„Vor Deinem Kreuze, o Herrscher, werfen wir uns nieder …“

Kreuzigung unseres Herrn Jesus Christus: Meister der Schule von Nowgorod, ca. 1360

Ein Beitrag zum Hochfest Kreuzerhöhung

1. Vom Hauptfest des capitolinischen Jupiters in Rom zum Fest Kreuzerhöhung in Jerusalem

Fragen wir uns, warum das Fest „Kreuzerhöhung“ gerade auf den 14. September fällt, so müssen wir zuerst auf das vorchristliche Hauptfest des capitolinischen Jupiters schauen. Denn am 13. September war ein hoher Feiertag für den höchsten Gott in Rom. Diesen altehrwürdigen Festtag zu Ehren des größten und besten Gottes wollte Konstantin der Große erhalten. Er legte deshalb fest, dass die Einweihung der Grabeskirche am 13. September zu erfolgen hätte. Diese fand statt im Jahr 335. Wir müssen freilich bedenken, dass es sich um zwei große Kirchen handelte. Die eine stand auf Golgatha. Die andere überdeckte das Grab des Herrn. Beide wurden gemeinsam geweiht. Bereits die Pilgerin Egeria berichtet uns gegen Ende des vierten Jahrhunderts über die Kirchweihfeierlichkeiten, wie sie jährlich in Jerusalem begangen werden: Ca. 40–50 Bischöfe sind versammelt. Die Kirchen sind geschmückt wie zu Epiphanie und Ostern. Eine Festoktav mit täglichen Prozessionen wird abgehalten. Viele Pilger kommen aus verschiedenen Ländern.

Berühmt ist die Teilnahme der öffentlichen Sünderin Maria von Ägypten. Aus Neugierde will sie wissen, was die Gläubigen nach Jerusalem führt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bekehrt sie sich und lebt fortan in der Wüste. Der heilige Zosimas aus dem Gerasimuskloster brachte ihr jedes Jahr zum Fest der Auferstehung das Abendmahl.

Bis heute kommen Pilger aus Ägypten zum Kirchweihfest der Grabeskirche, die nach dem julianischem Kalender am 27. September gefeiert wird. Wenn Ende September die Anastasis nach Basilikum duftet, das Ostertroparion „Christ ist erstanden“ erklingt und der Allerseligste, der Patriarch von Jerusalem, hinunter in die Helenakapelle zieht, dann ist die Kirchweih der Grabeskirche, bzw. es wird deren zweiter Feiertag begangen, das Fest „Kreuzerhöhung“. Im Rahmen der Festwoche war es üblich, dass am zweiten Feiertag das Kreuzesholz zur Verehrung gereicht wurde. Aus diesem Brauch entwickelte sich das Fest Kreuzerhöhung. Egeria gibt als Grund für das große Fest die Auffindung des heiligen Kreuzes an.

2. Das lebenspendende Kreuz Deiner Güte

Mit der Anrufung „Das lebenspendende Kreuz Deiner Güte, das Du uns Unwürdigen gewährt hast, o Herr, bringen wir Dir herbei in Verehrung …“ beginnt das Troparion am Vorabend des 14. September im Ritus von Byzanz. Das Kreuz kann zur Verehrung gezeigt werden, da die heilige Helena, die Mutter Kaiser Konstantins, es gefunden hat. Die Legende berichtet, dass Kranken verschiedene Hölzer aufgelegt wurden. Wenn eine Heilung erfolgte, war gesichert, dass es sich um das Kreuz des Erlösers, um das Kreuz Jesu Christi, handelte.

Konstantin und Helena: altrussisches Relief, 13. Jh.

Das Fest Kreuzerhöhung ist also eine Erinnerung an die Auffindung des heiligen Kreuzes durch Kaiserin Helena. Es ist auch Gedächtnis der Rückeroberung der Kreuzesreliquie durch Kaiser Heraklion am 3. Mai 628. Der Perserkönig Chosroes hatte das Reliquiar an sich genommen. Seine Frau war ostsyrische (nestorianische) Christin. Ihr wollte er es zum Geschenk machen. Kaiser Heraklion verwandte die ganze Schaffenskraft seiner Amtszeit darauf, das Kreuz zurückzuerobern. Wahrscheinlich um 628 brachte er es zunächst nach Konstantinopel und im März 630 nach Jerusalem. Wieder konnte das heilige Kreuz zur Verehrung gezeigt werden. Es war die Regierungszeit des Patriarchen Sophronius. 637 fiel Jerusalem in die Hände des Islam, nachdem das kaiserliche byzantinische Heer abgezogen war. Patriarch Sophronius hatte die Verteidigung der Stadt auf das Beste organisiert. Doch nach der Flucht des Heeres übergab er in aussichtsloser Situation die Stadt. Er führte die Verhandlungen. Unter ungeklärten Umständen kam er ums Leben, vielleicht, weil er Soldaten ermunterte nicht zum Islam überzutreten.

Kaiser Konstantin hatte im Traum das Kreuzzeichen gesehen. Nach Eusebius von Caesarea erschien ihm im Sonnenlicht das Kreuz mit der Inschrift En touto nika, in diesem (Zeichen) siegst du! Er hat seinen Sieg an der Milvischen Brücke oder bei Saxa Rubra im Oktober 312 dieser Erscheinung zugeschrieben. Auch dieser Aspekt ist Teil des Kreuzgedächtnisses. Später ließ Konstantin einen seiner Söhne töten: Crispus wurde durch seinen Vater Konstantin ermordet, da er ihn als Regierungskonkurrenten fürchtete. Seine Frau teilte sein Schicksal. Er war der Lieblingsenkel der Kaiserin Helena. Angesichts dieses schweren Leides macht sie sich auf die Suche nach dem Kreuz des Herrn. Das ist die Botschaft der Kreuzauffindungslegende. Nach dem Vorbild der heiligen Helena suchen wir in unserem Kreuz das Kreuz Christi. Im Leid und in der Not unseres Lebens finden wir Hilfe, Heil und Rettung, wenn wir auf das Kreuz Christi schauen.

