Attende, Domine, et miserere — Merk auf, o Herr, und hab Erbarmen (UPDATE)

[Maiestas Domini, Apsis-Fresko: San Clemente, Tahull, Katalonien, ca. 1123]

Einer der schönsten Gesänge der Großen Fastenzeit (vorösterlichen Bußzeit) in der westlichen Tradition ist das Attende Domine et miserere, welches sich der hispano-mozarabischen Kirche verdankt und mehr als ein Jahrtausend alt ist. Bislang mangelte es an einer (gereimten) Übertragung dieses Hymnus in die deutsche Sprache. Überhaupt ist dieser Hymnus in deutscher Übersetzung oder Übertragung bisher wohl kaum gesungen worden. Denn der landläufig auf die spätgregorianische Melodie des Attende gesungene Text „Bekehre uns, vergib die Sünde“ von Josef Seuffert (1926–2018) ist gerade keine Übertragung des Attende, sondern eine Neuschöpfung, die sich vom existenziellen Ernst des lateinischen Originals in Form und Inhalt bewusst abhebt — und dabei leider auch eine deutliche Bezugnahme auf den Kreuzestod Jesu meidet. Eine flüssige Übersetzung dieses Hymnus ins Deutsche, idealerweise in Reimform, ist derzeit mithin noch ein Desiderat. Zur Anregung der Diskussion hierüber veröffentlichen wir nach der lateinischen Fassung auch einen aktuellen Entwurf aus der Werkstatt unserer liturgischen Kommission.

4. Tibi fatemur crimina admissa:
contrito corde pandimus occulta:
tua, Redemptor, pietas ignoscat. ℟

5. Innocens captus, nec repugnans ductus,
testibus falsis pro impiis damnatus:
quos redemisti, tu conserva, Christe. ℟

Deutsche Übertragung
auf die gleiche Melodie

Strophen 4-5:

Anmerkung

In der 5. Strophe wurde von der lateinischen Vorlage am stärksten abgewichen: Denn laut den kanonischen Evangelien spielten die falschen Zeugenaussagen aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit nicht die entscheidende Rolle bei der Verurteilung Jesu. Der unmittelbare Kontext (testibus falsis pro impiis) legt nahe, dass es sich hierbei um eine implizite antijüdische Spitze handelt. Die obige deutsche Übertragung der 5. Strophe greift den Gedanken von Röm 5,8 auf — und lenkt zugleich den Blick direkt auf den Gipfel der heiligen Vierzig Tage, das Opfer von Golgatha. Der Hymnus kann somit, wo dies ansonsten passend ist, auch während der gesamten Karwoche noch gesungen werden.

F.I.H.

Wussten Sie, dass es in Ungarn Altkatholiken gibt?

Interview mit dem altkatholischen Priester Péter Kováts.

31. Januar 2021 – IstvanNy

Péter Kováts ist seit 2015 Priester der Nordisch-Katholischen Kirche
(Bildquelle: Ungarische Mission)

Was bedeutet „Altkatholizismus“? Was hat er mit bekannten katholischen Riten gemeinsam und was sind Ihrer Meinung nach die Hauptmerkmale?

Die Altkatholiken sind von Rom unabhängige und ökumenisch engagierte Katholiken mit einer Kirchenverfassung, die sowohl bischöflich als auch synodal ist; d.h. in ihren Kirchenverfassungen kommen gleichsam demokratische Elemente vor, welche die Mitwirkung der Laien in der Kirchenverwaltung sehr betonen. Die Altkatholiken orientieren sich an der – im Großen und Ganzen – noch ungeteilten Christenheit, der „Alten Kirche“, so wie sie im ersten Jahrtausend bestanden hatte. Sie vertreten das theologische, spirituelle Erbe dieser „Alten Kirche“, im Westen „katholisch“, im Osten „orthodox“ genannt, und versuchen, dieses Erbe in die heutige Sprache zu übersetzen und einen Dialog mit der Welt zu führen. Sie wollen nicht einfach die alten Zustände konservieren, sondern akzeptieren und unterstützen auch die organische Entwicklung ihrer äußeren Formen vor dem Hintergrund (ur)alter Fundamente.

Für den Außenstehenden ist sofort ersichtlich, dass die Altkatholiken keinen obligatorischen priesterlichen Zölibat haben – eine Familie kann gebildet werden und bei uns kann sogar ein Bischof ein Familienvater sein. Die Bischöfe werden von einer Synode, die aus Laien und Geistlichen besteht, gewählt.

Der Altkatholizismus wollte ursprünglich keine unabhängige Konfession werden. Die Bewegung formierte sich im Zeichen des Widerstandes gegen die Dogmatisierung der Lehre von der Unfehlbarkeit und des universalen Jurisdiktionsprimats des Papstes, die im Jahre 1870 auf dem Ersten Vatikanischen Konzil geschah. Da die offizielle römisch-katholische Kirche die Mitglieder der Bewegung exkommunizierte, waren diese gezwungen, eine unabhängige Hierarchie aufzubauen und autonome Kirchen zu schaffen. Dabei ging es ihr nicht um eine zentralisierte „Weltkirche“. Sie bewahrte die apostolische Sukzession; die Gültigkeit der altkatholischen Weihen wird auch von Rom anerkannt, mit Ausnahme der Weihen für Frauen, die ein Teil der altkatholischen Kirchen eingeführt hat. Nach dem klassischen altkatholischen Konzept sind wir eine „Notkirche“: unser ursprüngliches Ziel war und ist, dass wir uns der römischen Gemeinschaft wieder anschließen können. Damit das tatsächlich geschehen kann, müsste aber Rom vieles verändern (im Sinne einer Rückkehr zur „Alten Kirche“).

Die einzelnen altkatholischen Kirchen haben ihre eigenen Liturgien. Diese zeigen gewisse Differenzen, doch überwiegend sind sie dem Novus Ordo der römisch-katholischen Kirche recht ähnlich, obwohl es auch „konservativere“ altkatholische Liturgien gibt. Die Liturgie in der Landessprache wurde von den Altkatholiken jedoch viel früher, bereits ab den 1880er Jahren, eingeführt.

Warum sind Sie eben altkatholisch?

Ich war ursprünglich römisch-katholisch und wollte römisch-katholischer Priester werden. Für eine kurze Zeit war ich auch Ordenszögling und Priesteramtskandidat im Prämonstratenserorden. Ich begann mich mit Theologie und Kirchengeschichte schon als Gymnasiast zu beschäftigen. Aufgrund meiner Lektüren, Studien und Erfahrungen mit der Praxis der römischen Kirche hatte ich dann zunehmend das Gefühl, dass die von Rom vertretene Form des Katholizismus in mehrfacher Hinsicht problematisch ist. Ich lernte den Altkatholizismus kennen und fühlte, dass diese Richtung den ursprünglichen katholischen Glauben am besten widerspiegelt. Da die Konfession in Ungarn nicht präsent war, trat ich 2012 einer ausländischen altkatholischen Kirche, die ihren Sitz in Norwegen hat, bei. Sie ist die Nordisch-Katholische Kirche, die europäische Gliedkirche der altkatholischen Union von Scranton. Unter der Fahne der Nordisch-Katholischen Kirche begann ich mit einigen Gefährten den Missionsdienst in Ungarn. Dank dem Vertrauen meiner kirchlichen Vorsteher wurde ich später zum Diakon und dann zum Priester geweiht.

