Notizen zur orthodox-altkatholischen Lehre, III/1–II: Eigenschaften der Kirche

Christus und die Apostel: Antependium, Kathedrale von Urgell/Katalonien, um 1200

Die orthodoxen und die altkatholischen Kirchen haben zwischen 1975–1987 einen umfassenden theologischen Konsens erarbeitet — mit dem Ziel einer kanonischen Vereinigung. Während sich einige altkatholische Kirchen (besonders in Westeuropa) hiervon später distanziert haben, hält die Union von Scranton an diesem altkirchlichen Glauben weiterhin fest. Wir dokumentieren hier weitere Notizen zur Katechesenreihe (von Bischofsvikar F. Herzberg) über das orthodox-altkatholische Konsensdokument Koinonia auf altkirchlicher Basis (= IKZ 79/4 Beiheft, 1989, Hrsg. Urs von Arx). 

Bisher erschienen in der Katechesenreihe die folgenden Teile: 

III/1–II. Wesentliche Eigenschaften der Kirche

(II.) Wo wird das Wesen der Kirche dogmatisch definiert, und mit welcher Formel?

Das Symbol (= Glaubensbekenntnis) des Zweiten Ökumenischen Konzils (Konstantinopel 381) lehrt, aufbauend auf dem Symbol des Ersten Ökumenischen Konzils (Nizäa 325), „die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. Es wurde vom Vierten Ökumenischen Konzil (Chalkedon 451) bestätigt. [Mit dem Begriff „Ökumenisches Konzil“ ist hier eine Versammlung von Bischöfen aus der gesamten bewohnten Welt (oikoumene) gemeint, in Abgrenzung von den Provinzial- oder Regionalsynoden; gelegentlich verwendet man hierfür auch den Begriff „Ökumenische Synode“.]

(II.1.) In welchem Sinne ist die Kirche „eine“?

  • Die Kirche ist der Leib Christi und hat ein Haupt, nämlich Christus. Daher gibt es auch nur einen zu Christus gehörenden und vom Heiligen Geist beseelten Leib; in diesem Leib ist Christus mit allen Gläubigen als Gliedern vereinigt.
  • Die Ortskirchen als Teile dieses Leibes sind miteinander verbunden durch
    1. die Einheit des Glaubens,
    2. die Einheit des Gottesdiensts und
    3. die Einheit der Ordnung. [Vgl. Apg 2,42]
  • Durch den Glauben und Gottesdienst werden die Gläubigen mit Christus und untereinander verbunden; umgekehrt bringen sie ihre Verbindung durch das Bekennen desselben Glaubens und das Feiern des desselben Gottesdiensts (soweit dieser den Glauben zum Ausdruck bringt), zum Ausdruck.
  • Die Einheit der Ordnung zeigt sich
    • in den Grundsätzen, nach welchen die Leitung ausgeübt wird, und
    • in der Anerkennung eines Leitungsamts durch die Gläubigen, als Autorität gemäß Kirchenrecht, nämlich der Gemeinschaft der Bischöfe.

Widerspricht die Vielfalt der Sichtweisen in der Kirche ihrer Einheit?

Die gleichen ewigen Wahrheiten des Glaubens werden von den Gläubigen zuweilen auf verschiedene Weise erkannt. Darüber hinaus ist die Kirche oft geduldig mit verirrten Gliedern und schließt diese nicht sofort aus. In alledem liegt kein Widerspruch zur Einheit des Glaubens.

Worin gründet die Einheit der Kirche?

  • Die Kirche bildet als Leib Christi eine Einheit, in der die vielen Glieder vereinigt sind.
  • Der Herr hat für die Einheit der Kirche gebetet – und zwar als Einheit, die jener von Gott-Vater und Gott-Sohn entspricht (Joh 17,21).
  • Die Einheit der Kirche ist somit ein Abbild der Einheit der heiligen Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und Heiligem Geist.
  • Die Glieder der Kirche sind berufen, durch die Einheit ihres Willens dieses Abbild erkennbar werden zu lassen.

(II.2.) In welchem Sinne ist die Kirche „heilig“?

[Heiligkeit bedeutet in der Schrift: ausgesondert zu sein für Gott – und dadurch auch den sündhaften Zusammenhängen dieser Welt entrissen.] Die Heiligkeit der Kirche besteht in ihrer Verbindung mit Christus:

  • Er, der absolut Heilige, ist ihr Haupt und gibt ihr Anteil an Seinem göttlichen Leben.
  • Er hat sich für sie aufgeopfert und sie dadurch für sich geweiht. (Eph 5,25-27)
  • Er hat sie ausgesondert zum „Haus Gottes“. (1 Tim 3,15, Hebr 3,6)
  • Er hat alle ihre Glieder, nämlich das Volk Gottes, mit Seinem Blut besprengt und so geweiht und geheiligt (Hebr 13,12); diese heißen daher „Heilige“ (Apg 9,13).

Widerspricht die Sündhaftigkeit ihrer Glieder der Heiligkeit der Kirche?

  • Nein, da die Heiligkeit der Kirche in der Heiligkeit Christi gründet (siehe oben).
  • Die Behauptung, die Kirche bestehe nur aus vollkommen heiligen Menschen, ist eine irrige Übertreibung asketischer Strenge; sie wurde von den Kirchenvätern einmütig verurteilt [z.B. von Augustinus in Auseinandersetzung mit den Donatisten].

(II.3) In welchem äußeren Sinne ist die Kirche „katholisch“?

