzetteln und einen Gottesstaat errichten wird. Da beschleicht (Mk 8,32f) Petrus die fast diabolische Frage (sinngemäß): Was für ein Messias soll das sein, der leiden will und Seine Leute mit Ihm leiden lässt?!
  3. Jesu Aufforderung zur Selbstverleugnung, zur Treue zu Christus und Seiner Lehre auch bei Widerstand (Mk 8,34f).

Es ist offenkundig eine Situation mit hoher Anspannung (zwischen der ersten und zweiten Leidensankündigung und nicht lange vor dem Aufbruch nach Judäa und Jerusalem). Da beschließt Jesus, mit dem engsten Jüngerkreis auf einen Berg zu gehen. Nicht alle Apostel sind dabei, nur der härteste Kern: Petrus, Jakobus und der Lieblingsjünger Johannes. Sogar der Bruder des Petrus, Andreas (an anderer Stelle auch zum inneren Kreis der Apostel gezählt), bleibt diesmal außen vor. Als Ort der Verwandlung gilt traditionell der Berg Tabor.

Was erlebt dieser engste Apostelkreis nun dort? Dreierlei:

  1. Die eigentliche Verwandlung Jesu zu einer teils natürlichen (als Mensch erkennbaren), teils übernatürlichen Gestalt;
  2. die Anerkennung Jesu durch Mose und Elija als Prophet von mindestens gleichem, d.h. höchstem Rang;
  3. die Bestätigung der Vollmacht Jesu durch eine göttliche Stimme aus der Wolke, ähnlich wie bei Jesu Taufe.

Dies entspricht den drei Ämtern, für die man im alten Israel gesalbt wurde und welche der Messias (haMaschiach = der Gesalbte) in einer Person zusammenführen würde:

  1. das Priesteramt* – Mittler zwischen Himmel und Erde;
  2. das Prophetenamt – Offenbarer von Gottes Willen;
  3. das Königsamt – Richter/Regent mit höchster Autorität.

(Mancher fragt sich vielleicht, was es mit den drei Hütten auf sich hat, die Petrus errichten will. Aus der Einordnung des Bekenntnis Petri vor Cäsarea Philippi im Johannesevangelium ergibt sich, dass die Verklärung bzw. Verwandlung Jesu zur Zeit des Laubhüttenfestes stattgefunden haben muss.)

Und in der Tat, unser Herr Jesus Christus hat in unterschiedlichem Grade alle drei Ämter bereits angetreten:

  1. Priester: Am Kreuz von Golgatha hat Er ein Sühnopfer für die Sünden der ganzen Welt dargebracht.
  2. Prophet: Er hat uns den wahren Willen Gottes aufgezeigt, insbesondere in dem Doppelgebot der Liebe (zu Gott und dem Nächsten) und in der Bergpredigt.
  3. König: Sein Reich hat schon begonnen – überall dort, wo man auf Ihn hört, d.h. wo der Heilige Geist Menschen zu einem Leben mit Christus führt. Und am Ende der Zeit, so schärft Er es kurz vor dem Gang auf den Tabor ein, wird Er in großer Herrlichkeit, begleitet von Engeln, zurückkehren.

Aber da gibt es noch etwas: Die Verwandlung zeigt, dass Er eben nicht ein bloßer Mensch ist, kein einfacher Wunderheiler und Weisheitslehrer. Die Evangelien berichten hier etwas, aus dem ganz deutlich wird: Christus ist nicht nur moralisch, sondern auch wirklich wesensmäßig Gottes Sohn.

Zurück an den Fuß des Tabor: Sind die Jünger nun gestärkt, ihrem Meister weiter treu zu folgen, auch bei Spott, Leid und Verfolgung? Allerdings: Jakobus besiegelt 12 Jahre später seine Treue zu Christus mit dem Tod, 20 Jahre später ebenso Petrus.

Und wir? Wir können die Verwandlung nicht mehr „live“ auf dem Tabor erleben. Doch können wir die Herrlichkeit Christi auch in den Worten und Taten, die die Evangelien berichten, erahnen. Gerade das Johannesevangelium bietet sich dafür an – gerade auch jetzt, wo wir wegen Covid-19 mehr Zeit daheim verbringen. Wer weiß, vielleicht werden am Ende auch wir verwandelt?