Die alte Kirche hat das Kreuz stets als Siegeszeichen gesehen und das gemmengeschmückte Siegeskreuz bevorzugt. Es ist Hinweis auf den, der am Holz den Tod besiegt hat. „Im Tode bezwang er den Tod“, heißt es im Ostertroparion. Das Kreuz Christi steht für das Leben, für das ewige Leben. Das Fest Kreuzerhöhung entwickelte sich aus der Kirchweihe der Grabeskirche und der Auffindung des Kreuzesholzes. Letztlich ist es aber doch Hinweis auf den am Kreuz gestorbenen König, der durch den Tod ging und auferstanden ist. Sehr schön kommt der Zusammenhang von Kreuz und Leben im Hymnus „Christi Auferstehung haben wir geschaut“ zum Ausdruck. Er wird in der byzantinischen Osternacht und nach Verkündigung des sonntäglichen Auferstehungsevangeliums in der Nachtwache gesungen. „Vor Deinem Kreuze fallen wir nieder, o Christus, und Deine heilige Auferstehung besingen und preisen wir … Denn siehe durch das Kreuz kam Freude in alle Welt … Denn das Kreuz hat er erduldet um unseretwillen und durch den Tod vernichtet den Tod.“

3. „Wir aber müssen uns rühmen im Kreuze…“

Mit den Worten „Wir aber müssen uns rühmen im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus; in Ihm ist für uns das Heil, das Leben und die Auferstehung“ (nach Gal 6,14) beginnt der Introitus der römischen Messe zum Fest Kreuzerhöhung. In Rom wurde das Fest ab dem 7. Jahrhundert übernommen. Wohl aus gallikanischer Tradition kam das Kreuzfest am 3. Mai in den römischen Kalender. Es erinnerte an die Kreuzauffindung durch Helena. Für den 14. September war der Sieg über die Perser der Ausgangspunkt. Als Doppelung wurde das Gedächtnis am 3. Mai in der Liturgiereform gestrichen. Im Kalender der nordisch-katholischen Kirche ist es auch heute zu finden. In Rom hat das Fest Kreuzerhöhung nie die Bedeutung wie in Byzanz erlangt. Es gibt den Titel, bisweilen auch von Wallfahrtskapellen. Zum Beispiel wird das Fest in der Abtei Chevetogne festlich als Patrozinium gefeiert, freilich im byzantinischen Ritus. In Byzanz ist es Festtag und strenger Fasttag. Es zählt zu den zwölf Hochfesten. Das in der eucharistischen Liturgie ansonsten übliche Trishagion wird durch den Ruf „Vor Deinem Kreuze, o Herrscher, werfen wir uns nieder und Deine heilige Auferstehung preisen wir“ ersetzt. Besonders eindrucksvoll ist die pankosmische Kreuzerhöhungszeremonie. Ein mit Blumen reichgeschmücktes Kreuz wird in alle vier Himmelsrichtungen erhoben und unter dem Gesang von 40 Kyrie eleison langsam bis auf den Boden gesenkt. Die Erhöhung des Gottessohnes ist seine Erniedrigung. Die Väter lehren, Gott konnte nicht mehr wachsen, nicht mehr größer werden. Größer als Gott geht nicht. Allein in seiner Menschwerdung, in seiner Erniedrigung, in seinem Tod am Kreuz (vgl. den Philipperhymnus Phil 2,6–11) konnte seine Größe noch gemehrt werden.

So ist das Kreuz Zeichen des Lebens des Lebens, das der Lebensspender Christus gewährt. Es wird gerettet, wer zu ihm aufschaut. „Darum wollen wir zu ihm aufschauen, um von den Bissen der Sünde geheilt zu werden“, schreibt Augustinus in seinem Johanneskommentar. Vorbild ist die von Moses erhöhte Schlange in der Wüste. (Vgl. Num 21,6f.)

Das Kreuz ist augenfälliges Zeichen der Liebe Gottes und jede große Liebe ist deshalb stets gekreuzigte Liebe sagt Paul Ewdokimow. Romanos der Melode dichtet: „Das Kreuzesholz bringt uns an jedem Tag und zu jeder Zeit unermesslichen Reichtum, denn es führt uns alle erneut ins Paradies.“

So möge uns die Liebe des Gekreuzigten zuteil werden, wenn wir gleich Maria von Ägypten und der heilige Helena auf das kostbare und lebenspendende Kreuz schauen. Christi Licht, das einst Konstantin ergriffen hat und das allen leuchtet, leuchte auch uns in diesen schweren Zeiten der Pandemie, vor allem, wenn wir die Weihe des Hauses der Auferstehung und das Kreuzfest begehen. „Rette uns o Kreuz, durch Deine Macht, heilige uns durch Deinen Glanz, Du kostbares Kreuz und gib uns Kraft durch Deine Erhöhung. Denn als Licht wurdest Du uns gegeben und als Rettung unserer Seelen.“

Weihe der Anastasis 2021

Joachim Danz,
Dipl.-Theol. (Univ.)

Ein nordisch-katholischer „Schott“

Missale & Kalender im Kleinformat

Seit diesem Monat sind zentrale liturgische Texte des nordisch-katholischen Ritus in einer kleinformatigen Ausgabe zu erschwinglichem Preis erhältlich — nicht unähnlich den von Anselm Schott OSB begonnenen Volksausgaben römischer Messbücher. Der Sonderband „Nordisch-katholisches Messbuch — Studienausgabe“ unserer Schriftenreihe SYNODOS enthält die meistverwendeten Teile sowohl des Nordisch-katholischen Sakramentars als auch seines Ergänzungsbands (beide 2020 erschienen).

In dem neuen Band enthalten sind insbesondere die vollständige eucharistische Liturgie (Vorbereitungsgebete, Ordinarium sowie alle Auswahl- und Eigentexte) samt den gregorianischen Gesangsweisen für die Zelebranten, ferner die wichtigsten Benediktionen sowie der Kalender der Heiligenfeste samt deren Rangordnung. Wie auch im Sakramentar sind die biblischen Perikopen (Introitus, Lesung/-en, Evangelium) des Proprium in aller Regel nicht abgedruckt; sie sind jedoch stets versgenau angegeben, so dass sie direkt aus der Bibel gelesen werden können.

Es würde den Rahmen sprengen, den nordisch-katholischen Ritus an dieser Stelle im Detail zu erläutern. Nur so viel sei gesagt: Seine liturgischen Formulare knüpfen an die ältesten noch lebendigen Traditionen der Westkirche an (z.B. die Kartäusermesse). Insbesondere im Ordinarium gibt es nur minimale Abweichungen von diesen Quellen — etwa die Tilgung des Filioque im Credo. Diese Abweichungen sind stets liturgiehistorisch und dogmatisch — im Sinne der orthodoxen Theologie, die von der Nordisch-katholischen Kirche vertreten wird — begründet; das Vorwort des Bandes gibt hierüber genaue Rechenschaft.

Kurz gefasst: Die über anderthalb Jahrtausende alte eucharistisch-liturgische Tradition der Westkirche wird hier, auf der Grundlage orthodoxer Theologie, in organischer Weise fortgeschrieben für unsere Zeit.

Gebundenes Buch mit Fadenheftung, 216 Seiten.
Kleinformat (12cm x 19cm); 27,00 € inkl. MwSt.
Beziehbar direkt vom Verlag oder im Buchhandel:
ISBN 9783754317150

[F.I.H.]

Eine Firmpredigt

Bischöflich geweihtes Salböl (Chrisam) vor Kelch und Patene, darunter Korporale und Antimension

Lieber Pfarrer Daniel, liebe Firmkandidatin,
liebe Brüder und Schwestern!

An diesem festlichen Tag freue ich mich sehr, euch jemanden vorstellen zu dürfen. Nein, es handelt sich nicht um die Firmkandidatin: Sie kann gut für sich selbst sprechen … und ihr habt sie ja bereits kennen gelernt!