  • [„Katholisch“ heißt wörtlich: dem Ganzen gemäß, all-umfassend.]
  • Die Kirche hat den Herrn des Alls zum Haupt.
  • Dieser hat ihr verheißen, sie werde sich durch alle Zeiten, Nationen und Kulturen erstrecken (Mt 28,20, Mk 16,15, Apg 1,8 [Offb 7,9]).
  • Diesen äußeren Sinn der Katholizität nennt man auch „quantitativ“.

In welchem inneren Sinne ist die Kirche „katholisch“?

  • Die Kirche vertritt durch Raum und Zeit hindurch stets die gleiche Fülle der Lehre.
  • Sie bewahrt „was überall, was immer und was von allen geglaubt worden ist“ (Vinzenz von Lérins, Commonitorium 2, Migne PL 50, 640 [BKV I, 20, 165]).
  • Die katholische Kirche zu sein, heißt, die rechtgläubige [griechisch: „orthodoxe“], authentische und wahre Kirche zu sein. Dies ist der qualitative Sinn von Katholizität.

Wie kann die Katholizität der Kirche noch beschrieben werden?

In den Worten des heiligen Kyrill von Jerusalem (Katechesen 18, 23; Migne PG 33, 1044; BKV² I, 41, 351f.): „Die Kirche heißt katholisch, weil sie auf dem ganzen Erdkreis, von dem einen Ende bis zum anderen, ausgebreitet ist, weil sie allgemein und ohne Unterlass all das lehrt, was der Mensch von dem Sichtbaren und Unsichtbaren, von dem Himmlischen und Irdischen wissen muss, weil sie das ganze Menschengeschlecht, Herrscher und Untertanen, Gebildete und Ungebildete, zur Gottesverehrung führt, weil sie allgemein jede Art von Sünden, die mit der Seele und dem Leibe begangen werden, behandelt und heilt, endlich weil sie in sich jede Art von Tugend, die es gibt, besitzt, mag sich dieselbe in Werken oder Worten oder in irgendwelchen Gnadengaben offenbaren.“

(II.4) Inwiefern ist die Kirche „apostolisch“?

  • Der Herr der Kirche ist laut der Schrift (Hebr 3,1, vgl. Gal 4,4) selbst der erste „Apostel“ [d.h. ein von Gott dem Vater zu den Menschen Gesandter].
  • Die Kirche ist „aufgebaut auf dem Grund der Apostel und Propheten, wobei Christus Jesus selbst der Eckstein ist“ (Eph 2,20).

Lässt sich auch hier ein innerer und ein äußerer Sinn der Apostolizität unterscheiden?

  • So wie der Vater den Sohn in die Welt gesandt hat, sandte Christus die Apostel zur Verkündigung Seiner Lehre aus (Joh 20,21, Lk 10,16 [Mt 28,20]); die Apostel wiederum gaben den anvertraute Schatz der Wahrheit an ihre Nachfolger weiter.
  • Die Kirche ist apostolisch im inneren Sinn, da sie treu, unverkürzt und unverfälscht diese Lehre bis zum heutigen Tag weitergibt.
  • Die Kirche ist apostolisch im äußeren Sinn, da ihre Hirten und Lehrer, die Bischöfe, in einer ununterbrochenen Reihe der Nachfolge stehen, die bis auf die Apostel zurückreicht [= apostolische Sukzession].

Lassen sich die beschriebenen vier dogmatischen Eigenschaften der Kirche [notae ecclesiae] voneinander trennen?

Nein, denn sie bedingen einander notwendig und verbürgen zusammen die Unüberwindlichkeit [Mt 16,18] und Unfehlbarkeit der Kirche als „Säule und Grundfeste der Wahrheit“ (1 Tim 3,15).

Fortsetzung folgt: III/2 Die Einheit der Kirche und die Ortskirchen

Pfingsten! Und dann? Eine Gemeinde entsteht

Das Moseltal bei Bernkastel-Kues

Feste Grundlagen

Im Anschluss an den Pfingst-Gottesdienst der nordisch-katholischen Mission an der Mosel entstand auf der weltlichen Feier der Impuls für weitere Treffen mit dem Thema der Verwirklichung des Kirche-Seins. Die Treffen standen unter der Überschrift „Kirche wie am Anfang: Außenseiter-Gemeinschaft mit konkretem Auftrag“; Ziel war das Formulieren eines gemeinschaftlichen Selbstverständnisses. 

Im Mittelpunkt der Überlegungen stand die Betrachtung der Perikope 1Petr 2,4ff.:

Wenn ihr zu ihm, dem lebendigen Stein, herantretet, der von den Menschen zwar als unbrauchbar verworfen, bei Gott aber als ein auserwähltes Kleinod gilt, 5so werdet auch ihr selbst als lebendige Bausteine zu einem geistlichen Hause, zu einer heiligen Priesterschaft aufgebaut, um geistliche Opfer darzubringen, die Gott durch Jesus Christus wohlgefällig sind. 6In der Schrift heißt es ja (Jes 28,16): »Seht, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen kostbaren Eckstein; und wer auf ihn sein Vertrauen setzt, wird nimmermehr zuschanden werden.«

1. Petrusbrief, Kapitel 2, Verse 4-6

Folgende Punkte wurden für die Missionsgemeinde an der Mosel festgehalten:

  • Fundament der Missionsgemeinde ist die ekklesiologische Zugehörigkeit zum Leib Christi.
  • Die Missionsgemeinde versteht sich als Basisgemeinde — als christliche, von Laien verwaltete Gemeinschaft vor Ort.
  • Die seelsorgliche Betreuung erfolgt durch die nordisch-katholische Kirche, auf der Grundlage von deren Amts- und Sakramentsverständnis.
  • Angehörige anderer christlicher Konfessionen sind zu allen Veranstaltungen herzlich eingeladen.
  • Die Missionsgemeinde versteht sich konfessionell als ‚orthodox mit westlichem Ritus‘.*
  • Die heilige Eucharistie wird gemäß dem nordisch-katholischen Messbuch gefeiert, mit der Kommunion unter beiderlei Gestalt.
  • Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben. Anfallende Kosten für Räumlichkeiten etc. werden über Spenden an das Martinuswerk e.V., Kollekten und Kerzenopfer geregelt.