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* In diesem strengen Sinne ist Christus auch der einzige Priester, den es im Christentum gibt. Ein christlicher Geistlicher kann das Opfer Christi in der Eucharistie lediglich vergegenwärtigen, nicht aber wiederholen — und auch die Vergegenwärtigung ist nur möglich aufgrund (a) der ausdrücklichen Einsetzung Christi beim Letzten Abendmahl und (b) eines jeweils besonderen göttlichen Eingreifens durch den Heiligen Geist.

Olavus — Rex et Martyr

Olafs-Altarmensale, Stabkirche Haltdalen, vor 1300
(Foto Eirik Irgens Johnsen CC BY-SA 4.0)
© 2020 Kulturhistorisk museum, UiO
Gedanken zum Fest des heiligen Olaf
von Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad

Wir nähern uns dem 29. Juli und somit dem Fest des heiligen Olaf. Hierbei ist zu sagen, dass die Erinnerung an den Schutzpatron Norwegens noch sehr lebendig ist. Olaf Haraldsson ist der König, dem die Verbreitung des Christentums in Skandinavien zugeschrieben wird, zumindest in den meisten (späteren) schriftlichen Quellen. Eine große Anzahl von Quellen berichtet aus seinem Leben. Olaf war ein Nachkomme von Harald I. Schönhaar, einem Fürsten aus Südostnorwegen, welcher — nach vorübergehender Unterwerfung der westnorwegischen Jarle in der Schlacht von Hafrsfjord 872 — ein fragiles Königreich errichtete. In einer ähnlichen Schlacht, die er — allerdings im Namen Christi — gegen die sogenannte Küstenaristokratie und die mit ihr verbündete Freibauernschaft von Trøndelag focht, wurde Olaf 1030 in Stiklestad, etwa 100 km nördlich von Trondheim, getötet.

Der Olafskult und die Pilgerfahrt nach Nidaros

Olaf wurde schnell Norwegens Schutzpatron. Seine Heiligsprechung wurde nur ein Jahr nach seinem Tod in Nidaros (Trondheim) vom englischen Bischof Grimketel vorgenommen. Der Olafskult vereinte nicht nur das Land, sondern besiegelte auch die Bekehrung der Nation zum Christentum, für die der König so hart gekämpft hatte.

1032 gingen die ersten Pilger nach Nidaros, um sein Grab zu besuchen, und der Kult des heiligen Olaf verbreitete sich mit überraschender Geschwindigkeit in den nordischen Ländern und anderen Teilen Europas. Der früheste schriftliche Bericht über eine Pilgerreise stammt aus dem Jahr 1108. Anfangs waren die Pilger nur ein Teil der Reisenden auf jener Straße, aber sie gingen als eigenständige Gruppe, in Pilgerkleidung und mit anderen Unterscheidungsmerkmalen. Um die Reisebedingungen entlang der Pilgerwege zu verbessern, sah die Kirche den Brückenbau als Bußübung vor und gewährte Ablässe dafür. Die Krone setzte nicht nur die Standards für den Straßenbau fest, sondern gewährte den Pilgern allgemeine Sicherheit, errichtete Unterkünfte zu ihrem Schutz und Rasthäuser in einer Entfernung von 30 bis 40 km entlang der Hauptstraßen. Die Pilger erhielten auch königliche Privilegien wie freies Futter und Weideland für die Pferde.

aus der Olaf-Kirche (Sankt Olof, Provinz Schonen, Schweden), Vorgängerbau 12. Jh.

St. Olaf war der erste Heilige, der in Skandinavien anerkannt wurde. Innerhalb der nordischen Region war der Schrein von St. Olaf in Nidaros das älteste bekannte und wichtigste Ziel für Pilger. Kirchen wurden seinem Namen von Grönland bis Konstantinopel gewidmet. Das älteste erhaltene Gemälde des Heiligen Olaf um 1160 befindet sich auf einer Säule in der Geburtskirche in Bethlehem. Die Anzahl der Olaf-Kirchen und -Kapellen erinnert uns daran, dass die Tradition des heiligen Olaf einst in ganz Nordeuropa blühte. Vor der Reformation waren mindestens 340 Olaf-Kirchen und Olaf-Kapellen bekannt, von denen 288 außerhalb Norwegens lagen. In Schweden waren mehr als 75 Kirchen dem Heiligen Olaf gewidmet, in Dänemark um die 20 und in Finnland mindestens 13.