Es handelt sich um eine Person, die etwas zurückhaltend ist, sich nicht in den Vordergrund drängt. Zuweilen wird sie deshalb auch unterschätzt und missverstanden. Manche halten sie gar für eine bloße unpersönliche Kraft. [Andere wiederum meinen, sie müsse unbedingt als weibliche Person angeredet werden, unter Berufung auf das Genus des hebräischen Wortes ruach.]

Die Person, von der ich spreche, ist zwar zurückhaltend, doch durch ihr Handeln durchaus wahrnehmbar – ganz besonders von Menschen guten Willens. Manche würden sagen, sie sei die Kreativität in Person; das ist auch nicht ganz unzutreffend, aber doch eine ziemlich unvollständige Beschreibung.

Wie gesagt, trotz mancher Parallelen: Es handelt sich nicht um unsere heutige Firmkandidatin. Bevor ich das Geheimnis lüfte, nenne ich noch die Haupttätigkeit der Person: Sie ist ein Sachwalter, ein Beistand, nicht unähnlich einem Rechtsbeistand. Sie ist ein Advokat, im wörtlichen Sinne eines „(zur Hilfe) Herbeigerufenen“ – wofür der Urtext des Neuen Testaments das Wort parakletos verwendet. Aber um welchen Advokaten handelt es sich hierbei? Doch nicht etwa um den sprichwörtlichen advocatus diaboli? Natürlich nicht, das sei ferne! Vielmehr geht es um dessen genaues Gegenstück: um den Beistand der Christgläubigen, den Heiligen Geist.

Betrachten wir nun dessen Eigenschaften: Wie jeder gute Anwalt drängt Er sich nicht in den Vordergrund; Er wird nicht tätig, ohne mit einem klaren Mandat herbeigerufen oder ausgesandt worden zu sein. Deshalb ruft Ihn die Kirche bei allen Sakramenten (explizit oder implizit) herab. [Die Theologen bezeichnen dies mit dem griechischen Lehnwort Epiklese.]

Der Heilige Geist ist eine Person, nicht bloß eine kreative Kraft. So schön und richtig es ist, Ihn mit Ps 104* als Lebensspender zu feiern, darf man Sein Wirken nicht auf das rein Schöpferische reduzieren. Eine Kraft, und sei es eine kreative Kraft, kann wohl kaum in dem Sinne lehren und trösten, wie Jesus es in unserem Evangelium beschreibt (Joh 14,26*). [Wäre der Heilige Geist eine bloße Kraft, könnte man auch nicht erklären, dass Jesus hier und anderswo männliche Pronomina für Ihn verwendet, obgleich es doch im griechischen Urtext – wo das Wort für Geist, pneuma, sächlich ist – grammatikalisch einfacher wäre, Ihn als Neutrum zu behandeln.] Obgleich Er körperlos ist, muss der Heilige Geist im Lichte des Neuen Testaments männlich angeredet werden.

Das Werk des Heiligen Geistes, Sein Beistehen, kann wahrgenommen werden – jedenfalls von Menschen guten Willens, zuweilen sogar öffentlich. Sonst hätten Petrus und Johannes ja in der Begebenheit unserer Lesung (Apg 8,14–17*) gar nicht wissen können, dass der Heilige Geist seitens der (durch Diakon Philippus) Neugetauften in Samarien noch nicht empfangen worden war. [Sonst hätte auch Petrus nicht erkannt, dass die Hörer seiner Predigt im Hause des Kornelius den Heiligen Geist bereits empfangen hatten, vgl. Apg 10,47.] Gelegentlich ist Sein Wirken sogar spektakulär: Man denke nur an das Pfingstwunder (Apg 2,6) — und an die zahlreichen anderen erstaunlichen Begebenheiten, die sich in der Kirchengeschichte immer dann ereignet haben, wenn das Evangelium zum ersten Mal unter einem Volk verkündet wurde.

Das Werk des Heiligen Geistes in den Gläubigen ist keinesfalls mit Ekstase gleichzusetzen. Vielmehr besteht es zuvörderst darin, die Gläubigen mit besonderen Gaben auszurüsten. In Jes 11,2f werden diese sieben Gaben aufgezählt [und wurden von dort — über Septuaginta und Vulgata, also die griechische und die lateinische Übersetzung des Alten Testaments — in die traditionelle westliche Firmliturgie übernommen]: Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit / Gottesfurcht.

[Diese Gaben können übrigens nicht eindeutig gegenseitig abgegrenzt werden, die semantischen Bereiche überlappen; z.B. ist ja die Furcht des Herrn der Anfang der Weisheit laut Ps 111,10, Spr 9,10. In der hebräischen Bibel sind es in Jes 11,2 eigentlich nur sechs Gaben, obgleich von Gottesfurcht in Jes 11,3 ein zweites Mal die Rede ist — möglicherweise eine Dittographie. Die Sieben als symbolische Zahl der Vollkommenheit drängt sich im Zusammenhang mit dem Heiligen Geist natürlich geradezu auf, vgl. auch z.B. Offb 1,4.]

Alle sieben Gaben verweisen auf geistige Aktivitäten. Damit stimmt überein, dass Jesus das Lehren und Vertiefen von Christi Botschaft als zentrales Wirken des Heiligen Geistes herausstellt. Dabei müssen allerdings die Begriffe recht verstanden werden. Mit ,Erkenntnis‘ [in der Vulgata, also der lateinischen Übersetzung des Alten Testaments, und in der Firmliturgie: scientia, „Wissenschaft“] ist hier das Ergründen, Systematisieren, Durchdringen von Gottes Offenbarung gemeint — sowohl der Offenbarung Gottes in der Schöpfung wie auch der Offenbarung Gottes in der Geschichte Israels und vor allem in Seinem fleischgewordenen Wort Jesus Christus, wovon die Schriften des Alten und Neuen Testaments zeugen.

Diese Art von Erkenntnis bzw. Wissenschaft ist nicht bloß graue Theorie. Wirkliche theologische Einsicht erweist sich darin, den Willen des Schöpfers und Erlösers sowohl zu erkennen als auch umzusetzen. Sie zeigt sich also nicht nur im Wissen über Gott und Sein Wesen — und auch nicht nur in der korrekten Verehrung Gottes im religiösen Rahmen. Vielmehr zeigt sie sich gerade auch darin, wie wir den Menschen begegnen, die Gott als Seine Abbilder (Gen 1,27) in unser Leben gestellt hat; diese sind gewissermaßen Ikonen Gottes – zuweilen durch die Sünde entstellt, doch nie völlig unkenntlich.

Die Fülle der Gaben des Heiligen Geistes, die heute unsere Kandidatin erhalten soll, ist wie der Setzling eines Baumes. Ein solcher Setzling bedarf einer gewissen Aufmerksamkeit. Er muss in eine Umgebung gepflanzt werden, wo er nicht von Unkraut erstickt oder gar niedergetrampelt wird. Für den Heiligen Geist ist eine förderliche Umgebung das gereinigte Herz, welches ja, liebe Kandidatin, dein Firmspruch erbittet: Ps 51,12. Dann aber bringt der Setzling gewiss die gute Frucht, an der man einen guten Baum erkennen kann (vgl. Mt 12,33). Als Früchte des Heiligen Geistes zählt der Apostel Paulus denn auch wunderbare Tugenden auf (Gal 5,22f): Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.