* Grundlage ist der im orthodox-altkatholischen Dialog 1975-1987 festgehaltene altkirchliche Glaube.

Katechese und Gemeinschaft

Am Mittwoch nach dem Trinitatisfest (15. Juni) fand dann ein dreiteiliger Themenabend unter Leitung des Pastoralen Mitarbeiters Br. Josef im Weingut Christoph Pfeiffer unter dem Motto „Kirche, Kirchen, Christentum und ich: Sola scriptura?“ statt. Im ersten Teil ging es ausgehend vom Pfingstereignis (Apg 2) um die Entwicklung der Kirche unter den kulturellen und politischen Gegebenheiten des römischen Reiches. Entlang der Kirchengeschichte wurde die kontinuierliche Weitergabe der christlichen Glaubensinhalte ausgehend vom Apostelkonzil (48 n.Chr.) bis in die heutige Zeit dargestellt. Themen waren unter anderem die apostolische Sukzession, die Inhalte der Traditio apostolica und das Vermächtnis der Kirchenväter im Allgemeinen.

Im zweiten Teil ging es um die orthodoxe Ekklesiologie und Eschatologie und um die Umsetzung des orthodox-altkatholischen Konsensdokuments (Koinonia auf altkirchlicher Basis = IKZ 79 [1989], Beiheft zu Nr. 4). Im Anschluss an eine angeregte Diskussion ging es im dritten Teil um die Kernbotschaft des Evangeliums — am Beispiel des Schächers am Kreuz und seiner Bekehrung zu Christus in der Todesstunde (Lk 23,39-43).

Den Schluss des Vortrages bildete dann die Betrachtung des Pfingstereignisses als Geburtsstunde der Urgemeinde und Inspiration geistlicher Aufbrüche bis in die Gegenwart. Vor dem gemütlichen Ausklang im Weinkeller fasste Br. Josef zusammen: „Der menschgewordene Gott hat Sein öffentliches Wirken mit der Weinvermehrung begonnen und setzt es durch die Ausgießung des Heiligen Geistes bis zum heutigen Tag fort; es lohnt sich, Ihm zu folgen!“ Freudig und gut gelaunt gingen die Gespräche an diesem Abend weiter, bis tief in die Nacht hinein.

Deo gratias!

Pfingstfreude 2022

Die beiden Neupriester mit ihren Antimensien

[Update: Weitere Bilder der Pfingst-Gottesdienste untenan]

Die Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingsttag vor fast zweitausend Jahren gilt bekanntlich als Gründungsdatum der Kirche. Der diesjährige „Geburtstag der Kirche“ war für die deutsche Administratur der Nordisch-katholischen Kirche ein besonderes Freudenfest — dank des Besuchs unseres Bischofs, S.E. Dr. Roald Nikolai Flemestad, der am Pfingstwochenende in der Abtei St. Severin (Kaufbeuren) vier Männer zum Dienst in der Kirche weihte:

Diakon Joachim Danz — Kuratie Bayern

Diakon Thomas Schulze — Augustinus-Gemeinschaft

Priester Dr. Zoltán Drenkó — Mission Ungarn/Slowakei

Priester Davide Mossenta — Mission Norditalien

Mögen sie alle unter dem Segen des Herrn ihren Dienst treu und voll Freude versehen — zu Gottes Ehre und zum Heil der Menschen Seiner Gnade.

Bischof Roald mit Diakon Br. Thomas und Sr. Johanna (Augustinus-Gemeinschaft)
Bischof Roald mit den neu geweihten Diakonen
Litanei bei der Priesterweihe
Neupriester am Altar
v.l.n.r.: Abt Michael OPR, Neupriester Dr. Zoltán Drenkó, Bischof Dr. Roald N. Flemestad, Priester Péter Kováts

Pfingst-Feier 2022 der Nordisch-katholischen Mission an der Mosel:

Homilie
Kommunion
weltliche Feier

„Veni, Sancte Spiritus!“

Pastoralbesuch von Bischof Roald mit Ordinationen

Pfingstwunder, Berthold-Sakramentar, ca. 1215

Am kommenden Pfingstwochenende wird Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad (Oslo) die deutsche Administratur der Nordisch-katholischen Kirche besuchen. Wir freuen uns bekanntzugeben, dass Bischof Roald bei dieser Gelegenheit gleich mehrere Ordinationen für die deutsche Administratur und ihre ungarische Mission vornehmen wird.

Das Sakrament der Weihe zum Diakon sollen empfangen:

Dipl.-Theol. Joachim Danz
Dr. Zoltán Drenkó

Br. Thomas Schulze

Das Sakrament der Priesterweihe sollen empfangen:

Diakon Davide Mossenta
Diakon Dr. Zoltán Drenkó

Die Diakonweihen sind für Samstag, den 4. Juni, um 16 Uhr und die Priesterweihen für Sonntag, den 5. Juni, um 11 Uhr — jeweils in der Abtei St. Severin in Kaufbeuren — terminiert. Wir bitten herzlich um Ihr Gebet für die Weihekandidaten.