Nicht zuletzt in England war dieser Heilige beliebt; allein in London waren ihm sieben Kirchen gewidmet. Es ist interessant festzustellen, dass die ältesten liturgischen Texte für St. Olaf in England geschrieben wurden. Typologisch gehört St. Olaf zu einer Gruppe königlicher Heiliger wie auch der englische König Eduard der Bekenner.

Politisch diente der Kult den Interessen der norwegischen Krone, da Olafs Status als Heiliger den Anspruch der Familie auf den norwegischen Thron legitimierte. Daher hatte die Verbreitung des St.-Olaf-Kultes in weiten Teilen Nordeuropas mehr als nur religiöse Auswirkungen. Er beeinflusste das soziale und politische Leben Skandinaviens, Englands, der Normandie und des Baltikums.

Niedergang der Pilgerfahrten im Mittelalter

Schätzungen zufolge nahmen im Mittelalter rund 40.000 Menschen an der jährlichen Pilgerfahrt zu seinem Grab im Dom zu Nidaros teil. 1292 bestätigte Papst Nikolaus IV. einen einjährigen Ablass für diejenigen, die Nidaros besuchten. Infolgedessen machte die große Beliebtheit von St. Olaf in Nordeuropa Nidaros neben Compostela, Jerusalem, Rom und Canterbury zu einem der meistbesuchten Pilgerziele. Die damalige Bedeutung von Pilgerfahrten wird an der Erklärung des Papstes Bonifatius VIII. deutlich, eine Ankunft in Rom im Jubiläumsjahr 1300 würde einen völligen Ablass erwirken; daraufhin wurde nämlich die Stadt wahrscheinlich von mehr als 200.000 Menschen besucht.

Der darauffolgende allgemeine Niedergang der Pilgerfahrten im Hochmittelalter wird gewöhnlich auf die Tatsache zurückgeführt, dass der Vatikan begonnen hatte, allgemeine Ablässe zu verkaufen. Auf diese Weise konnten sich die Büßer von den Unannehmlichkeiten, die eine Reise zu heiligen Orten bedeutete, loskaufen. In der Zwischenzeit wandelte sich der Charakter der Pilgerfahrten, und sie wurden zu einer Form der populären Unterhaltung. So geben Chaucers Canterbury Tales vom Ende des 14. Jahrhunderts wahrscheinlich ein realistisches Bild von der volkstümlichen Frivolität von Pilgerfahrten in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts.

Katastrophal für die Pilgerfahrten nach Nidaros war außerdem die Ankunft des Schwarzen Todes in Norwegen im Jahr 1350. Nachfolgende Epidemien der Beulenpest in den Jahren 1360 und 1370 reduzierten die Bevölkerung um die Hälfte. Trotz dieser Widrigkeiten scheint die Verehrung des heiligen Olaf bis zur Reformation, die als geistige und politische Bombe in Norwegen eintraf, in großem Umfang fortgesetzt worden zu sein.

Die Situation nach der Reformation

Das Ende der Pilgerreisen nach Nidaros steht daher in direktem Zusammenhang mit dem Jahr 1537, als der dänische König Christian III. in Norwegen einfiel und — ohne geistige Vorbereitung — erklärte, dass das Land von nun an ein Teil des lutherischen Dänemarks sein sollte. Er erkannte, dass die politische Bedeutung des heiligen Olaf — Rex Perpetuus Norvegiae — als Symbol der norwegischen Staatlichkeit zerstört werden musste, um dies zu erreichen. Darüber hinaus hatte er auch ein Auge auf den Reichtum des Domes von Nidaros geworfen.