Wie erlangen wir nun diese Gaben, woher können wir einen solchen Setzling nehmen, der solche Frucht zeitigt? Will heißen: Wie können wir heute noch den Heiligen Geist empfangen? Nun, wie wir eben gehört haben, hat Christus der apostolischen Kirche den Heiligen Geist als bleibenden Beistand verheißen (Joh 14,27) – und dieser Beistand wird, wie die Lesung bezeugt, seit ältester Zeit durch die Apostel bzw. ihre Nachfolger mittels Handauflegung und Gebet den einzelnen Gläubigen mitgeteilt. Mit anderen Worten: Die Firmung durch einen Apostelnachfolger/Bischof oder einen hierzu von ihm beauftragten Priester ist die sakramentale Garantie für die Versiegelung mit dem Heiligen Geist.

Um es noch deutlicher zu sagen: Aus eigener Kraft wird es uns nicht gelingen, ein Leben zu führen, dass stets und uneingeschränkt tugendhaft ist. Dazu bedarf es [zumindest seit dem Sündenfall] einer ganz besonderen Gnade. Eben hierzu dienen die Gaben des Heiligen Geistes. Wenn wir denn unser Herz reinigen (z.B. auch durch das Sakrament der heiligen Beichte) und uns mit Dankbarkeit an die Gaben des Heiligen Geistes erinnern, um sie zu erwecken, können wir alsbald erste Früchte ernten. So werden wir ein tugendhaftes Leben sowohl anstreben (durch die Gabe der Einsicht) als auch in die Tat umsetzen (durch die Gabe der Stärke).

Dank Jesu Verheißung dürfen wir nun darauf vertrauen, dass derselbe Geist auch heute dem neuen Mitglied unserer Kirchengemeinde zuteil wird. So mögest auch du, liebe Firmkandidatin, durch die Gaben des Heiligen Geistes die wunderbare Erfahrung machen, wie Gott in dir wirkt und gute Frucht wachsen lässt. Mit den Worten des Apostels Paulus: Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt. (Phil 2,13) Amen.

* Votivmesse um die Gnade des Heiligen Geistes;
biblische Texte/Perikopen: Ps 104; Apg 8,14–17; Joh 14,23–31a.

Gehalten am 5. September 2021 in der nordisch-katholischen Mission St. Willibrord im Sauerland.

[F.I.H.]

Alte Städte und neuer Aufbruch: Pastoralbesuch in Bayern und Ungarn

Anfang August 2021 bereiste Generalvikar Dr. Daniel Gerte die Kuratie Bayern mit der angeschlossenen Mission in Ungarn. Die Reise fand in Begleitung von P. Michael OPR, Abt der Abtei St. Severin, und Dipl.-Ing. Michael Berghoff in seiner Funktion als Kirchenvorstand und Schatzmeister des kirchlichen Fördervereins Martinuswerk e.V. statt. Sie führte unter anderem durch das schon in römischer Zeit besiedelte Passau (das antike Batavis) und fand ihren Höhepunkt in Szombathély (Westungarn), wo 316 der heilige Martin von Tours, Schutzpatron unseres Fördervereins, geboren wurde. Hier in Szombathély wirken heute unser Priester Péter Kováts und unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin im Sozialen Dienst Annamaria I.

Neben der Feier der heiligen Eucharistie und den guten persönlichen Begegnungen mit den Geistlichen und Laienmitarbeitern der ungarischen Mission war ein besonders freudiges Ereignis dieses Besuchs die Beauftragung von Ferenc Papp zum Pastoralen Mitarbeiter. Er unterstützt unseren Priester Tamás Széles in seiner seelsorglichen Arbeit in Budapest und Umgebung. Möge sein Wirken auch weiterhin unter Gottes Segen stehen und dem Wohl der Menschen dienen.

Ferenc Papp, neuer Pastoraler Mitarbeiter in Budapest
Kirche St. Paul in Passau

Lex orandi lex est credendi

Reinhard Thöle: Geheiligt werde dein Name

Eine Buchbesprechung mit aktuellem Anlass

Lex orandi lex est credendi — Das Gesetz des Betens ist das Gesetz des Glaubens.“ So lautet eine alte theologische Regel, die sinngemäß mindestens bis auf Prosper von Aquitanien zurückgeht (legem credendi lex statuat supplicandi, Migne PL 51,209). Was eine Kirche zu beten lehrt, das lehrt sie auch zu glauben. Was eine Kirche betreffs ihrer Liturgie anordnet, ist ein sicherer Anhaltspunkt für ihre Dogmatik. Im Umkehrschluss: Wo der Glaube an christliche Grundwahrheiten verdunstet, wird das Allerlei liturgischer Belanglosigkeit nicht fern sein — und umgekehrt.

Eine ebenso konzise wie tiefschürfende — und trotz des gewichtigen Inhalts sehr gut lesbare — konfessionsübergreifende Analyse liturgischer Abirrungen sowie ihrer Hintergründe hat jüngst Professor Dr. theol. habil. Reinhard Thöle veröffentlicht. Thöle, vormals Direktor des Seminars für Ostkirchenkunde der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, gehört zu den bedeutendsten akademischen Experten für Ostkirchenkunde im deutschen Sprachraum. Seine vielfältige ökumenische Erfahrung und seine jahrzehntelange tiefe Vertrautheit mit dem byzantinischen Ritus (und mit den orientalischen Riten) versetzen ihn in die Lage, aktuelle liturgischen Entwicklungen in den christlichen Konfessionen sowohl aus der Innen- als auch aus der Außenperspektive vergleichend zu analysieren.

Thöle betrachtet dabei besonders kritisch sowohl den nachkonziliaren römisch-katholischen Ritus (Novus Ordo) als auch das liturgische Spektrum des in den evangelischen Landeskirchen organisierten Neuprotestantismus, das sich aus dem Evangelischen Gottesdienstbuch von 1999 ergibt. Dieses liturgische Spektrum bezeichnet er auch als „Neo-Usus“ (S. 89) in Abgrenzung von den traditionellen, in der Reformationszeit entstandenen und überwiegend die westliche Liturgietradition organisch fortschreibenden lutherischen Liturgien. Insoweit er alles Mögliche an heiligen und weniger heiligen Texten und Riten integrieren und vermischen kann, ist der Neo-Usus „die liturgische Symphonie der protestantischen Individualisten und Spezialisten“ (90).