Allen Leserinnen und Lesern dieser Seite wünschen wir ein frohes, von der Gnade des Heiligen Geistes erfülltes Pfingstfest!


Einstimmiger Friedensappell aller orthodoxen Kirchen

Prophet-Elias-Kapelle, Protaras/Zypern (Foto Yuri Koryakov, CC BY-SA3.0)

Aus dem Bericht der Inter-orthodoxen Vorbereitungskonferenz der orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Delegierten zur 11. Vollversammlung des Weltkirchenrats (Karlsruhe, September 2022) in Paralimni/Zypern

Als Christen sind wir stark betroffen von den Tragödien, die vor unseren Augen stattfinden. Die Hilferufe von Millionen unserer Brüder und Schwestern in verschiedenen Teilen der Welt dürfen nicht die Stimme bleiben, die „in lautem Wehklagen“ gehört wird, wie Rachel „um ihre Kinder weint und sich weigert, getröstet zu werden, da sie nicht mehr sind“ (Matthäus 2,18). Als orthodoxe Kirchen — die sowohl ihre Geschichte als auch ihre Gegenwart mit dem Geheimnis des Kreuzes, des Leidens und der Auferstehung des Herrn identifizieren — sind wir tief besorgt über die Konflikte, Menschenrechtsverletzungen, die Verschärfung der Flüchtlingskrise, die systematische Zerstörung des christlichen Kulturerbes, Terroranschläge und Verfolgungen und Entwurzelung von Christen in verschiedenen Teilen der Welt. Wir sind besonders besorgt über die Situation in der Ukraine, in Armenien, Zypern, Syrien, Palästina, im Irak, im Nahen Osten und in Afrika und an anderen Orten in der Welt und schließen diese in unser Gebet ein. Wir rufen auch mit Trauer die noch immer ungelöste Situation des entführten Erzbischofs Paul Yazigi des Griechisch-Orthodoxen Patriarchats von Antiochia, des syrisch-orthodoxen Erzbischofs Yohanna Ibrahim und anderer entführter Geistlicher und Laien in Erinnerung. „Nie wieder“: „Wir vergessen nicht“ die Folgen von Erniedrigung und Entmenschlichung, die über Generationen hinweg zu unsagbarem Schmerz und Leid geführt haben.

Während unserer Beratungen wurde große Besorgnis über den bewaffneten Konflikt in der Ukraine zum Ausdruck gebracht, der bereits viele Menschenleben gefordert hat. Die Teilnehmer des Treffens haben die Kriege einstimmig verurteilt und alle an den Konflikten beteiligten Parteien aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um dringend Frieden herzustellen und die Sicherheit in der Ukraine, in Russland, in Europa und in der ganzen Welt zu gewährleisten. Wir verurteilen auch systematische Desinformationskampagnen, die Spaltung und Hass fördern. In dieser Zeit großer Not sind wir berufen, inbrünstige Gebete an Christus, den Erretter, zu richten, damit der Hass nicht die Seelen und Herzen der Menschen erfasst, sondern Liebe und brüderliche Gemeinschaft den gequälten Brudervölkern wieder zuteil werden.

Wir sollten nicht zulassen, dass unsere Herzen und Gedanken von all den Leidenschaften, alten Unvollkommenheiten und den Ausdrucksformen unserer gefallenen menschlichen Natur beherrscht werden, welche uns zur Sünde und zur Entfernung von Gott und unserem Nächsten treibt. Wir sind überzeugt, dass Konflikte nur durch friedliche Mittel und Dialog gelöst werden dürfen und nicht durch militärische Aktionen. Unser Aufruf und unser Gebet zielt auf die sofortige Einstellung der Gewalt in diesen Gebieten, wie überall dort, wo Konflikte auftreten, auf die Einhaltung des Selbstbestimmungsrechts (der Völker) und auf gute Regierungsführung. Die Liebe Christi bewegt uns, für Versöhnung und Einheit zu arbeiten und zu beten, um Gottes Friedenswillen zum Ausdruck zu bringen.

[nicht autorisierte Übersetzung der Ziffern 23-25 des Berichts der Beratungen vom 10.-15. Mai 2022]

Pfarrer Dieter Kniese (1935-2022)

 Er wird den Tod verschlingen ewiglich; und der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen. (Jes 25,8)

In den frühen Morgenstunden des vergangenen Dienstags hat Gott der Herr seinen treuen Diener Pfarrer i.R. Dieter Kniese in sein Reich berufen. Pfarrer Kniese studierte von 1965–1971 alt-katholische Theologie in Bonn und wurde nach seiner Diakonenweihe 1970 im darauffolgenden Jahr von Bischof Joseph Brinkhues zum Priester geweiht. Nach seiner Zeit als Pfarrvikar in Frankfurt am Main wurde er 1978 zum Pfarrer für die Gemeinde in Frankfurt gewählt und betreute zugleich Gottesdienstorte in Oberursel, Butzbach, Fulda und Frankfurt-Bornheim. Sein mediales Geschick konnte Pfr. Kniese als Redakteur der alt-katholischen Kirchenzeitung, als Zelebrant für Gottesdienste und Morgenimpulse im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und später als Mitarbeiter des Rundfunks für die US-Streitkräfte einbringen.

Nach Gründung der nordisch-katholischen Mission in Deutschland konvertierte Pfr. Kniese zur nordisch-katholischen Kirche und unterstützte sie durch vielfältigen Einsatz in Liturgie, Verkündigung und Diakonie. Seine fachliche Kompetenz, menschliche Größe und reife Lebenserfahrung werden uns fehlen. Wir danken Gott dem Herrn für die gesegnete Zeit, die wir mit ihm gemeinsam verbringen durften. Dieter Kniese wurde 87 Jahre alt.

Unser Zuspruch des Trostes und der Hoffnung gilt der Familie Kniese. Ihr sind wir im Gebet verbunden.

Requiescat in pace.

Für die nordisch-katholische Administratur
in Deutschland und Ungarn

im Namen S.E. Bischof Roald Nikolai Flemestad
Daniel Gerte, leitender Missionspfarrer

Christus ist auferstanden!

Auferstehung Christi: Mosaik, 11. Jh., Kloster Hosios Loukas bei Distomo/Griechenland

Christ ist erstanden
von der Marter alle.
Des soll’n wir alle froh sein;
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

Wär er nicht erstanden,
so wär die Welt vergangen.
Seit dass er erstanden ist,
so freut sich alles, was da ist.[3]
Kyrieleis.

Halleluja,
Halleluja,
Halleluja.
Des soll’n wir alle froh sein;
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

Christus ist auferstanden; Er ist Sieger über Sünde und Tod.
In der Kirche lässt Er Sein Reich schon jetzt anbrechen.

Deshalb haben wir Grund zu Hoffnung und Freude
— ungeachtet aller Schrecken dieser Welt.
In diesem Sinne: Frohe, gesegnete Ostern!

‚Das Vorbild von Christi Demut‘

Das heilige Abendmahl: Italo-byzantinisches Fresko,
Sant‘ Angelo in Formis bei Capua

Allen Leserinnen und Lesern dieser Seite wünschen wir
einen gesegneten Abschluss der Karwoche!

Aus der Liturgie des Gründonnerstags

Tagesgebet

Von der Heiligen Woche

Allmächtiger und ewig lebender Gott! Aus zärtlicher Liebe zum Menschengeschlecht hast Du Deinen Sohn Jesus Christus gesandt, unser Fleisch anzunehmen und den Tod am Kreuz zu erdulden, auf dass die gesamte Menschheit dem Vorbild Seiner tiefen Demut folge. Verleihe uns in Gnaden, dass wir sowohl dem Beispiel Seiner Geduld folgen als auch Teilhaber Seiner Auferstehung werden. Durch denselben Jesus Christus, unseren Herrn, der mit Dir und dem Heiligen Geist, ein einiger Gott, lebt und herrscht, jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Introitus

Ps 56

2Sei mir gnädig, o Gott, denn Menschen stellen mir nach!
Immerfort bedrängen mich Krieger.

3Meine Feinde stellen mir immerfort nach,
ja viele sind’s, die in Hochmut mich befehden.

4In Zeiten, da mir angst ist, vertrau ich auf Dich!
5Mit Gottes Hilfe werde sein Wort ich rühmen.

Auf Gott vertrau’ ich, fürchte mich nicht;
was können Menschen mir antun?

6Allzeit suchen sie meiner Sache zu schaden;
gegen mich ist all ihr Sinnen gerichtet auf Böses.

7Sie rotten sich zusammen, lauern auf meine Schritte,
dieweil sie nach dem Leben mir trachten.

8Ob der Bosheit zahle ihnen heim,
im Zorn lass die Völker niedersinken, o Gott!

9Meines Elends Tage hast Du gezählt, /
meine Tränen in Deinem Schlauche gesammelt;
ja gewiss, sie stehen in Deinem Buche verzeichnet.

10So werden denn meine Feinde weichen, sobald (zu Gott) ich rufe;
dessen bin ich gewiss, dass Gott mir beisteht.

11Mit Gottes Hilfe werde sein Wort ich rühmen,
mit Hilfe des HERRN werde sein Wort ich rühmen.

12Auf Gott vertrau’ ich, fürchte mich nicht:
was können Menschen mir antun?

13Mir obliegt es, Dir, Gott, zu erfüllen meine Gelübde:
Dankopfer will ich Dir entrichten;

14denn Du hast meine Seele vom Tode errettet,
ja, meine Füße vom Straucheln,

dass ich wandeln soll vor Gottes Angesicht
im Lichte des Lebens.

Alternativ: Ps 69

Epistel

1 Kor 11,17–34

Aus dem ersten Brief des heiligen Apostels Paulus an die Korinther.

Brüder und Schwestern! 17Die folgenden Anordnungen aber treffe ich, weil ich es nicht löblich finde, dass eure Zusammenkünfte euch nicht zum Segen, sondern zur Schädigung gereichen. 18Zunächst nämlich höre ich, dass, wenn ihr in einer Gemeindeversammlung zusammenkommt, Spaltungen unter euch bestehen, und zum Teil glaube ich es wirklich; 19es muss ja doch auch Parteiungen bei euch geben, damit die Bewährten unter euch erkennbar werden! 20Wenn ihr also an einem Ort zusammenkommt, so ist es nicht möglich, das Herrenmahl in rechter Weise zu halten; 21denn jeder nimmt beim Essen seine eigene Mahlzeit vorweg, so dass der eine hungrig bleibt, während der andere trunken ist. 22Habt ihr denn keine Häuser, um dort zu essen und zu trinken? Oder verachtet ihr die Gemeinde Gottes und geht ihr darauf aus, die Unbemittelten zu beschämen? Was soll ich dazu sagen? Soll ich euch etwa loben? In diesem Punkte sicherlich nicht! 23Denn ich habe es meinerseits vom Herrn her so mitgeteilt erhalten, wie ich es euch auch überliefert habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, in der er verraten wurde, nahm er Brot, 24sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: »Dies ist mein Leib, (der) für euch (dahingegeben wird); dies tut zu meinem Gedächtnis!« 25Ebenso (nahm er) auch den Kelch nach dem Mahl und sagte: »Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; dies tut, sooft ihr (ihn) trinkt, zu meinem Gedächtnis!« 26Denn sooft ihr dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt ihr (damit) den Tod des Herrn, bis er (wieder-) kommt. 27Wer daher in unwürdiger Weise das Brot isst oder den Kelch des Herrn trinkt, der wird sich am Leibe und am Blute des Herrn versündigen. 28Jedermann prüfe sich also selbst und esse dann erst von dem Brot und trinke aus dem Kelch! 29Denn wer da isst und trinkt, der zieht sich selbst durch sein Essen und Trinken ein (göttliches) Strafurteil zu, wenn er den Leib (des Herrn) nicht unterscheidet. 30Deshalb gibt es unter euch auch Schwache und Kranke in so großer Zahl, und gar viele sind schon entschlafen. 31Wenn wir aber mit uns selbst ins Gericht gingen, so würden wir kein Strafurteil empfangen. 32Indem wir jedoch ein Strafurteil empfangen, werden wir vom Herrn in Zucht genommen, damit wir nicht mit der Welt zusammen verurteilt werden. 33Darum, meine Brüder, wenn ihr zum Mahle zusammenkommt, so wartet aufeinander! 34Wenn jemand Hunger hat, so esse er (vorher) zu Hause, damit ihr durch eure Zusammenkünfte euch kein Strafgericht zuzieht. Das Weitere werde ich anordnen, wenn ich (zu euch) komme.

Evangelium

Joh 13,1–32

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.

Vor dem Passahfest aber, da Jesus wohl wusste, dass für ihn die Stunde gekommen sei, aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen, bewies er den Seinen, die in der Welt waren, die Liebe, die er (bisher) zu ihnen gehegt hatte, bis zum letzten Augenblick. 2Es war bei einem Mahl, und schon hatte der Teufel dem Judas Iskariot, dem Sohne Simons, den Entschluss des Verrats eingegeben. 3Weil Jesus nun wusste, dass der Vater ihm alles in die Hände gegeben hatte und dass er von Gott ausgegangen sei und wieder zu Gott hingehe, 4erhob er sich beim Mahl von seinem Platz, legte die Oberkleidung ab, nahm einen linnenen Schurz und band ihn sich um. 5Danach goss er Wasser in das Waschbecken und begann seinen Jüngern die Füße zu waschen und sie mit dem linnenen Schurz, den er sich umgebunden hatte, abzutrocknen. 6So kam er denn auch zu Simon Petrus. Dieser sagte zu ihm: »Herr, du willst mir die Füße waschen?« 7Jesus antwortete ihm mit den Worten: »Was ich damit tue, verstehst du jetzt noch nicht, du wirst es aber nachher verstehen.« 8Petrus entgegnete ihm: »Nun und nimmer sollst du mir die Füße waschen!« Jesus antwortete ihm: »Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keinen Anteil an mir.« 9Da sagte Simon Petrus zu ihm: »Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und den Kopf!« 10Jesus antwortete ihm: »Wer gebadet ist, dem braucht nichts weiter gewaschen zu werden als die Füße, sondern er ist am ganzen Körper rein; und ihr seid rein, jedoch nicht alle.« 11Er kannte nämlich seinen Verräter wohl; deshalb sagte er: »Ihr seid nicht alle rein.« 12Nachdem er ihnen nun die Füße gewaschen und seine Oberkleidung wieder angelegt und seinen Platz am Tisch wieder eingenommen hatte, sagte er zu ihnen: »Versteht ihr, was ich an euch getan habe? 13Ihr redet mich mit ›Meister‹ und ›Herr‹ an und habt recht mit dieser Benennung, denn ich bin es wirklich. 14Wenn nun ich, der Herr und der Meister, euch die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr verpflichtet, einander die Füße zu waschen; 15denn ein Vorbild habe ich euch gegeben, damit ihr es ebenso machet, wie ich an euch getan habe. 16Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ein Knecht steht nicht höher als sein Herr, und ein Sendbote (= Apostel) nicht höher als sein Absender. 17Wenn ihr dies wisst – selig seid ihr, wenn ihr danach handelt! 18Nicht von euch allen rede ich; ich weiß ja, wie die beschaffen sind, welche ich erwählt habe; aber das Schriftwort muss erfüllt werden: ›Der mein Brot isst, hat seine Ferse gegen mich erhoben.‹ 19Schon jetzt sage ich es euch, noch bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschehen ist, glaubt, dass ich es bin (den die Schrift meint). 20Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer dann, wenn ich jemand sende, ihn aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.« 21Nach diesen Worten wurde Jesus im Geist aufs tiefste erschüttert und sprach es offen aus: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten!« 22Da blickten die Jünger einander an und waren ratlos darüber, wen er meinte. 23Es hatte aber einer von seinen Jüngern bei Tisch seinen Platz an der Brust Jesu, nämlich der, den Jesus (besonders) lieb hatte. 24Diesem gab nun Simon Petrus einen Wink und sagte ihm: »Lass uns wissen, wen er meint!« 25Jener lehnte sich nun auch sogleich an die Brust Jesu zurück und fragte ihn: »Herr, wer ist es?« 26Da antwortete Jesus: »Der ist es, dem ich den Bissen (in die Schüssel) eintauchen und reichen werde.« Darauf tauchte er den Bissen ein, nahm ihn und reichte ihn dem Judas, dem Sohne Simons aus Kariot. 27Nachdem dieser den Bissen genommen hatte, fuhr der Satan in ihn hinein. Nun sagte Jesus zu ihm: »Was du zu tun vorhast, das tu bald!« 28Was er ihm damit hatte sagen wollen, verstand keiner von den Tischgenossen. 29Einige nämlich meinten, weil Judas die Kasse führte, wolle Jesus ihm sagen: »Kaufe das ein, was wir für das Fest nötig haben«, oder er solle den Armen etwas geben. 30Nachdem nun jener den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus. Es war aber Nacht. 31Nach seinem Weggange nun sagte Jesus: »Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht worden! 32Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, so wird Gott auch ihn in sich selbst verherrlichen, und zwar wird er ihn sofort verherrlichen.

Frisch gebackene Prosphoren (Brothostien) aus der Nordisch-katholischen Mission in Südwestdeutschland

Antiphon

Traditionell zur Fußwaschung / Ubi caritas et amor

Und/oder:

„Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst“

Aschenkreuz (Bildquelle Pixabay)

Aus der Liturgie des Aschermittwochs

Segnung der Asche

O Gott, Du willst nicht den Tod des Sünders, sondern dass er zu Dir umkehrt. Daher bitten wir Dich: Sieh gnädig herab auf die Gebrechlichkeit unserer menschlichen Natur. In Deiner Güte und Huld segne + diese Asche, die wir zum Zeichen unsres Elends und unsrer Demut auf unsre Häupter streuen lassen. Wir erkennen, dass wir Staub sind und zur Strafe für unsre Bosheit einst zum Staub zurückkehren werden. Doch lass uns durch Dein Erbarmen die Verzeihung aller Sünden erlangen; gewähre uns, jenen Lohn zu erhalten, der allen verheißen ist, die aufrichtig und bußfertig zu Dir umkehren. Durch Christus, unsern Herrn. Amen.

Introitus

Ps 6

HERR, nicht in deinem Zorne strafe mich
und nicht in deinem Ingrimm züchtige mich!

3Sei mir gnädig, o HERR, denn ich bin am Verschmachten!
Heile mich, HERR, denn meine Gebeine sind erschrocken,

4und meine Seele ist voller Angst!
Du aber, o HERR, – wie lange noch (willst du fern sein)?

5Kehre doch wieder, o HERR, errette meine Seele!
Hilf mir um deiner Gnade willen!

6Denn im Tode gedenkt man deiner nicht:
im Totenreich – wer singt da dein Lob?

7Erschöpft bin ich von all meinem Seufzen;
in jeder Nacht benetze ich mein Bett,
mache mein Lager zu einer Tränenflut.

8Geschwunden ist mein Augenlicht vor Gram,
gealtert (vom Weinen) ob all meinen Feinden.

9Hinweg von mir, ihr Übeltäter alle!
Denn der HERR hat mein lautes Weinen gehört;

10gehört hat der HERR mein Flehen:
der HERR nimmt mein Gebet an.

11Alle meine Feinde werden zuschanden werden
und ganz bestürzt dastehen:
mit Schanden müssen sie abziehen augenblicklich!

Tagesgebet

Vom Aschermittwoch

Allmächtiger und ewig lebender Gott! Du hassest keines Deiner Geschöpfe und vergibst allen Bußfertigen ihre Sünden. Schaffe in uns neue und zerschlagene Herzen, dass wir – unsere Sünden beklagend und unser Elend erkennend – von Dir, dem Gott aller Gnade, vollkommene Verzeihung und Vergebung erlangen. Durch Jesus Christus, unseren Herrn, der mit Dir und dem Heiligen Geist, ein einiger Gott, lebt und herrscht, jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Lesung

Joel 2,12–17

Lesung aus dem Buch des Propheten Joel.

»Doch auch jetzt noch« – so lautet der Ausspruch des HERRN – »kehret um zu mir mit eurem ganzen Herzen, mit Fasten, Weinen und Klagen!« 13So zerreißt denn eure Herzen statt eurer Kleider und kehret zurück zum HERRN, eurem Gott! Denn er ist gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und reich an Güte, und er lässt sich das Unheil leid sein: 14vielleicht lässt er es sich auch jetzt leid sein und lässt hinter sich noch einen Segen zurück; nämlich Speisopfer und Trankspende für den HERRN, euren Gott. 15Stoßt in die Posaune auf dem Zion, ordnet ein heiliges Fasten an, ruft einen allgemeinen Bettag aus! 16Versammelt das Volk, heiligt die Gemeinde, ruft die Greise herbei, lasst die Kinder und die Säuglinge zusammenkommen! Der Neuvermählte trete aus seiner Kammer hervor und die junge Frau aus ihrem Gemach! 17Zwischen der Vorhalle und dem Altar sollen die Priester, die Diener des HERRN, weinen und so beten: »Verschone, HERR, dein Volk und gib dein Erbe nicht der Schande preis, dass sie den Heiden zum Spott dienen! Warum soll man unter den Heidenvölkern sagen: ›Wo ist nun ihr Gott?‹«

Evangelium

Mt 6,16–21

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

Jesus lehrte seine Jünger: 16»Wenn ihr fastet, sollt ihr kein finsteres Gesicht machen wie die Heuchler; denn sie geben sich ein trübseliges Aussehen, um sich den Leuten mit ihrem Fasten zur Schau zu stellen. Wahrlich ich sage euch: Sie haben ihren Lohn dahin. 17Du aber, wenn du fastest, salbe dir das Haupt und wasche dir das Gesicht, 18um dich nicht mit deinem Fasten den Leuten zu zeigen, sondern deinem Vater, der im Verborgenen ist; dein Vater aber, der auch ins Verborgene hineinsieht, wird es dir alsdann vergelten. 19Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motten und Rost sie vernichten und wo Diebe einbrechen und stehlen! 20Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie vernichten und wo keine Diebe einbrechen und stehlen! 21Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.«

Ein Gebetsaufruf

Die betende Gottesmutter: Sophienkathedrale Kiew, 11. Jh.

[UPDATE, siehe unter Hirtenworte]

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine beten wir um Frieden für die Ukraine, ihre Nachbarländer und alle Welt sowie um Weisheit für alle Verantwortungsträger; wir beten zudem für all die Notleidenden, insbesondere die Zivilbevölkerung, und besonders in den Tagen vor der Fastenzeit für die Umkehr und Rettung aller Menschen.

Gebet für die gegenwärtige Notzeit

Allmächtiger und allbarmherziger Gott! In dieser Zeit der Not fliehen wir zu Dir, unserm Beistand. Wir bitten Dich: Errette alle von Krieg und Gewalt Bedrohten aus der Gefahr; gib allen, die sich der Notleidenden annehmen, Kraft und Geschick; schenke Erfolg beim Einsatz jeglicher Heilmittel. Und lass uns erkennen, wie hinfällig und ungewiss unser Leben ist, damit wir unser Herz ausrichten auf die himmlische Weisheit, die zum ewigen Leben führt. Durch Jesus Christus, unsern Herrn. Amen.

Gebet für Mittel- und Osteuropa

Nimm Dich, o Gott, in diesen Tagen besonders der Ukraine, ihrer Nachbarländer und auch unsres Landes an. Erhalte uns in Ehrfurcht vor Dir, erleuchte uns mit Deiner Weisheit, handle an uns nach Deiner Gnade und schenke uns allezeit Frieden und Heil durch den, der die wahre Freiheit zu schenken vermag, Deinen Sohn Jesus Christus, unsern Herrn. Amen.

Gebet für Parlament und Regierungen

Allmächtiger, ewiger Gott! Über alle Länder und Völker regierst Du mit ewiger Macht. Erleuchte die gewählten Vertreter unsres Volkes sowie die Regierungen aller Länder. Lenke ihre Absichten und segne dann ihre Mühen; auf dass unter uns Sicherheit, Lebensglück und Frieden gefördert, Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit gemehrt, Tugend und Gottesfurcht gefestigt werden – zum Wohlergehen Deines Volkes und zur Ehre Deines heiligen Namens. Darum bitten wir Dich durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Aus aktuellen orthodoxen Hirtenworten

In Verteidigung der Souveränität und Integrität der Ukraine wenden wir uns an den russischen Präsidenten und fordern ein sofortiges Ende des Bruderkriegs. Die ukrainischen und russischen Völker kamen aus dem Taufbecken des Dnjepr, und der Krieg zwischen diesen Völkern ist eine Wiederholung der Sünde Kains, der aus Neid seinen eigenen Bruder tötete. Ein solcher Krieg hat weder bei Gott noch bei den Menschen eine Rechtfertigung. Ich rufe alle zum gesunden Menschenverstand auf, der uns lehrt, unsere irdischen Probleme im gegenseitigen Dialog und gegenseitigen Verständnis zu lösen, und hoffe aufrichtig, dass Gott uns unsere Sünden vergibt und der Friede Gottes auf unserer Erde und in der ganzen Welt herrschen wird!

Aus dem Hirtenwort von Metropolit Onufrij, Primas der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, vom 27. Februar 2022

Wir unsererseits bestätigen erneut, dass die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche die Souveränität des Staates und die territoriale Integrität der Ukraine immer unterstützt hat und weiterhin unterstützt. […] Im Bewusstsein unserer besonderen geistlichen Verantwortung wenden wir uns heute an Seine Heiligkeit Patriarch Kyrill von Moskau und ganz Russland. Eure Heiligkeit! Wir bitten Sie, Ihr Gebet für das sehr leidende ukrainische Volk zu intensivieren, ein Hirtenwort zur Beendigung des brudermörderischen Blutvergießens auf ukrainischem Boden zu sprechen und die Führung der Russischen Föderation aufzufordern, die Militäraktionen sofort einzustellen, die bereits drohen, zu einem Weltkrieg werden.

Aus der Stellungnahme des Heiligen Synods der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche vom 28. Februar 2022

Eine aufrichtige Hinwendung zu Gott wird die Welt vom Brudermord retten, wird Wege öffnen für friedliche Lösungen aller entstehenden Fragen. Im Gedenken an die Worte des Großfürsten, des heiligen Alexander von der Newa – „Gott ist nicht in der Gewalt, sondern in der Wahrhaftigkeit!“ – rufen wir alle Gläubigen auf, die Gebete „um den Frieden der ganzen Welt“, für die Leidenden, für die Umkehr und Rettung der menschlichen Seelen zu verstärken.

Aus der Stellungnahme der europäischen Bischöfe der russisch-orthodoxen Auslandskirche vom 22. Februar 2022