Die Leiche des heiligen Olaf war vom letzten Erzbischof in Sicherheit gebracht worden. Nach seiner Abreise aus Norwegen im Jahr 1537 gelangte die Leiche später in den Besitz schwedischer Soldaten, die 1564 in Trondheim einmarschierten und den Heiligen im Chor des Domes an einem heute unbekannten Ort wieder begraben haben sollen. Zuvor hatten die neuen dänischen Behörden 1540 den großen Silberschrein des Heiligen mit zwei königlichen Kronen beschlagnahmt, die zusammen mit anderen liturgischen Schätzen des Domes nach Kopenhagen gebracht und später an den Markgrafen von der Pfalz verkauft wurden.

In der Zwischenzeit hielt die norwegische Bevölkerung weiterhin die Überlieferungen um St. Olaf in Ehren, jedoch größtenteils im Verborgenen. Aus Angst, die Kontrolle zu verlieren, erklärten die neuen dänischen Behörden auf der Fürstenversammlung (Herrentag) in Larvik 1611 die Pilgerfahrt bei Todesstrafe für untersagt. Bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts gab es in Südnorwegen katholische Untergrundgemeinden. Ebenso sind unter den lutherischen Freibauern heimliche Feiern des heiligen Olaf einschließlich Prozessionen mit Ikonen und Kerzen belegt.

Die Situation heute

Erst im 20. Jahrhundert kamen die Menschen wieder als Pilger nach Trondheim, um den heiligen Olaf zu verehren, insbesondere im Zusammenhang mit der wiederbelebten liturgischen Feier des heiligen Olaf. Gruppen verschiedener Konfessionen begannen in den 1970er und 1980er Jahren auf eigene Initiative, den „St.-Olaf-Weg“ zum Nidaros-Dom in Trondheim zu beschreiten.

Kirchliche und weltliche Verantwortliche haben sich zusammengeschlossen, um diese Pilgerfahrt aus praktischer Sicht zu ermöglichen. Seit Beginn der Restaurierung und Beschilderung des Pilgerweges im Jahr 1993 wurden mehr als 5000 Kilometer entlang der neun Hauptrouten durch Dänemark, Schweden und Norwegen mit dem St.-Olaf-Logo gekennzeichnet. Am 29. Juli 1997 wurde der Hauptweg von Kronprinz Haakon offiziell eröffnet, und 2010 wurde der St.-Olaf-Weg mit allen nach Nidaros führenden Wegen als Kulturweg des Europarates zertifiziert.

Nach Angaben des Nationalen Pilgerzentrums hat die Zahl der Pilger in den letzten zehn Jahren zugenommen. Schätzungen zufolge nahmen 2019 mehr als 22.000 Pilger an den Wanderungen nach Nidaros teil, von denen mindestens 1.500 sogenannte „lange“ Pilger waren, hauptsächlich aus Deutschland.

Wer war St. Olaf?

Die Heiligenverehrung von St. Olaf zu dieser Zeit trug maßgeblich dazu bei, dass der Widerstand gegen das Christentum und die Vereinigung des Landes unter einem König aufgegeben wurde. Heute stößt Olaf Haraldssons Heiligkeit in einigen Bereichen auf Ironie und Skepsis. Die Frage ist: Kann ein Wikingersöldner, der in seiner dreißigsten großen Schlacht mit so viel Blut an den Händen starb, als Heiliger bezeichnet werden? Die mittelalterliche Kirche bewertete die Kriterien für Heiligkeit jedoch nicht unbedingt als Ausdruck persönlicher „Heiligkeit“. So wurde der heilige Olaf als Märtyrer geehrt und nicht für seine persönliche Frömmigkeit.

Die Heiligsprechung von Olaf durch Bischof Grimketel wurde 1164 von Papst Alexander III. bestätigt. Er ist auch in der Orthodoxie als Heiliger kanonisiert und daher einer der letzten berühmten westlichen Heiligen vor dem Großen Schisma.

Der St.-Olaf-Festtag wurde am 29. Juli, dem Tag seines Todes, als bedeutendes Kirchenfest in den nordischen Ländern bis zur Reformation begangen. Dann, im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, erwachte ein erneutes Interesse an Olsok („Olafsvigil“), und am 29. Juli 1930 wurde das Fest, im Zusammenhang mit der offiziellen Feier zum 900. Jahrestag des Todes von St. Olaf in Stiklestad wieder eingeführt.