Es ist diese besondere Unverbindlichkeit und Offenheit, welche den Novus Ordo und noch mehr den neuprotestantischen „Neo-Usus“ im Vergleich zu allen älteren liturgischen Formen kennzeichnet. Der Eindruck drängt sich auf, dass dies das liturgische Korrelat eines religiösen Relativismus oder gar Indifferentismus darstellt. Ihre Grenze findet diese Unverbindlichkeit jedoch in dem unübersehbaren Unwillen zur Bewahrung tradierter Formen, in denen die „vertikale“ Dimension des Gottesdienstes als dialektisch-dialogisches Geschehen zwischen Gott und Mensch zum Ausdruck kommt. So ist die Zelebrationsrichtung versus populum nur eine Kann-Bestimmung in der Allgemeinen Einführung zum Römischen Messbuch und verdankt sich überdies dem mittlerweile überwundenen Irrtum, die gemeinsame Gebetsrichtung von Zelebrant und Gläubigen ad orientem sei in der christlichen Antike nicht die Norm gewesen. Dennoch ist und bleibt die Zelebration mit dem Rücken zum Hochaltar das ikonographische Charakteristikum des Novus Ordo wie auch des von diesem „inspirierten“ Neo-Usus. „Offensichtlich sind die äußerliche und die innere Ausrichtung des Gebetes nicht mehr kongruent. Es […] wird deutlich, dass das, was man sagt, nicht getrennt werden kann, von dem, was man tut“ (61).

Hinzu kommt im Novus Ordo die Option eines gänzlich selbst erdichteten Eucharistiegebetes („Hochgebet III“), das im Unterschied zum „Hochgebet I“ (Canon Romanus), „Hochgebet II“ (abgewandelte Traditio apostolica) und „Hochgebet IV“ (sehr stark gekürzte und überarbeitete Basilius-Anaphora) in keiner historischen Liturgie wurzelt. Aus altkatholischer Sicht sei hier angemerkt: Durch die Approbation des Missale Romanum von 1970 hat die römische Hierarchie einmal mehr die Rolle der treuen Bewahrerin der Tradition aufgegeben und sich als deren eigensinnige Herrin geriert. Die architektonische Verunstaltung historischer Kirchen durch den meist disharmonischen Kontrapunkt von „Volksaltar“-Ambo-Ensembles ist folgerichtiger Teil dieses liturgischen Abrissunternehmens. Dazu gehört auch die weitestgehende Tilgung des gregorianischen Chorals und dessen Ersetzung durch „vermeintlich eingängige, hölzern daherkommende deutschsprachige Kehrverse“ (58). Letztere widerspricht übrigens ebenso wie die gänzliche Verdrängung der lateinischen Sprache dem erklärten Willen des Zweiten Vatikanischen Konzils (vgl. z.B. SC, 36, 54, 116).

Was ist alledem positiv entgegenzusetzen: Zunächst und vor allem die Einsicht, dass die „geistliche Grundgestalt“ der Eucharistiefeier „ererbt“ und „geschenkt“ ist, mithin etwas dank göttlicher Vorsehung Vorgefundenes. Reinhard Thöle beschreibt sie als liturgia abscondita, als verborgene Liturgie, die einen Offenbarungscharakter in sich trägt. In ihr findet ein Offenbarungsgeschehen statt, zu dem das Gedächtnis der Heilstaten Gottes (Anamnese) und die Herabrufung Seines Geistes (Epiklese) ebenso wie die Darbringung an Ihn und die Feier Seiner Gegenwart im Leib Christi gehören (120). „Die im Unterbewussten vorhandene Empfängnisfähigkeit der Seele kann sich von Natur aus mit der sich offenbarenden eschatologischen Dimension des Gottesdienstes vereinigen. Dies ist das verborgene Fundament, auf dem das Gebäude des öffentlichen Gottesdienstes errichtet wird.“ (121)

Deshalb stellt Thöle fest, unter Verweis auf eine Bemerkung des römisch-katholischen Ostkirchenkundlers Michael Schneider (Sakrament, 297): „Das schwierigste Werk der Kirche ist die Feier des heiligen Gottesdienstes. ‚Keiner kann im Glauben mehr erfahren, als er in der Liturgie feiert'“ (161). Denn, mit dem rumänisch-orthodoxen Religionswissenschaftler Mircea Eliade gesprochen „gehört der Gottesdienst in den Bereich der Hierophanie und Theophanie“ (167). Der Gottesdienst ist ein dialektisches Geschehen, insoweit es sich um die zutiefst asymmetrische Begegnung zwischen Gott und Mensch handelt. Darin liegt die Verheißung und existenzielle Bedeutsamkeit des christlichen Gottesdienstes: „Gefährlich ist es, Gott im Gottesdienst zu begegnen. noch gefährlicher ist es, ihm im Gottesdienst nicht [mehr] zu begegnen.“ (166)

Trotz der überschaubaren Länge (178 S. mit Literaturverzeichnis) dieses sehr einladend geschriebenen Buches ist es hier nicht möglich, all die vielen darin enthaltenen wertvollen Gedanken auch nur summarisch wiederzugeben. Reinhard Thöle lässt den Leser teilhaben an seiner tiefgehenden akademischen Fachkenntnis, seinem jahrzehntelangem Erfahrungsschatz in der Ökumene, einem sehr großen intellektuellen Weitblick und erstaunlichem geistlichen Tiefgang. Geheiligt werde dein Name sollte in keinem Bücherschrank derer fehlen, denen Gottesdienst „am Herzen“ liegt.

[F.I.H.]

Geistlich auftanken: Neue Angebote im Südwesten

Wohnhaft an Mosel, Saar oder Mittelrhein? — Herzliche Einladung!

Termine in der Region Trier/Mittelmosel

Mittwoch, 30.06.21
16-18 Uhr: Pastoral-/Seelsorgegespräche
19.00 – 21.00 Uhr: Hauskreis

Samstag, 03.07.21
17-18 Uhr: Wort-Gottes-Feier

Mittwoch, 14.07.21
16-18 Uhr: Pastoral-/Seelsorgegespräche
19-21 Uhr: Hauskreis

Samstag, 17.07.21
17-18 Uhr: Wort-Gottes-Feier

Samstag, 14.08.21
17-18 Uhr: Wort-Gottes-Feier

Samstag, 28.08.21
17-18 Uhr: Wort-Gottes-Feier

Termine in der Region Koblenz/Mittelrhein

Mittwoch, 07.07.21
16-18 Uhr: Pastoral-/Seelsorgegespräche
19-21 Uhr: Hauskreis

Mittwoch, 04.08.21
16-18 Uhr: Pastoral-/Seelsorgegespräche
19-21 Uhr: Hauskreis

Willkommen ist jeder Christ und Menschen, die sich für Christus interessieren.

Br. Josef Obl.OPR
Pastoraler Mitarbeiter
in Rheinland-Pfalz

Hinweis: Wer gerne an den Hauskreisen und/oder Gottesdiensten teilnehmen möchte oder ein Seelsorgegespräch wünscht, wendet sich bitte per E-Mail an Br. Josef (br.josef@nordischkatholisch.de); die einzelnen Zusammenkünfte finden an unterschiedlichen, wechselnden Orten statt.

Krankenkommunion und Hausbesuche

Für Menschen die aufgrund eingeschränkter Mobilität oder aus gesundheitlichen Gründen nicht an einer Eucharistiefeier teilnehmen können und die Heilige Kommunion empfangen möchten, besteht die Möglichkeit des Hausbesuchs mit Empfang der heilige Kommunion (in der Regel sonntags nach der Heiligen Messe). Ich bringe Ihnen die heilige Kommunion nach Hause. Hierzu kontaktieren Sie mich bitte via E-Mail an br.josef@nordischkatholisch.de, damit wir einen genauen Termin vereinbaren können.