Mit Blick auf die Welt: In welcher Weise sind die beiden bekannten Zweige der Altkatholiken, die Utrechter Union und die Union von Scranton, offen hinsichtlich der Suche nach der ökumenischen Einheit miteinander und mit anderen Konfessionen?

Beide Unionen sind sehr offen für die Ökumene. Dies war schon immer eine Herzensangelegenheit der Altkatholiken. Sie spielten bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine Vorreiterrolle im Dienst der Annäherung der Kirchen und christlichen Konfessionen.

Die liberalere Utrechter Union pflegt eher mit der Anglikanischen Kirchengemeinschaft enge Beziehungen. Im Zeichen des Bonner Abkommens von 1931 sind die beiden Gemeinschaften und ihre Gliedkirchen seit vielen Jahrzehnten in voller Sakramentengemeinschaft miteinander. Vor kurzem schloss die Union mit der Kirche von Schweden, die ehemalige schwedische lutherische Staatskirche, die viele katholische Elemente bewahrt hat, eine volle Sakramentengemeinschaft. Auch die Union von Scranton führt einen Dialog mit kleineren Kirchen in anglikanischer Tradition, bzw. legt einen sehr großen Wert auf den Dialog mit den orthodoxen Kirchen und sucht die Möglichkeit der engeren Zusammenarbeit mit ihnen. Die Mutterkirche der Union, die von polnischen Einwanderern in Nordamerika gegründete Polnisch- Nationalkatholische Kirche (PNCC), befindet sich in einer begrenzten Sakramentengemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche: in gewissen Fällen kann man einige Sakramente auch bei der jeweils anderen Kirche empfangen.

Wer sind Ihre kirchlichen Autoritäten?

Auch für uns ist der Bischof von Rom der erste Bischof, der Primas der Kirche Christi, aber keineswegs ihr allgewaltiger irdischer Leiter. In der Praxis sind meine Vorsteher der Erzbischof der Union von Scranton – seine Person ist identisch mit der des jeweiligen Ersten Bischofs unserer amerikanischen Schwesterkirche – und unmittelbar der Bischof der Nordisch-Katholischen Kirche. 

Wie sehen Sie den Reformgeist von Papst Franziskus?

Als eine solche Person, die die römisch-katholische Kirche aus Gewissensgründen verlassen hat, fühle ich mich nicht dazu berufen, um zu den inneren Angelegenheiten meiner ehemaligen Kirche – die ich übrigens auch heute hochschätze – Stellung zu beziehen. Ich würde nur so viel sagen, dass ich einen Teil der Tätigkeit von Papst Franziskus für prophetisch halte, gegen einen anderen aber habe ich ernsthafte Vorbehalte.

Welchen Kirchen stehen Sie nahe, die weder mit den (römischen) Katholiken noch mit den Orthodoxen eine volle Gemeinschaft haben?

Ich sehe den Altkatholizismus am Schnittpunkt von römischem Katholizismus – womit ich die gesamte Gemeinschaft unter der Führung des Papstes meine –, Orthodoxie und Anglikanismus. Es gibt gewisse Anknüpfungspunkte in alle drei Richtungen und sogar in Richtung Protestantismus.

Welche nächsten Schritte erhoffen Sie sich in Richtung einer möglichen Wiedervereinigung – entweder zwischen den beiden Unionen oder mit einer anderen Gemeinschaft – und was wäre von beiden Seiten erforderlich?

Zwischen den beiden altkatholischen Unionen Utrecht und Scranton sehe ich derzeit, aus menschlicher Sicht, keine Möglichkeit, zusammenzukommen. Der theologische Liberalismus der Mehrheit der Gliedkirchen der Utrechter Union und der Konservativismus der Union von Scranton lassen dies nicht zu. Darüber hinaus ist die Existenz der Union von Scranton auch ein Zeichen für eine Kluft innerhalb der altkatholischen Welt, da die amerikanische Mutterkirche der Union vor ungefähr zwei Jahrzehnten die Utrechter Union verließ, gerade wegen der dortigen liberalen Veränderungen. Natürlich sind wir Schwestern und Brüder in Christus, es gibt immer die Möglichkeit für das gemeinsame Gebet und gute persönliche Beziehungen. Und das ist schon nicht wenig.

Was die Annäherung an andere Gemeinschaften betrifft, müssen wir unbedingt betonen, dass eine geistliche Gemeinschaft unter den Christen bereits gegeben ist, wir sind Schwestern und Brüder. Auf der Ebene der Pfarreien, Gemeinden und Einzelpersonen hat der Dialog bereits unzählige und konkret gelebte Ergebnisse auf der ganzen Welt erzielt.

Wen würden Sie für das 20. und 21. Jahrhundert als Beispiel nennen, Personen, die Sie für ihr heiliges Leben hochschätzen?

Ich würde der „unbekannten Heiligen“ des 20. und 21. Jahrhunderts gedenken, der vielen, vielen heiligen Nachfolger/innen Christi, der Frauen und Männer, Mütter und Väter, Alleinstehenden, weltlichen Christen und Priester, Pastoren, Mönche, Lebenden und schon Verstorbenen, die nicht heiliggesprochen wurden und zum größten Teil auch in Zukunft nicht heiliggesprochen werden, die außerhalb ihrer unmittelbaren Umgebung zumeist völlig unbekannt sind oder waren, die – aus der Sicht der Welt – meistens nichts Spektakuläres getan haben oder tun, aber wirkliche Helden der Liebe und des Dienstes für Gott und den Nächsten sind, wirklich ein heiliges Leben führende Personen.

Worin sind Sie / Altkatholiken, „modern“?

Unsere „Modernität“ – um diesen Begriff im positiven Sinne zu verwenden – besteht vielleicht darin, dass wir versuchen, einen Dialog mit der Welt zu führen, den Menschen mit ihren Fragen, Problemen, Sorgen und Anliegen in allen Lebensbereichen mit Liebe und Offenheit Aufmerksamkeit zu schenken. Wir wollen die Menschen nicht aus einer Machtposition heraus ansprechen, nicht mit „klerikaler Vormachtstellung“, sondern mit brüderlicher, dienender Liebe. Wir nehmen ihre Fragen ernst und wollen ihnen keine nichtssagenden oder besserwisserischen „Konserveantworten“ geben, sondern nach richtigen, authentischen Antworten suchen. Natürlich sind wir nicht perfekt, oft sind wir auch nicht auf dem Höhepunkt der Situation, aber mit der Hilfe Gottes versuchen wir, unseren Idealen so nahe wie möglich zu kommen.

Wie kann man Sie erreichen?