Die komplexe Persönlichkeit des Wikingerkönigs kommt in der Ikonographie des heiligen Olaf deutlich zum Ausdruck. Seine Attribute sind eine Krone, eine Axt und eine allegorische Kreatur unter seinen Füßen. Die Krone reiht ihn unter die christlichen Monarchen wie Konstantin und Karl den Großen ein. Die Axt drückt einerseits seine Autorität als Gesetzgeber aus, dient aber auch zur Erinnerung daran, dass die Axt das Instrument seines Martyriums war. Der Drache unter seinen Füßen trägt ein Gesicht das seinem eigenen gleicht und wird gewöhnlich als allegorischer Ausdruck seines Kampfes um eine Besserung der eigenen Persönlichkeit gedeutet. Kurz gesagt wurde der heilige Olaf als Streiter für die Sache Gottes angesehen, der die Gesetze des Gemeinwesens schützte, als königlicher Märtyrer und als Heiliger, der über das Böse triumphierte.

Ora pro nobis, Sancte Olave!

+ Roald Nikolai

„Wie ich Gott fand … oder er mich zu sich führte“

Milliarden von Lichtjahren entfernte Galaxien
[Hubble-Teleskop; NASA, ESA, R. Thompson (Univ. Arizona)]

Ein Glaubenszeugnis

Liebe Leser und Leserinnen,

auf diesem Wege möchte ich gerne erzählen, wie ich Gott fand oder viel passender, wie er mich zu sich führte. Erst vor kurzem ist mir aufgefallen, dass Gott schon immer einen Platz in meinem Leben hatte. Ich erinnere mich an meine Kommunion. Die Geschichten aus der Bibel und die Aktivitäten in der Kinder-/Tischgruppe fand ich immer besonders spannend. Damals hatten wir das Thema „Ich bin da“ und ich ahnte nicht, wie wichtig mir dieses Thema zukünftig einmal werden würde.

Ich wurde Messdienerin. Immer wenn es mir schlecht ging oder ich mich mit jemandem gestritten habe, ging ich zum Gottesdienst um zu dienen. Danach war die Welt wieder heile. Zwischen Kommunion und Firmung spielte das Thema Glaube eher eine untergeordnete Rolle. Während der Firmung zog ich dann bei einem Treffen den Bibelvers: „Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt“ (Psalm 30,12). Dieser sowie weitere Bibelverse haben mir in dieser Zeit geholfen und mich aus einer ungesunden Situation der Entfremdung befreit. Das war das erste Mal, dass ich Gott bewusst wahrgenommen habe. Nach der Firmung im Mai 2017 verlor ich Gott wieder mehr aus den Augen, jedoch traf ich in dieser Zeit auf Menschen, die mir den Glauben offen, echt und direkt vorlebten und mir von Jesus erzählten. Dies fand seinen Höhepunkt auf der Freizeit einer Gemeinde. Nicht römisch-katholisch, aber christlich. Ich erlebte eine neue Welt, viel schöner, erfrischender, lebendiger als all das, was ich zuvor erlebt habe. Es war und ist so friedlich bei der Gemeinde. Die Sorgen verblassen und der Friede kehrt ins Herz. „Man fällt nie tiefer als in Gottes Hand.“ Genau das durfte ich erleben. Ich fühlte mich nur noch selten einsam und verlassen und wenn das doch einmal vorkam, besuchte ich meine Gemeinde oder erinnerte mich schlicht daran, dass Gott mich niemals alleine lässt. Ich erfuhr wie es in Psalm 23,4 steht: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab trösten mich.”

[Foto Gugatchitchinadze, CC-BY-SA 4.0]

Gott ist und bleibt mein Orientierungspunkt, egal wie wackelig der Boden ist auf dem wir stehen. Richte deine Augen auf Jesus und er wird es wohl machen (Psalm 37,5). Mit Vertrauen und Liebe erlebt man eine neue Welt, ein neues Leben, eine andere Zukunft und Perspektive. Denn Jesus hat uns durch sein Blut errettet, durch ihn haben wir das ewige Leben und durch den Heiligen Geist bekommen wir ein neues Leben. Ich sehe meine Mitmenschen und Gott durch ganz neue Augen. Das Leid dieser Welt wird erträglicher. Ich vertraue auf Gott. Ich vertraue darauf, dass er mich führen wird. Wie ein Vater sein Kind nimmt er mich an seine Hand und führt mich in ein Land, wo Milch und Honig fließen.