Christophorus-Dienst

Sie möchten an einer Heiligen Messe in der Nähe Ihres Wohnortes teilnehmen, haben aber niemanden, der Sie dorthin bringt oder begleitet? Dann können Sie sich ebenfalls per E-Mail an br.josef@nordischkatholisch.de mit mir in Verbindung setzen, um einen genauen Termin zu vereinbaren.

Veni Sancte Spiritus! — Komm, Heiliger Geist!

[Herabkunft des Heiligen Geistes: aus einem englischen Missale, ca. 1310]

Allen Lesern dieser Seite seien vorab gesegnete, gnadenreiche Pfingsten gewünscht. Es lohnt, an diesen Festtagen einen näheren Blick auf zwei der schönsten und bedeutendsten Gebete zum Heiligen Geist aus der westlichen und der östlichen Tradition zu werfen. Dabei handelt es sich zum einen um das Einleitungsgebet des byzantinischen Ritus, zum anderen um den festlichen Zwischengesang (Sequenz) der römischen Messliturgie zu Pfingsten, der dort zwischen Lesung und (Ruf vor dem) Evangelium erklingt.

Das erste Gebet wird im byzantinischen Ritus zu Beginn eines jeden Gottesdienstes und zu Beginn jeder Gebetszeit gesprochen. Es ist zudem auch in den altorientalischen Kirchen bekannt; so erscheint es zum Beispiel im koptischen Stundenbuch, der Agpeya. Bei dem zweiten Gebet handelt es sich um die Pfingstsequenz des englischen Erzbischofs Stephen Langton (ca. 1200). Diese gehört zu den wenigen Zwischengesängen der Messliturgie, die auch nach der römisch-katholischen Liturgiereform von 1970 verbindlich geblieben sind.

Obgleich also ihr liturgischer „Sitz im Leben“ ganz verschieden ist, fallen doch mehr inhaltliche Parallelen als Unterschiede auf: Beide Gebete richten sich ganz klar an eine göttliche Person, nicht an eine undefinierte „kreative Kraft“. Beide adressieren den Heiligen Geist als „Tröster“ (parakletes bzw. consolator). Beide wissen um die Rolle des Heiligen Geistes bei der Vermittlung der Offenbarung und Erleuchtung der Menschheit, indem sie ihn als „Geist der Wahrheit“ (to pneûma tês aletheías, Joh 16,13) und „Licht der Seligkeit“ (lux beatissima, wörtlich: „seligstes Licht“) anreden. Beide erkennen im Geist den Hort oder Schatz (thesaurós) und Spender (dator) aller guten Gaben. Beide sprechen, ob direkt wie im byzantinischen Einleitungsgebet oder wie in der lateinischen Pfingstsequenz eher indirekt-poetisch (vorletzte Doppelstrophe), von der lebenspendenden Wirkung des Heiligen Geistes, wie sie im Credo definiert ist.

Hier ist natürlich nicht bloß „das nackte Leben“ im Sinne der Biologie, also das Gegenteil vom leiblichen Tod, gemeint. Beide Gebete ersuchen den Heiligen Geist darum, den jeweiligen Beter wahrhaft aufzusuchen und ihm bleibend einzuwohnen (skenoson, eigentlich: „schlag das Zelt auf“ bzw. reple cordis intima, wörtlich: „fülle des Herzens Innerstes“). Beide Gebete wissen nämlich um die zentrale Rolle des Heiligen Geistes bei der Aneignung des Heils durch den einzelnen Gläubigen: Sie bekennen nicht nur die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen in Form von (moralischer oder auch religiöser) Unreinheit und existenziellem Makel, sondern schließen hoffnungsvoll mit der Bitte um das ewige Heil.

In diesem Sinne bitten auch wir in diesen festlichen Tagen — sowohl für uns als auch für die uns Nahestehenden: Komm, Du Geist der Wahrheit, Spender guter Gaben, wohne uns inne. Amen.

Einleitungsgebet des byzantinischen Ritus

Himmlischer König,
Du Tröster und Geist der Wahrheit,
der Du überall bist
und alles erfüllst;
Hort aller guten Gaben
und Spender des Lebens,
komm und wohne uns inne,
reinige uns von allem Makel
und rette, Gütiger, unsere Seelen.
Amen.

Pfingstsequenz des lateinischen Ritus

Melodie: gregorianisch, Übersetzung: Heinrich Bone

F.I.H.

„… aus der Synagoge“

[Christus, der Wurzelspross Isais (Jes 11,10, Mt 1,6):
Kapuziner-Bibel, Ende des 12. Jh. (Paris, BNF lat. 16746, fol. 7v)]

Das Evangelium an diesem Sonntag Rogate (Joh 15,26–16,4) bezeugt — obgleich sein Schwerpunkt anderswo liegt — in Joh 16,2 die tiefe Verwurzelung der Kirche im Judentum. Die ersten Christen verstanden sich selbstverständlich als Teil des Judentums, wenngleich gewissermaßen als eschatologische Avantgarde. (Erst nach 70 n.Chr. — mit der sogenannten „Schule von Jamnia“ — kam es zum Ausschluss der Judenchristen aus den Synagogen, da insbesondere die Sadduzäer in Jesus von Nazareth nicht den verheißenen Messias erkannten.) Jesus Christus, die heilige Maria, der Zwölferkreis, die Siebzig Jünger, die gesamte Jerusalemer Urgemeinde — sie alle kamen aus jüdischen Familien und praktizierten die jüdische Religion ihrer Eltern.

Warum etwas so Selbstverständliches gesagt werden muss? Um zu verdeutlichen, dass Christen unmöglich schweigen können, wenn in diesen Tagen ausgerechnet hierzulande wieder Davidsterne angezündet, Synagogen vom Mob bestürmt und antisemitische Parolen gebrüllt werden. Es ist keine Islamophobie darauf hinzuweisen, dass die Tatverdächtigen, wie jüngst in Gelsenkirchen, offensichtlich auch ein Teil der muslimischen Gemeinschaft sind — wenngleich sie ganz sicher nicht für diese in ihrer Gesamtheit sprechen. Um dem neuen wie dem alten Antisemitismus entgegenzutreten, ist es wichtig, etwaige ideologische Katalysatoren zu kennen und öffentlich zu benennen. Den Respekt vor anderen Buchreligionen, der in der islamischen Überlieferung ja durchaus vorkommt, haben die „Demonstranten“ von Gelsenkirchen jedenfalls in ihrem Umfeld nicht gelernt.

Israel hat wie jeder andere Staat selbstverständlich das Recht und die Pflicht, seine Bevölkerung gegen Angriffe von außen zu verteidigen. Wer konkrete Anfragen zur Politik der amtierenden israelischen Regierung hat, kann sich an die israelische Botschaft und ihre Außenstellen wenden. Deutsche Synagogen und die jüdischen Gemeinden in Deutschland, die es trotz der Schoa glücklicherweise wieder gibt, sind dafür ganz gewiss nicht der richtige Ort.

F.I.H.

Osterbotschaft von Bischof Roald Nikolai

[Christi Auferstehung: Fresko, Chora-Kirche Konstantinopel/Istanbul, 14. Jh.]

Christus ist auferstanden!

In seiner Prophezeiung über den Ostertag (Ps 118,24) sagt der Psalmist: „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat.“ Auch wenn wir jeden Tag „jubeln und uns freuen“ (Ps 90,14), so gilt dies für den Tag der Auferstehung umso mehr. Denn dies ist, wie uns der heilige Johannes der Evangelist sagt, der „Tag des Herrn“, welcher der Menschheit eine neue Zukunft eröffnet (Offb 1,10).

Die zentrale Bedeutung des Ostertages wird weiter entfaltet vom heiligen Kirchenvater Ignatius, der in seinem Brief an die Kirche von Magnesia schreibt, dass die Christen ihr Leben nach dem Tag des Herrn richten, „an dem auch unser Leben aufgesprossen ist durch ihn und seinen Tod […], ein Geheimnis, durch das wir den Glauben erhielten und wegen dessen wir ausharren“ (Brief an die Magnesier 9, 1). Paradoxerweise wird die Zeit selbst erlöst durch ein geschichtliches Ereignis, welches dem Leben eine neue Grundlage gibt.

Somit tritt nun die Auferstehung an die Stelle des hebräischen siebten Tages (Sabbat) aus dem ersten Schöpfungsbericht (Genesis 2,2). Der Tag des Herrn ist gleichzeitig der erste und der achte Tag. An ihm brachte Gott alles zur Ruhe und schuf zugleich den Beginn einer anderen Welt. Diesen Gedanken finden wir bereits beim heiligen Barnabas, einem anderen apostolischen Kirchenvater, der anschließend schreibt: „Deshalb begehen wir auch den achten Tag in Freude, an dem Jesus von den Toten auferstanden ist“ (Barnabasbrief 15, 8f.). Seit ältester Zeit hat die christliche Kirche am ersten Tag der Woche die Eucharistie gefeiert: als lebensspendendes Zeichen der Auferstehung Christi (Apg 20,7).

Daher ist der Ostersonntag immer noch als Sonntag aller Sonntage in besonderer Weise ausgezeichnet. Er ist der feierlichste, festlichste Tag des Kirchenjahres: Denn an diesem Tag erfüllte Gott seine Verheißungen durch seinen Sohn Jesus Christus, unseren Erlöser.

In diesem Sinne — ungeachtet der Pandemie: Frohe Ostern!

+ Roald Nikolai

Dr. Roald Nikolai Flemestad ist Bischof der Nordisch-katholischen Kirche und Missionsbischof der Union von Scranton für Kontinentaleuropa und Großbritannien.

Katechetische Notizen zur orthodox-altkatholischen Lehre, II/3 (Mariologie)

[Verkündigung an die heilige Maria: Emmanuel Tzanfournaris 1575-1630]

Mit den besten Wünschen zum morgigen Hochfest der Verkündigung des Herrn und zur bevorstehenden Heiligen Woche dokumentieren wir hier weitere Notizen zur Katechesenreihe (von F. Irenäus Herzberg) über das orthodox-altkatholische Konsensdokument Koinonia auf altkirchlicher Basis (= IKZ 79/4 Beiheft, 1989, Hrsg. Urs von Arx). 

Bisher erschienen in der Reihe die folgenden Teile: 

II/3 Die Gottesmutter

Darf und soll die heilige Jungfrau Maria „Gottesgebärerin“ bzw. „Gottesmutter“ genannt werden?

Ja! Begründung:

  • Wie zuvor dargelegt (II/2, 1), sind in der Person (Hypostase) Jesus Christus die göttliche und die menschliche Natur vereinigt: er ist Gottmensch – wahrer Gott und wahrer Mensch. [Der Mensch Jesus von Nazareth war von seiner Empfängnis im Mutterleib an bereits das fleischgewordene Wort Gottes.]
  • Folglich hat die heilige Jungfrau Maria eben nicht bloß einen Menschen geboren, sondern den Gottmenschen. Daher gebührt ihr der Titel Gottesgebärerin (theotókos 3. Ökumenisches Konzil, Ephesos 431) – [und nicht nur jener der christotókos, d.h. Christusgebärerin, wie von der häretisch-nestorianischen Partei vorgeschlagen].
  • Der Titel der ,Gottesgebärerin‘ bzw. ,Gottesmutter‘ für die heilige Jungfrau Maria bringt die gesamte Erlösungslehre auf den Punkt [und gilt daher oft als Lackmustest bzw. Schibboleth der Rechtgläubigkeit]; dieser Titel „stellt das ganze Geheimnis des Heilsplanes dar“ (Johannes von Damaskus, Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens, III, 12; BKV I, 44: 142).

(1.) Wie vereinte sich der Erlöser mit dem menschlichen Geschlecht?

  • Die Allmacht Gottes bewirkte durch den Heiligen Geist die Empfängnis der heiligen Jungfrau Maria, mithin ihre wahre Mutterschaft, als die „Kraft des Höchsten [sie] überschattete“ (Lk 1,35).
  • Das göttliche Wort nahm die menschliche Natur mit Leib und Seele an und wurde Fleisch (Joh 1,14).

Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Einheit der Person Christi und dem Titel der Gottesmutterschaft Mariens?

Beide Glaubenswahrheiten stehen in einem engen logischen Zusammenhang:

  • Die unvermischte Vereinigung der göttlichen und der menschlichen Natur in dem einen Herrn Jesus Christus kommt dadurch zustande, dass Gott das Wort bei der Empfängnis der Jungfrau aus ihr einen Tempel nimmt und mit sich selbst vereinigt. (Formula unionis von 433 der antiochenischen und der alexandrinischen Partei)
  • Weil die göttliche und die menschliche Natur unvermischt vereinigt wurden, können wir sagen: Unser Herr Jesus Christus ist der eine Sohn Gottes, „aus dem Vater gezeugt der Gottheit nach, […] aus der Jungfrau [geboren] der Menschheit nach.“ (4. Ökumenisches Konzil, Chalkedon 451)

(2.) Was meint die Jungfräulichkeit der heiligen Maria?

  • Es ist damit nicht nur die Jungfräulichkeit bei der Empfängnis, sondern auch bei (!) [virginitas in partu] und nach der Geburt [virginitas post partum] gemeint.
  • Schon der heilige Ignatius von Antiochien nennt die Geburt der Jungfrau Maria [neben ihrer jungfräulichen Mutterschaft und dem Tod des Herrn] eines von „drei laut rufenden Geheimnissen“ (ad Eph. 19, BKV I, 35: 124)
  • Die Väter des 4. Ökumenischen Konzils sprechen gegenüber Kaiser Markian vom „herrlich versiegelten“ Leib der Jungfrau Maria; die Entscheidungen des [5.und] 7. Ökumenischen Konzils ehren sie als „stete Jungfrau“ [aeiparthenos].
  • Schon der heilige Augustinus lehrt: „Eine Jungfrau empfing, eine Jungfrau gebar und blieb auch nach der Geburt Jungfrau“ (de symb. ad cat. 1,3; BKV I, 37: 359). [Dass eine solche Merkformel Eingang in einen katechetischen Diskurs findet, deutet ebenso wie die Aussage der Väter des 4. Ökumenischen Konzils auf eine sehr gefestigte Tradition hierzu schon im 5 Jahrhundert hin.]
  • [Die virginitas in partu Mariens widerspricht natürlich – ebenso wie die leibhaftige Auferstehung – dem im 19. und frühen 20. Jahrhundert üblichen deterministischen Verständnis der Naturgesetze. Hierzu ist das Folgende zu sagen. (a) Seit mehr als einem Jahrhundert erklärt die Physik das Verhalten von Materie mit dem Welle-Teilchen-Dualismus, wobei nach herrschender Meinung (Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik) der Ortsvektor von Teilchen eine Zufallsvariable ist (vgl. Tunneleffekt); demzufolge sind die genannten wundersamen Phänomene zwar statistisch extrem unwahrscheinlich, aber nicht einmal physikalisch ausgeschlossen. (b) Da es hier um einmalige Ereignisse der Heilsgeschichte geht, deren Wiederholbarkeit die Kirche ja gerade bestreitet, kommt ein bloß statistisch begründeter Zweifel an ihnen einer petitio principii nahe. (c) Philosophisch ist zudem zu sagen, dass selbst eine physikalische Unmöglichkeit keine metaphysische oder gar logische ist. (d) Theologisch ist unabhängig von Punkt (a) zu bemerken: Selbst unter der Annahme eines deterministischen Weltbildes wird die Gesetzmäßigkeit der Schöpfung durch einige wenige Suspendierungen der physikalischen Kräfte keineswegs so weit beeinträchtigt, dass daraus ein anderes Gottesbild entstünde.]
  • [Ähnlich kann auch eine Apologie der jungfräulichen Geburt entfaltet werden. Das Inkarnationsdogma ist somit nicht unvernünftig, sondern übervernünftig, wenngleich für den begrenzten menschlichen Verstand stets offene Fragen bleiben werden.]
  • [Mt 1,25 widerspricht der virginitas post partum nicht, da es hier nur um die Geburt Jesu geht; die Präposition heôs deutet eine Mindestdauer, keine Höchstdauer an.]
  • [Der semitische Sprachgebrauch bezeichnet Cousins und entferntere männliche Verwandte ebenfalls als „Brüder“. Die im Neuen Testament mehrfach bezeugten „Brüder Jesu“ müssen daher nicht dieselbe Mutter wie er gehabt haben, sie könnten Cousins oder Stiefbrüder (Kinder des heiligen Josef aus einer früheren Ehe) sein.]

(3.) Wofür verehrt die Kirche die Gottesmutter, was sind ihre Titel?

  • Die Kirche zollt der heiligen Maria große Verehrung [doulia, hyperdoulia]; wirkliche Anbetung [latreia] aber gebührt nur Gott.
  • Sie ehrt die Gottesmutter als auserwähltes Gefäß, insofern sie das Wort Gottes gläubig, demütig und gehorsam angenommen hat.
  • Sie ist Begnadete, Erste der Heiligen [panagia, Allheilige], Allreine, insofern lässt sich bei ihr von einer relativen Sündlosigkeit aus Gnaden sprechen, „zumal von der Herabkunft des Heiligen Geistes auf sie an“ (Koinonia, 57).
  • Absolute Sündlosigkeit eignet jedoch nur dem Herrn Jesus Christus.

Wie steht die Kirche zu den neuzeitlichen Mariendogmen?

  • Das Dogma der Unbefleckten Empfängnis Mariens [passiv!, d.h. von der heiligen Anna] wird mit Blick auf die Form der Dogmatisierung (päpstlicher Lehrentscheid) abgelehnt. Inhaltlich wird es so weit zurückgewiesen wie damit eine absolute Sündlosigkeit der heiligen Jungfrau Maria gelehrt werden soll (siehe oben II/3, 3) .
  • [Im Offiziellen Kommentar zur Erklärung von Scranton wird die immaculata conceptio zwar nicht als Dogma, aber doch als wiederkehrender Bestandteil kirchlicher Lehre – auch der eigenen Kirche – gewürdigt (SYNODOS 3: 22). Hierzu werden allerdings keine Quellen genannt. Es ist jedoch bekannt, dass schon Thomas von Aquin (Summa theologiæ III, q. 27, a. 1) – übereinstimmend mit der herrschenden Meinung ostkirchlicher Theologen – lehrte: Die heilige Maria wurde noch im Mutterleib durch den Heiligen Geist von der Erbsünde gereinigt (und vor Tatsünden bewahrt). Allerdings räumt auch Thomas ein, dass diese Reinigung erst stattfand, nachdem sie bereits – somit erlösungsbedürftig – ins Dasein getreten war (a. 2). Ferner lehrt er, dass sie nach der Verkündigung der Geburt des Herrn abermals gereinigt wurde (a. 3), so wie es ja auch der heilige Johannes von Damaskus bezeugt (Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens, III, 2, PG 94, 985B = BKV² I, 44: 115).]
  • Das zweite neuzeitliche römisch-katholische Mariendogma lehrt, die heilige Jungfrau Maria sei am Ende ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden. Dieses Dogma lehnt die Kirche ebenfalls im Hinblick auf die Form der Dogmatisierung ab. Zugleich ist sie überzeugt, dass die heilige Jungfrau Maria in großer Seligkeit entschlafen ist und feiert daher den Tag ihres Heimgangs.
  • [Der Offizielle Kommentar zur Erklärung von Scranton hält zudem daran fest, dass die Aufnahme Mariens im obigen Sinne wiederkehrender Bestandteil kirchlicher Lehre – auch der eigenen Kirche – ist (SYNODOS 3: 22). Auch hier werden keine Quellen genannt. Gleichwohl berichtet bereits das Alte Testament bekanntermaßen von Henoch und Elija eine leibliche Aufnahme in den Himmel. Dass diese Gnade auch der Mutter des Erlösers der Menschheit zuteil wurde, ist daher nur plausibel. Da die Überlieferung dazu jedoch nicht eindeutig ist, erkennen Orthodoxe und Altkatholiken hierin auch keinen unumstößlichen Glaubenssatz.]

(4.) Darf die Gottesmutter als „Mittlerin“ angerufen werden?

Nein:

  • Die heilige Maria leistet stets Fürbitte für die Kirche bei ihrem Sohn und wird daher in der (byzantinischen) liturgischen Tradition auch als „Vermittlerin“ (mesítria) bezeichnet.
  • Sie ist aber weder „Mittlerin“ (commediatrix), noch „Miterlöserin“ (corredemptrix)!
  • [Mittler und Erlöser ist allein der Gottmensch: unser Herr Jesus Christus.]

Fortsetzung folgt: III/1–I Wesen der Kirche (Grundlagen der Ekklesiologie)