Interessierten empfehle ich, unsere Website und unsere Facebook-Seite zu studieren. Sie können eine Nachricht an okatolikusok@gmail.com senden. Im vergangenen Herbst waren wir gezwungen, unsere Tätigkeit in organisierten Rahmen – als Altkatholische Kirche Ungarns, die als Teil der Nordisch-Katholischen Kirche fungierte – zu beenden. Aber es besteht die ernsthafte Hoffnung, dass wir 2021 den Seelsorgedienst und das Gemeinschaftsleben auf einer altkatholischen Basis in irgendeiner Form auch offiziell und organisiert fortsetzen können. Informell, als ungarische Vertretung der Nordisch-Katholischen Kirche, sind wir auch weiterhin präsent, man kann uns kontaktieren.

Webseite: https://okatolikus.weebly.com/  FB-Seite: https://www.facebook.com/okatolikus

(Veröffentlichungshinweis: Wir danken Herrn István Nyőgér, Redakteur und unabhängiger Journalist, für die Bereitstellung des Interviews. Das Original befindet sich auf der Seite: https://zoldkereszteny.blog.hu/. Der blog-Betreiber ist erreichbar über: zoldkereszteny@gmail.com. Die Übersetzung des Textes erfolgte aus dem Ungarischen. Der Inhalt spiegelt nicht notwendigerweise in allen Punkten die Ansicht der Nordisch-katholischen Mission in Deutschland wieder.)

„Auf Sion, schmücke dein Gemach!“

Die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind. Bild von Dimitris Vetsikas auf Pixabay (gemeinfrei)

Gedanken zum Fest „Mariä Lichtmess“ von J. Danz

1. Das Gesetz ist durch Mose gegeben

Vierzig Tage nach der Geburt unseres Herrn, Heilandes und Gottes Jesus Christus im Fleisch begehen wir ein Fest, das noch einmal das Göttliche Kind in den Mittelpunkt stellt. Sehr frühe Bezeichnungen sind Begegnungsfest (im Osten und im Westen) oder Fest der Reinigung. Es ist ein Fest, das Altes und Neues Testament verbindet. Maria und Josef machen sich auf den Weg zum Tempel, um das Gesetz des Mose zu erfüllen. In den Vesperprophetien des byzantinischen Ritus werden die entsprechenden Schriftstellen gelesen: „Weihe mir alle Erstgeburt!“ (Ex. 13,2). Weitere Verse sprechen davon, dass  der Herr sein Volk aus Ägypten herausführt. Dem Gottesvolk wird jetzt und heute ein neuer Moses gegeben, der sein Volk führt und leitet. Von der Unreinheit der Frau durch die Geburt spricht Lev.12, 1ff. Wenn die Zeit ihrer Reinigung vorüber ist, soll sie zum Offenbarungszelt kommen und eine junge Taube oder Turteltauben opfern. In Num. 8, 16 und 17 sagt Gott, alle Erstgeborenen unter den Israeliten bei Mensch und Vieh habe ich mir geweiht. In der zweiten Prophetie (Jes. 6,1-12) schreibt Jesaja: „Denn den König, den Herrn der Herrscharen, haben meine Augen gesehen“ (Jes.6,5). Jetzt sieht Simeon den Herrn. Er muss deshalb nicht mehr sterben wie Menschen vor ihm, die Gott sahen. Er findet Heil und Rettung. Die dritte Prophetie ist ebenfalls aus Jesaja (Jes. 19, 1-5,12,16,19-21) und gipfelt in den Vers: „Der Herr wird sich den Ägyptern kundtun. Sie erkennen den Herrn an“ (vgl. V. 21). Eben dies geschieht jetzt. Gottes Heil gilt allen. Er ist ein Licht zur Erleuchtung, auch der Heiden. Simeon bekennt dies. Simeon und Hanna erwarten das Kind und begrüßen es. Greis und Messias treffen sich, als Maria und Josef  das gegebene Gesetz erfüllen und  ihre Opfergaben in den Tempel bringen.

2. Ein Gott zum Anfassen

„Simeon nahm ihn in seine Arme und verkündete den Völkern, dass er der Herr über Leben und Tod sei und der Erlöser der Welt“ (Apostichon der Vesper: „Schmücke dein Brautgemach, Sion).

Simeon preist Gottes Heil, das allen gilt. Gott ist Licht für die Heiden und Herrlichkeit für sein Volk Israel (vgl. Lk. 2.22 ff.). Der Herr besucht sein Volk und schafft ihm Erlösung. Auf ewig bestimmt er einen Bund (vgl. Ps. 111,9). Simeon wird zum Gottesträger. Seine Hände werden gesegnet. Nicht nur Menschwerdung und Kreuzestod sind Erlösung. Auch dies ist Erlösung, wenn Gott sich nehmen und tragen lässt: „Lauf Alter. Lauf (…) nimm das Kind in den Thron deiner Arme“, ruft Hesychios im fünften Jahrhundert in einer Predigt zum Tag Simeon zu. Das Kontakion im byzantinischen Ritus fasst zusammen: „Der du den Mutterschoß der Jungfrau durch deine Geburt hast geheiligt und Simeons Hände nach Gebühr hast gesegnet, bist auch jetzt gekommen, um uns Christus Gott zu retten (…).“ Mit Simeon und Hanna begegnet Gott zum ersten Mal seinem Volk. Er begegnet jenen, die an ihn glauben.  Dass Gott alle retten will, beschreibt die Epistel des vierten Jahrhunderts, die in Jerusalem am Begegnungsfest aus dem Galaterbrief vorgetragen wurde: „(…) ihr alle seid Söhne Gottes durch den Glauben in Christus Jesus; alle nämlich, die ihr auf Christus getauft wurdet, habt das Gewand Christi angezogen. Da gilt nicht mehr Jude und Hellene, nicht Sklave und Freier, nicht Mann und Frau; denn alle seid ihr eins in Christus Jesus (…)“ (Gal.3,24-29). Das Gesetz ist durch den Glauben überwunden. Sion hat Grund sich zu schmücken. Allen Völkern soll es das Licht kund tun: „Auf, Sion, schmücke dein Gemach,…nun mache allen Völkern kund das Licht, das ihnen leuchten soll.“ (römischer Vesperhymnus)

3. Wem sonst hätte sein Licht leuchten sollen, als denen, die da sind in der Finsternis?

Das Februarfest gehört zu den ältesten und frühen im sich ausbildenden Kirchenjahr. Es wird in Jerusalem bereits im vierten Jahrhundert begangen. Das Datum war Mitte Februar, denn man rechnete 40 Tage ab dem 6. Januar, dem Tag der Theophanie. Es stand  immer im Zusammenhang mit dem Geburtsfest Christi, das ja ursprünglich auch mit dem 6. Januar verbunden war. Die Heiligland Pilgerin Aetheria bezeugt es uns in ihrem Reisebericht aus dem Ende des vierten Jahrhunderts: „Doch der 40. Tag nach Epiphanie wird hier mit allen Ehren gefeiert. Denn an diesem Tag geht die Prozession in die Anastasis und alle ziehen mit und alles wird nach seiner Ordnung mit höchster Festfreude wie beim Osterfest gefeiert.“ Justinian verlegte es in Konstantinopel 542 auf den 2. Februar. 541 war eine Pestzeit zu Ende gegangen. Auch legte er die Kindertaufe verbindlich fest. Evtl. waren dies Hintergründe, um das Fest neu in den Mittelpunkt zu stellen. Das Geburtsfest Jesu am 25. 12. war inzwischen eingeführt. Man zählte nun die 40 Tage ab dem 25.12. Das Begegnungsfest zählt in Byzanz zu den 12 Hochfesten. In Rom wird der 2. Februar seit dem 7. Jahrhundert als Feiertag begangen. Im 5. Jahrhundert wird es in Jerusalem um einen Lucernariumsritus erweitert. Die Stifterin des Kathismaklosters, zwischen Jerusalem und Bethlehem gelegen, die fromme und reiche Matrone Hikelia, regte um 450 an, brennende Kerzen zu tragen. Die Gläubigen Jerusalems ziehen nun gen Bethlehem, um ihren König in seine Stadt zu geleiten. Die Straße von Bethlehem nach Jerusalem wird an diesem Tag zur Prozessionsstraße. Sammelpunkt war vielleicht das Kathismakloster. Die Gemeinde geht dem wahren Licht entgegen und trägt es nach Jerusalem wie Maria das Kind, das Licht, getragen hat. Es ist der erste Besuch Jesu in der Hl. Stadt. Gott selbst, der König aller, kommt in die Stadt. „Er begründet das neue christliche Jerusalem.“ (Hesychios) Der Prophet Habakuk sagte, von Teman her kommt Gott, unter ihm Glanz gleich dem Licht, Strahlen ihm zur Seite (vgl. Hab. 3,3 f.). Dies erfüllt sich nun. Die klugen Jungfrauen nehmen ihre Lampen und machen sich auf zur Begegnung mit ihrem Bräutigam (vgl. Mt. 25,1 f.). Licht aus der Höhe lenkt unsere Schritte auf den Weg des Friedens (vgl. Lk. 1,78 f.). Für die Gläubigen des Jerusalems byzantinischer Zeit war das Kommen Gottes Anlass zu großer Freude und Dankbarkeit.  Die alte römische Liturgie forderte uns im Prozessionsgesang auf: „Schmücke dein Brautgemach, Sion! Christus den König nimm auf. Umfange Maria; sie ist die Pforte des Himmels; ganz ähnlich formulieren es die oben erwähnten byzantinischen Vesperstichiren. Auch uns ruft der frühchristliche Prediger Hesychios zu: „Lauf Alter. Lauf!“ Laufen wir dem Licht entgegen, das uns zu Lichtes Kindern macht! Denn Christus ist „das Licht der Welt. Wer ihm nachfolgt, wandelt nicht in der Finsternis, sondern  hat das Licht des Lebens“ (vgl. Joh. 8,12).

Benutzte Literatur

Brakmann H., Christi Lichtmess im frühchristlichen Jerusalem, Orientalia Christiana Analecta 260, Rom 2000
Egeria, Itinerarium, Freiburg 1995 (= Fontes Christiani, Bd. 20)
Keel O./Küchler M., Orte und Landschaften der Bibel, Bd. 2, Zürich, Einsiedeln, Köln 1982
Lektionar zum Stundenbuch, Freiburg 1978
Vretska Karl, Die Pilgerreise der Aetheria, Klosterneuburg 1958

 

Als die Zeit erfüllt war

Wort zur Weihnacht von Bischof Roald Nikolai Flemestad

[Anbetung der Weisen: Menologion Basileios‘ II., 10. Jh.]

Im Advent 2020

Als aber die Erfüllung der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, der von einer Frau geboren und dem Gesetz unterworfen wurde.“ (Gal 4,4) Mit diesem kurzen, aber wesentlichen Satz fasst der heilige Apostel Paulus das Geheimnis der Inkarnation — der Menschwerdung Gottes — zusammen.

Bei diesem Zitat gilt es zunächst, die Vergangenheitsform zu bemerken (welche sich auch im griechischen Urtext des Neuen Testamentes findet). Der heilige Paulus betrachtet die Geburt Christi im Lichte einer Verheißung Gottes an das Volk Israel, die Jahrhunderte zuvor durch den Propheten Jesaja ergangen war: „Darum wird der Allherr selbst euch ein Zeichen geben: Seht, die Jungfrau wird guter Hoffnung werden und einen Sohn gebären, dem sie den Namen Immanuel geben wird.“ (Jes 7,14) Somit offenbart die Jungfrau Maria — durch die Geburt Jesu in Bethlehem — dies: dass Gott zur Erfüllung seines göttlichen Planes handelte, als Jahrhunderte später die Zeit dafür gekommen war. Ja, obschon es in einem Stall, von einer Frau aus einfachen Verhältnissen geboren wird, ist das Kind Jesus bereits Gottes Sohn. In ihm ist der göttliche Logos Mensch geworden! Unser Erretter teilt unser Menschsein (die conditio humana) und ist daher unser Bruder:  „So hat sich die Gnade Gottes und die Gnadengabe des einen Menschen Jesus Christus erst recht für die Vielen überreich erwiesen.“ (Röm 5,15)

Dies ist an und für sich schon eine erstaunliche Behauptung; hierdurch wird die Geburt Jesu zum Epizentrum der Weltgeschichte. Auf den ersten Blick mögen uns die Ereignisse, aus denen sich die Geschichte der Menschheit zusammensetzt, wie ein sinnloses Verfließen der Zeit erscheinen; jetzt aber bekommen wir gesagt, dass alles einen eigenen ihm innewohnenden Sinn hat. Denn auf geheimnisvolle Weise ist in alledem, was damals, heute und in Zukunft geschieht, auch die Geschichte unserer Erlösung verwoben: die Heilsgeschichte. Letztlich hält Gott das Schicksal der ganzen Welt in seinen Händen.

Die weltumfassende Bedeutsamkeit der Geburt Jesu kommt in der Geschichte von den Weisen aus dem Osten zum Ausdruck, die den Weg nach Bethlehem beschritten, um dem Jesuskind in der Krippe Tribut zu zollen; sie „warfen sich vor ihm nieder und beteten ihn an; alsdann taten sie ihre Schatzbeutel auf und brachten ihm Geschenke dar: Gold, Weihrauch und Myrrhe.“ (Mt 2,11)  

Ebenso lautet die Botschaft an uns am Christfest, dass wir unser Herz für Jesus auftun und ihn anbeten sollen, indem wir ihm uns selbst als Geschenk und Gabe darbringen. So können wir trotz all des Sonderbaren und Verdrießlichen, das sich rings um uns ereignet, mit Zuversicht unseren eigenen Platz in der Heilsgeschichte einnehmen.

Gesegnete Weihnachten!

+ Roald Nikolai

Dr. Roald Nikolai Flemestad (Oslo) ist Bischof der Nordisch-katholischen Kirche.

Adventus Domini: Zeit stiller Sehnsucht

[Christus der Weltenherr, Kathedrale von Cefalù (Sizilien), ca. 1150]

Tauet, ihr Himmel, von oben herab,
und ihr Wolken, regnet Gerechtigkeit!
Die Erde tue sich auf und bringe Heil hervor,
und Gerechtigkeit wachse zugleich!
Ich, der Herr, habe es geschaffen.
(Jes 45,8)

I.

Welche Macht hat der Mensch? Was vermag eine menschliche Gesellschaft durch koordiniertes Handeln zu bewirken? Kann eine gut organisierte Gesellschaft für lauter Wohlergehen und Gerechtigkeit sorgen?“ Solche Fragen bewegen den Menschen nicht nur in Zeiten von Pandemien. Wer sie allzu optimistisch beantwortet, begibt sich leicht in den Bereich des Machbarkeitswahns und der politischen Utopien, die seit ältester Zeit zu viel Unheil geführt haben.

Die jüdisch-christliche Tradition hält hier eine realistische Sicht dagegen. Sie weiß um die Begrenztheit der menschlichen Möglichkeiten, nicht zuletzt auch in moralischer Hinsicht. Sie weiß wohl um die hohe Verantwortung, die der Mensch für sich selbst und für andere trägt. Sie richtet ihre Sehnsucht jedoch auf das Handeln Gottes und insbesondere auf das — teils noch ausstehende — Handeln durch einen von Ihm besonders Beauftragten, den Messias (hebräisch haMaschiach, der Gesalbte). Als Christen sind wir überzeugt, dass die historische Person Jesus von Nazareth dieser Messias Gottes gewesen ist, ja noch mehr: dass Er die menschgewordene Weisheit Gottes, Sein fleischgewordenes Wort ist — und dass sein Wirken andauert und einst für alle Welt in überragender Weise sichtbar werden wird.

Für uns Christen ist der Advent eine stille, sehnsuchtsvolle Jahreszeit mit einem dreigeteilten Charakter. Erstens erinnern wir uns, dass wir von dieser Welt nicht die letzte Glückseligkeit erwarten dürfen — unter anderem weil „der Mensch nicht vom Brot allein lebt“ (Dtn 8,3 = Mt 4,4). [Daher ist der Advent traditionell ja auch eine Zeit des Fastens und der Umkehr; das Gewürzgebäck sollte einst den Fleischverzicht erleichtern.] Zweitens gedenken wir der Ankunft des ewigen Wortes Gottes in dieser Welt — in einem Menschenkind, Jesus von Nazareth, der eine fundamentale Zeitenwende eingeleitet hat, von der wir später noch sprechen wollen. Drittens richten wir unseren Blick mit Hoffnung, Sehnsucht und auch Ehrfurcht auf Seine Wiederkunft, die unsere Erlösung vollenden und vollkommene Gerechtigkeit für die ganze Welt herstellen wird: „Seiner Herrschaft wird kein Ende sein.“ (Nizänisches Glaubensbekenntnis)

II.

Die eingangs zitierten Worte aus dem zweiten Teil des Jesaja-Buches („Deutero-Jesaja“) sind aber nicht nur ein Ausdruck der Sehnsucht, sondern für gläubige Juden und Christen ein zuverlässiges Unterpfand ihrer Hoffnung auf das Heilshandeln Gottes — in der Geschichte der Menschheit und besonders jener des Volkes Israel. In der Westkirche kommt diesem Vers seit Urzeiten eine besondere Rolle in der Liturgie des Advent zu: Schon das liber comitis aus dem 5. Jahrhundert bezeugt die Lesung aus Jes 45,1-8 für die Vigil am Vorabend des letzten Adventssonntages. Und seit vielen Jahrhunderten erklingt der letzte Vers auch als Introitus in den Messfeiern zum letzten Adventssonntag und an weiteren Tagen des Advent, zuweilen auch heute noch auf Latein: Rorate caeli desuper, et nubes pluant iustum. — „Tauet, ihr Himmel, von oben, die Wolken mögen den Gerechten herabregnen.“ (*)

Dieses Jesaja-Wort ist eingebettet in die Weissagung über Gottes Heilshandeln durch den Perserkönig Kyrus, der das Ende des babylonischen Exils der Juden einleiten sollte. Für die Zeitgenossen des Propheten ungeheuerlich: Ausgerechnet ein persischer König, dem die jüdische Religion noch fremder angemutet haben muss als den assyrischen und babylonischen Herrschern, würde den Befehl zum Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels geben! Könnte es einen deutlicheren Hinweis auf die göttliche Vorsehung in der Weltgeschichte geben? Und doch geschah es genau so um das Jahr 538 v.Chr.

Doch dabei belässt es der Prophet nicht. Im obigen Zitat bezeugt er, dass sogar Wolken und Erdboden zu Heilswerkzeugen Gottes werden können. Das ist keine zufällige Metapher; denn als „Gott des Himmels und der Erde“ wurde der Gott Israels zuweilen auch den Nicht-Juden vorgestellt. Die Worte des obigen Jesaja-Verses dienen zugleich der Relativierung menschlichen Größenwahns. Denn wahre Gerechtigkeit und wahre Glückseligkeit — nicht bloß im vergänglichen materiellen, sondern im existenziellen und metaphysischen Sinn — hängen nicht von menschlicher Kompetenz, Integrität bzw. Unzulänglichkeit ab. Nein, Gerechtigkeit und Heil sind eine Gabe Gottes. Und so wie der Mensch weder den Regen noch das Wachsen der Feldblumen verhindern kann, so kann er auch nicht das souveräne, einmal beschlossene Heilshandeln Gottes vereiteln.

III.

Worin besteht nun dieses besondere Heilshandeln Gottes? Zunächst in der tatsächlichen, historischen Ankunft des Herrn (adventus Domini) etliche Jahrhunderte nach Jesajas Prophetie — will heißen: im Hineintreten Gottes in die Menschheitsgeschichte durch Sein Ihm wesensgleiches ewiges Wort, Jesus Christus. Diese erste Ankunft war noch nicht das Gericht über unsere gefallene Welt. Vielmehr hat er durch äußerste Aufopferung seiner selbst die versöhnte Gemeinschaft mit Gott ermöglicht; wer sich ihm anschließt, hat bereits Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott. Bei seiner Wiederkunft wird er zum Gericht erscheinen, ein gerechtes, vollkommenes Urteil über die ganze Welt und ihre Geschichte sprechen. Dabei dürfen sich all jene gerettet wissen, die ihm angehören — indem sie ihr Vertrauen auf ihn setzen und nicht auf ihr eigenes Denken, Tun und Lassen.

IV.

Haben wir jetzt nicht viel zu viel hineingelesen in dieses Jesaja-Wort? Im Kontext betrachtet durchaus nicht! Denn in demselben zweiten Teil des Jesaja-Buches findet sich auch das berühmte Lied vom leidenden Gottesknecht:

Verachtet war er und verlassen von den Menschen,
ein Mann der Schmerzen und mit Krankheit vertraut; […]

doch er wurde durchbohrt um unserer Übertretung willen,
zerschlagen wegen unserer Missetat;
die Strafe, uns zum Frieden, lag auf ihm,
und durch seine Wunden sind wir geheilt.
(Jes 53,3a.5)

Bereits von der Urkirche wurde das Kapitel, dem diese Verse entnommen sind, auf die Passion Christi gedeutet (Apg 8,32-35; 1Petr 2,21-24). Gerade für die Advents- und Weihnachtszeit sind dies bedenkenswerte Verse, denn schon bei seiner Geburt war für Gottes einzig gezeugten Sohn, für Sein menschgewordenes Wort „kein Platz in der Herberge“ (Lk 2,7). So beschränkt sich auch das Johannesevangelium statt einer Geburtsgeschichte auf die Feststellung: „Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Joh 1,11)

Diese Verlassenheit seitens der Menschen, für die er gekommen war, fand im Kreuz von Golgatha ihren furchtbaren Höhepunkt. Doch ist das Kreuz kein „Scheitern“ der Mission Jesu, sondern es ist erst ihr Auftakt; es ist ja die Voraussetzung für seine Auferstehung und für unsere Versöhnung mit dem lebendigen Gott. So gehören Krippe, Kreuz und Christi Herrlichkeit zusammen. Den Blick auf diesen Zusammenhang gerichtet mögen wir den Advent wiederentdecken, als das, wozu er uns dienen soll: als Zeit der stillen Einkehr, der Umkehr und der tiefen Sehnsucht nach Gott.

Tauet, ihr Himmel, von oben,
ihr Wolken, regnet den Gerechten;

die Erde öffne sich, lasse sprießen den Heiland
und es komme zugleich hervor die Gerechtigkeit.

* So heißt es in der lateinischen Übersetzung von Jes 45,8 (in der Vulgata des Hieronymus). Diese spricht im ersten Halbvers statt von dem Gerechten statt von Gerechtigkeit und im zweiten Halbvers statt von Heil von dem Heiland. Beide Übersetzungsvarianten lässt der ursprüngliche unvokalisierte hebräische Text, den auch St. Hieronymus vorliegen hatte, zu. Zugleich ist einzuräumen, dass die lange vor Hieronymus angefertigte griechische Übersetzung der Septuaginta die spätere (masoretische) Vokalisierung stützt. Im Lichte der kirchlichen Christologie betrachtet sind jedoch beide Übersetzungen inhaltsgleich.

Hilfe für Bedürftige in Ungarn

[Heilige Elisabeth von Ungarn: Simone Martini, ca. 1325]

Vor Kurzem hat das Martinuswerk e.V., der Förderverein der Nordisch-katholischen Mission in Deutschland, ein neues caritatives Projekt begonnen: Wir sammeln hier in Deutschland neue und gut erhaltene gebrauchte Kleidung, um sie nach Ungarn zwecks Verteilung an Bedürftige zu senden. (Perspektivisch ist auch an weitere Gegenstände des täglichen Gebrauches zu denken.) Der nordisch-katholische Geistliche in Szombathely, dem Geburtsort des heiligen Martin, und ein Gemeindeglied seines Vertrauens werden persönlich sicher stellen, dass alles auch dort ankommt, wo es wirklich benötigt wird. Am heurigen Tag der heiligen Elisabeth von Thüringen und Ungarn, bitten wir besonders herzlich um Unterstützung dieses Werkes, sei es durch Gebet, Sachspenden oder Geldzuwendung. Gott segne Geber und Gaben!

Ansprechpartner in Deutschland und Ungarn:

Priester Péter Kováts

Licht der Hoffnung in dunkler Zeit

Speyerer Evangelistar (Codex Bruchsaliensis 1) um 1200

Ich bin das Licht der Welt: wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.

Johannesevangelium 8,12

In unseren Gedanken und in unserer Fürbitte sind wir bei allen Menschen, die sich in diesen Tagen und Wochen um ihre Gesundheit, ihre wirtschaftliche Existenz oder das Wohl ihrer Angehörigen sorgen — und bei all jenen, die das Menschenmögliche tun, damit auch in dieser Lage das Leben weitergeht. Wir gedenken der Opfer der islamistischen Anschläge in Paris, Nizza und Wien sowie ihrer Angehörigen — und aller Opfer von Krieg, Verfolgung und Gewalt weltweit.

Gebetsvorschläge

In Zeiten von Epidemien

Allmächtiger und allbarmherziger Gott! In dieser Zeit schwerer Krankheit fliehen wir zu Dir, unserem Beistand. Wir ersuchen Dich: Errette uns aus der Gefahr; gib allen, die sich der Kranken annehmen, Kraft und Geschick; schenke Erfolg beim Einsatz jeglicher Heilmittel. Und lass uns erkennen, wie hinfällig und ungewiss unser Leben ist, damit wir unser Herz ausrichten auf die himmlische Weisheit, die zum ewigen Leben führt. Durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.

Um die Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit

Herr, himmlischer Vater. Durch Deinen einzig gezeugten Sohn Jesus Christus hast Du uns gelehrt, Dich um das tägliche Brot anzurufen. Du gibst allen Speise zur rechten Zeit. Blicke gnädig auf unsere Arbeit und unsere Sorge; lass unsere Mühen nicht vergeblich sein; gib Gedeihen dem, was wir pflanzen; segne in Deiner Huld, was Du uns spendest. Und stärke unser Vertrauen auf Deine väterliche Führung und Leitung, damit wir uns stets an Deine Güte erinnern. Durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Herrn. Amen.

Um den Frieden

Himmlischer Vater. Du lässt Deine Sonne aufgehen über Gute und Böse und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte. Gib Deinen Kindern den Frieden, den die Welt nicht geben kann. Lass uns an Deinen Geboten festhalten und, durch Deine Gnade beschützt vor allen Gefahren des Leibes und der Seele, unsere Tage in Ruhe zubringen. Durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Herrn. Amen.

Der heilige Lukas — Arzt des Leibes und der Seele

[St. Lukas schreibt die erste Ikone (Hodegetria): Russland, frühes 15.Jh.]

Gedanken zum Lukasfest (18. Oktober) 2020

Nach einer Woche, die vor allem von Sorge um die aktuellen SARS-CoV-2-Infektionszahlen geprägt war, feiert die Kirche das diesjährige Fest ihres vielleicht berühmtesten Arztes: das Fest des heiligen Evangelisten Lukas, vielseitig begabter Reisebegleiter des Völkerapostels Paulus. Nicht nur die kirchliche Tradition, sondern auch bedeutende zeitgenössische Neutestamentler wie Martin Hengel (1926–2009) erkennen in Lukas den Autor des nach ihm benannten Evangeliums und der Apostelgeschichte — zwei Bücher des Neuen Testaments, deren (schon in den Vorworten angedeuteter) Anspruch die besondere Genauigkeit und Verlässlichkeit der Darstellung ist. Das Lukasevangelium zeichnet sich zudem aus durch das charakteristische Interesse an der Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu — ferner auch durch einen besonderen Kunstsinn, der in der Überlieferung der Cantica Magnificat, Benedictus und Nunc dimittis, des Ave Maria und des Beginns des Gloria in excelsis (Große Doxologie) zum Vorschein kommt. Wenn man nun noch die anatomische Vorbildung in Rechnung stellt, die Lukas als Arzt auch bereits in der Antike gehabt haben muss, wird sehr plausibel, warum er in der kirchlichen Überlieferung als erster Ikonograph gilt. So soll er als Erster (und mit Kunstfertigkeit) die Gottesmutter mit Jesuskind — im Typus der Hodegetria (Wegweiserin) — gemalt haben.

Gerade in diesen Tagen dürfen wir uns nun vom Glaubensvorbild des heiligen Lukas inspirieren lassen. Denn als Arzt lag ihm die physische Gesundheit der ihn umgebenden Menschen besonders am Herzen, und so wurde er (wie die heutige Epistel lehrt) zum treuesten Reisebegleiter des heiligen Paulus von Tarsus. Zugleich wird er jedoch durch das Vorbild des Völkerapostels immer wieder daran erinnert worden sein, dass die Gesundheit der Seele, angesichts ihrer Unsterblichkeit, sogar ein noch höheres Gut ist. So kam es, dass er seine vielfältige Begabung in den Dienst der Verkündigung der Frohen Botschaft Jesu Christi gestellt hat, um

seinem Volk die Kenntnis des Heils zu verschaffen
durch Vergebung ihrer Sünden […],
um denen Licht zu spenden, die in Finsternis und Todesschatten sitzen,
und unsere Füße auf den Weg des Friedens zu leiten.

Lk 1,77.79

Wie können nun auch wir von Lukas, dem Arzt des Leibes und der Seele lernen? Es liegt im Grunde auf der Hand; es ist in mancherlei Hinsicht erschreckend einfach: Indem wir in diesen Tagen nicht nur auf Abstand, Hygiene und Alltagsmaske (AHA) achten, sondern uns auch immer wieder daran erinnern, dass dieses Leben endlich und vorläufig ist — und dass es uns und auch den Menschen in unserer Umgebung als Vorbereitung auf die Ewigkeit dienen soll.

Wir dürfen das diesseitige Leben, als Teil von Gottes guter Schöpfung, ganz gewiss nicht geringschätzen. Aber um es in seiner ganzen Tragweite zu verstehen, müssen wir es von der Ewigkeit her betrachten. Warum? Weil unsere Seele unsterblich, für die Ewigkeit geschaffen ist. Diese Ewigkeit nun können wir nur entweder auf ewig in versöhnter Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott verbringen — oder aber in ewiger Trennung von Ihm, dem ewigen Licht und Quell des Lebens; ein Drittes gibt es nicht! Die Krankheit der Seele besteht nun gerade darin, nicht die versöhnte Gemeinschaft mit Gott durch Vergebung ihrer Sünden (Lk 1,77) zu suchen, sondern allzu kurzsichtig anderes für scheinbar dringlicher, wichtiger und kurzfristig bequemer zu erachten. Die gute Nachricht, die Frohe Botschaft (griech. euaggelion, davon lat. evangelium), aber ist dies: dass wir von jener Krankheit der Seele geheilt werden können — und zwar, indem wir den Sinn unseres Lebens bei Jesus Christus, dem menschgewordenen Wort (Logos) des lebendigen Gottes, suchen. Unser Leben im Diesseits und im Jenseits Ihm anzuvertrauen, ist daher die große Chance unseres irdischen Lebens — eine vergleichbare gibt es nicht und wird auch nicht kommen! Versäumen wir daher nicht, diese Chance zu ergreifen und auch immer wieder neu zu ergreifen, wenn sie uns zu entgleiten droht — damit unser Leben nicht länger ohne bleibenden Sinn verrinnt. Und enthalten wir auch den Menschen in unserem Umfeld diese rettende Botschaft nicht vor. Denn: In keinem andern ist die Rettung zu finden; denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir gerettet werden sollen. (Apg 4,12)

Unser Vertrauen immer wieder auf Jesus Christus, den wesensgleichen Sohn Gottes, zu setzen, können wir einüben. Denn selbst wenn uns einmal die Worte versagen sollten angesichts von Sorge und Anfechtung, können wir zu Ihm rufen mit den einfachen Worten des Evangeliums:

Herr Jesus, ich glaube,
hilf meinem Unglauben!
Gott, sei mir Sünder gnädig.

Her.

Eigentexte zum Lukastag

Tagesgebet

Allmächtiger Gott! Du beriefst Lukas den Arzt, der um seines Evangeliums willen gepriesen wird, zum Arzt der Seele. Lass es Dir wohlgefallen, durch die heilsame Arznei seiner Lehre die Krankheiten unserer Seelen zu heilen. Durch Deinen Sohn, Jesus Christus, unseren Herrn, der mit Dir und dem Heiligen Geist, ein einiger Gott, lebt und herrscht, jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Epistel

2 Tim 4,5–15

Du aber bleibe nüchtern in jeder Hinsicht, nimm die Leiden auf dich, richte die Arbeit eines Predigers der Heilsbotschaft aus und versieh deinen Dienst voll und ganz. 6Denn was mich betrifft, so wird mein Blut nunmehr als Trankopfer ausgegossen, und die Zeit meines Abscheidens ist da. 7Ich habe den guten Kampf gekämpft, habe den Lauf vollendet, den Glauben unverletzt bewahrt: 8fortan liegt für mich der Siegeskranz der Gerechtigkeit bereit, den der Herr, der gerechte Richter, mir an jenem Tage zuteilen zuerkennen wird; jedoch nicht nur mir, sondern überhaupt allen, die sein Erscheinen mit Liebe erwartet haben. 9Komm möglichst bald zu mir, 10denn Demas hat mich aus Liebe zur jetzigen Weltzeit verlassen und ist nach Thessalonike abgereist, Crescens nach Galatien, Titus nach Dalmatien; 11nur Lukas ist noch bei mir. Nimm Markus zu dir und bringe ihn mit; denn ich kann ihn zu Dienstleistungen gut gebrauchen. 12Tychikus aber habe ich nach Ephesus gesandt. 13Den Reisemantel, den ich in Troas bei Karpus zurückgelassen habe, bringe mir mit, wenn du kommst, auch die Bücher, besonders die Pergamentblätter. 14Der Schmied Alexander hat mir viel Böses angetan: der Herr wird ihm nach seinem Tun vergelten. 15Nimm auch du dich vor ihm in acht, denn er ist unsern Aussagen mit Entschiedenheit entgegengetreten.

Evangelium

Lk 10,1–7a

Hierauf aber bestellte der Herr noch siebzig andere (Jünger) und sandte sie paarweise vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst zu gehen gedachte. 2Er sagte zu ihnen: »Die Ernte ist groß, aber klein die Zahl der Arbeiter; darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld sende! 3Geht hin! Seht, ich sende euch wie Lämmer mitten unter Wölfe. 4Nehmt keinen Geldbeutel mit euch, auch keine Reisetasche und keine Schuhe, und lasst euch unterwegs mit niemand in lange Begrüßungen ein. 5Wo ihr in ein Haus eintretet, da sagt zuerst: ›Friede (sei) mit diesem Hause!‹ 6Wenn dann dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird der Friede, den ihr ihm gewünscht habt, auf ihm ruhen; andernfalls wird euer Friedensgruß zu euch zurückkehren. 7In demselben Hause bleibt dann und esst und trinkt, was man euch bietet; denn der Arbeiter ist seines Lohnes wert.«

Kritik an Bischofsweihe in „Christ-Katholischer Kirche“ (KNA)

Die Veröffentlichung des folgenden Artikels aus „Ökumenische Information“ (Nr. 21 vom 21.05.19, S. 2) erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Für die Erlaubnis zur Verwendung des Beitragsbildes bedanken wir uns bei der Firma Holyart.

Düsseldorf/Urspringen Die altkatholische „Union von Scranton“ hat die kirchenrechtliche Rechtmäßigkeit der Bischofsweihe der „Christ-Katholischen Kirche“ (CKK) in Deutschland bestritten. Am 19. Mai wurden in der Schlossparkhalle im unterfränkischen Urspringen Klaus Mass zum Bischof und Thomas Doell zum Weihbischof geweiht. Die Weihe spendeten nach einem Bericht der „Main-Post“ die Bischöfe Gerard Laplante (Hauptzelebrant) und Jürgen Schmode von der Altkatholischen Kirche von Britisch-Kolumbien sowie Hansjörg Peters (Altkatholische Kirche der Slowakei) und Adam Rosiek (Altkatholische Nationalkirche in Polen).

„Sakramental zweifelhaft“

Die Union von Scranton sprach von unerlaubten und „sakramental zweifelhaften“ Weihen. Weder ein Bischof der Union von Scranton noch der Utrechter Union, die den größeren Teil der Altkatholiken weltweit repräsentiert, sei beteiligt. Die CKK sei seit Juni 2018 nicht mehr mit der Union verbunden, betonte diese in einer Pressemitteilung. Im vergangenen Sommer hätten Mass, Doell und einige weitere deutschsprachige Geistliche und Gläubige sich von der zur Union gehörenden Nordisch-Katholischen Kirche losgesagt und die CKK als selbstständige Jurisdiktion gegründet. Diese werde aber von der Union nicht anerkannt.

Die altkatholischen Kirchen entstanden aus Protest gegen das Erste Vatikanische Konzil (1869/70), das die päpstliche Unfehlbarkeit in Fragen des Glaubens und der Sitte sowie die oberste Leitungsgewalt des Papstes in der Kirche festschrieb. Die Altkatholiken betrachten dies als Bruch mit alten Glaubensüberlieferungen. Zusammengeschlossen sind ihre Kirchen zum größeren Teil in der 1889 gegründeten Utrechter Union. 2003 zerbrach diese im Streit um die Ordination von Frauen und die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Um die Kirche der polnischen Altkatholiken in Nordamerika bildete sich ein neuer Zusammenschluss, die Union von Scranton. © KNA

Richtigstellung aus gegebenem Anlass vom 14. Mai 2019

Die Nordisch-Katholische Kirche veröffentlicht aus Anlass der für den 19. Mai 2019 vorgesehenen Bischofsweihen der „Christ-Katholischen Kirche in Deutschland“ folgende Richtigstellung:

1) Die sog. „Christ-Katholische Kirche in Deutschland“ (CKK) um Klaus Mass und Dr. Thomas Doell gehört bereits seit Juni 2018 nicht mehr zur altkatholischen Union von Scranton.

2) In Wirklichkeit ist einzige europäische Diözese der altkatholischen Union von Scranton die Nordisch-Katholische Kirche mit Bischofssitz in Norwegen.

3) Der Bischof der Nordisch-Katholischen Kirche hat im Juni 2018 Klaus Mass als Generalvikar ihrer deutschen Administratur, die bis dahin den Namenszusatz „Christ-Katholische Kirche in Deutschland“ trug, seines Amtes enthoben und vom Klerikeramt suspendiert.
Der Erzbischof der Union von Scranton hat diese Entscheidung der Nordisch-Katholischen Kirche uneingeschränkt befürwortet.

4) Im Juli 2018 haben sich Mass, Doell und einige weitere deutschsprachige Geistliche und Gläubige von der Nordisch-Katholischen Kirche losgesagt und die „Christ-Katholische Kirche in Deutschland“ als selbständige Jurisdiktion gegründet. Sie haben sich dann dem Schutz der „Altkatholischen Kirche von British Columbia“ unterstellt, deren kurzzeitige Gastmitgliedschaft in der Utrechter Union der altkatholischen Kirchen 2007 wegen offener Fragen zur Theologie und sakramentalen Gültigkeit dieser Kirche unfreiwillig beendet wurde.

5) Die Abtei St. Severin, der frühere alt-katholische Pfarrer von Frankfurt und der Notfallseelsorger für Einsatzkräfte beim Bayerischen Roten Kreuz, die vormals zur Alt-Katholischen Kirche der Utrechter Union gehörten, sind in der Nordisch-Katholischen Kirche und damit in der Union von Scranton bei ihrem Bischof geblieben.

6) Die Union von Scranton distanziert sich ausdrücklich von den geplanten unkanonischen „Bischofsweihen“ und ihrer spalterischen Vorgeschichte. Selbstverständlich wird weder ein Bischof der Union von Scranton noch der Utrechter Union der Einladung zu diesen „Konsekrationen“ folgen.

7) Klaus Mass und Thomas Doell werden sich als „Bischöfe“ daher außerhalb der beiden altkatholischen Kirchenunionen befinden. Ihre Weihen erfolgen sakramental zweifelhaft, im Hinblick auf die sehr überschaubare Größe ihres „Bistums“ und dessen Vorgeschichte zudem unerlaubt sowie nach den Maßstäben der Union von Utrecht aus diesen Gründen auch ungültig, weshalb vor ihnen als episcopi vagantes („Vagantenbischöfe“) zu warnen ist.

8) Die Nordisch-Katholische Kirche steht in voller Kirchengemeinschaft mit der Polish National Catholic Church of America und ist mit ihr auch kirchenrechtlich, als Mitgliedskirche der Union von Scranton, fest verbunden. Dagegen kann die „Christ-Katholische Kirche in Deutschland“ keineswegs als „Tochter“ der Nordisch-Katholischen Kirche gesehen werden. Sie ist eine — ohne ersichtlichen theologischen Grund erfolgte — Abspaltung, mit welcher die Union von Scranton keine Sakramentengemeinschaft pflegt.