Mit dieser neuen Perspektive auf die Welt und mein Leben eröffneten sich so viele Fragen, wie Sterne am Himmel. Ich war wieder ein Kind, das so unwissend, aber auch wissbegierig war. Alles zu entdecken war und ist ein Abenteuer: Die Geschichten der Bibel, Gott kennenzulernen, andere Gläubige, neue, mutmachende Verse, Lieder, Freunde. Die Gemeinde wurde zu meiner Familie in Christus.

[König David: Tschudow-Kloster Moskau, vor 1635]

In Corona-Zeiten habe ich das Kartenspielen wieder entdeckt. Dabei kommt mir oft der Gedanke, dass Gott mich doch eine bestimmte Karte oder einen Joker ziehen lassen könnte. Oft ziehe ich die dringend benötigte Karte nicht und wenn es doch vorkommt, freue ich mich um so mehr, da ich dann evtl. zwei Karten ziehe, die ich dringend benötigt habe. Und so ist das Leben vergleichbar mit einem Kartenspiel. Manchmal wünschen wir uns, dass Gott uns unsere Wünsche erfüllt und sind enttäuscht oder verzweifelt, wenn es nicht so kommt wie wir es uns wünschen. Dabei vergessen wir oft, dass Gott nur das Beste für uns möchte: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind.” (Römer 8,28). Manchmal sollten wir uns ganz bewusst daran erinnern, dass Gott wirklich ganz und gar gut ist und uns nicht im Stich lässt, auch nicht wenn es mal schwierig wird. „Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein?” (Römer 8,31). Also schenken wir unserem Gott doch ein wenig Vertrauen und warten ab, welch guten Plan er für uns hat. Und vielleicht müssen wir dann angesichts der Komplexität dieser Welt wieder mit Kinderaugen auf die Dinge blicken.

Anna, 19

Expertenmeinung zum Sakramentar

Auf der Internetpräsenz eines bekannten Buch-Versandhändlers ist nun eine erste theologische Einschätzung unseres Sakramentars in Form einer Kurzrezension des Spezialisten für Ostkirchenkunde Professor Dr. Reinhard Thöle erschienen. Wir bedanken uns sehr für das Interesse, vor allem so kurz nach Veröffentlichung des Bandes, und geben die Kurzrezension hier wieder:

Leben aus dem Mysterium

Prof. Dr. Reinhard Thöle
(Foto RolFri65 CC BY-SA 3.0)

Das Nk Sakramentar kann als eines der wenigen gelungenen Projekte angesehen werden, bei denen die Ergebnisse der theologischen Dialoge zwischen ost- und westkirchlichen Traditionen rezipiert und umgesetzt wurden. Liturgiewissenschaftlich wurden die westliche Kartäusermesse und für die anderen Sakramente altkatholische Entwürfe aus dem 19. Jahrhundert behutsam überarbeitet, um für das Empfinden der orthodoxen Liturgik die Bereiche von Epiklese, Spendeformeln und Exorzismus zu berücksichtigen. Die gottesdienstlichen Formulare sind sprachlich einheitlich und angemessen verfasst, und das Buch kann vom Druckbild, Notenbild und der liebevollen Ausstattung mit ikonographischen Lithographien gut als Altarbuch und Rituale verwendet werden. Es wäre zu kurz gegriffen, hier die ideologischen Maßstäbe eines ängstlichen Traditionalismus anlegen zu wollen, der Liturgie wie einen besitzheischenden Automatismus betrachtet oder die seiner Gegenspielart, des Novus-Participatio-Stiles, die Liturgie nicht selten in populistisches Wohlfühlerleben auflöst. Vielmehr scheint hier der Ansatz der eucharistischen Ekklesiologie hindurch, der die Eucharistie primär als Offenbarungsgeschehen ansieht, das auch konfessionelle Besonderheiten oder Engführungen auf die sekundäre Ebene verweisen könnte.

Prof. (em.) Prof. h.c. Dr. Reinhard Thöle D.D., Theologische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg