„O Weisheit … komm!“

Die erste O-Antiphon: aus einem dominikanischen Antiphonale, ca. 1300

An den letzten sieben Abenden des Advent (17.–23. Dezember) nimmt das tägliche Abendlob (Vesper) der Kirche eine besonders feierliche Form an. So wie sonst erklingt auch an diesen Abenden vor dem abschließenden Gebetsteil der Lobgesang der heiligen Maria (Magnificat, Lk 1,46–55). Doch wird hier die heilsgeschichtliche Bedeutung dieses biblischen Lobhymnus durch jeweils vorausgehende Gesänge (die sogenannten O-Antiphonen) in besonderer Weise entfaltet.

Die heilige Maria sang ihren Lobpreis nämlich als Antwort auf die Ankündigung des Erzengels Gabriel, dass sie zur Mutter des ihrem Volk verheißenen Messias werden würde. Ihr Lobgesang steht damit an der Schwelle vom Alten zum Neuen Bund und bezieht sich ausdrücklich auf die an das jüdische Volk bzw. die Nachkommenschaft Abrahams ergangenen Verheißungen (Lk 1,55). Die Liturgie der Kirche will uns in diese Haltung der gläubigen sehnsuchtsvollen Erwartung mit hinein nehmen (so wie auch die Liturgie des 4. Adventssonntags, z.B. schon durch die Introitus-Antiphon „Tauet, ihr Himmel, den Gerechten“, lateinisch Rorate caeli). Wie die Gläubigen des Alten Bunds, so sollen auch wir — gerade jetzt in den Tagen vor Weihnachten — unser Leben ausrichten auf die Erwartung der Ankunft des verheißenen Messias (Christus): des von Gott selbst eingesetzten gerechten, weisen und allmächtigen Königs, dessen Königtum kein Ende haben wird.

[Die sehnsuchtsvolle Erwartung des Messias als Erlöser des Gottesvolkes kommt an vielen Stellen des Alten Testaments zum Ausdruck. Einige besonders bedeutende dieser Schriftstellen wurden (spätestens) im 6. Jahrhundert in lateinischer Dichtung kombiniert; das Ergebnis sind sieben kurzen Gesänge (Antiphonen), die Eingang in die Adventsliturgie des alten römischen Ritus gefunden haben. Allen gemeinsam ist, dass sie zu Beginn den göttlichen Messias mit einem Titel anrufen, der ihm schon im Alten Testament beigelegt wird, und ein flehentliches „O“ vorausschicken. Deshalb sind sie unter dem Namen O-Antiphonen bekannt. Sie schließen jeweils mit der Bitte um das Kommen des verheißenen Messias und um einen bestimmten Aspekt der Erlösung.]

Beispielsweise wird am 17. Dezember Christus angerufen als göttliches Wort der Weisheit (vgl. Spr 8): O Sapientia, quae ex ore Altimissi prodisti, zu deutsch: „O Weisheit, die Du aus dem Munde des Höchsten hervorgegangen bist“. Nach weiteren poetischen Beschreibungen der göttlichen Weisheit gipfelt der Gesang in der Bitte veni ad docendum nos viam prudentiae — „komm, um uns den Weg (wirklicher) Klugheit zu lehren“. Gemeint ist hier eine Klugheit, die unser Leben als Gabe Gottes versteht, für die wir einst bei der Wiederkunft des Herrn Rechenschaft ablegen müssen; wirkliche Weisheit und wahre Einsicht wurzeln deshalb in der Ehrfurcht vor Gott (Spr 1,7; 9,10).

[In dem spätlateinischen (mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen) Hymnus Veni, veni Emmanuel sind einige der O-Antiphonen noch einmal etwas kürzer und auf einen Endreim zusammengefasst worden. Dieser Hymnus ist auch, jeweils unter dem Titel „O komm, o komm, Immanuel“ in verschiedenen Fassungen ins Deutsche übertragen worden (z.B. von Heinrich Bone 1847 und Köln 1852).]

Das Mit-Singen und -Beten der sieben O-Antiphonen will uns mit hinein nehmen in die sehnsuchtsvolle Erwartung der Ankunft und Wiederkunft des göttlichen Erlösers. Dies ist eine Erwartung, die das Volk Gottes seit jeher auszeichnet, aber aufgrund des ersten Kommens Christi in diese Welt, das wir an Weihnachten feiern, ein bleibendes Unterpfand hat. Wenn wir eintauchen in diese Erwartung und davon unser Leben aufs Neue prägen lassen, wird das diesjährige Christfest, allen Widrigkeiten zum Trotz, für uns wirklich zur „heiligen Nacht“. Ja, dann wird (vgl. Gal 4,19) an Weihnachten Christus auch in uns geboren!

‚Das im Dunkel Verborgene bringt Er ans Licht‘

Deesis aus der Nikolauskirche, Pskow, 13. Jh.

Liturgische Eigentexte des 3. Advent

Introitus-Psalm

Ps 4

2Wenn ich rufe, erhöre mich,
du Gott meiner Gerechtigkeit!

In Bedrängnis hast du mir (immer) Raum geschafft:
sei mir gnädig und höre mein Gebet!

3Ihr Herrensöhne, wie lange noch
soll meine Ehre geschändet werden?

Wie lange noch wollt ihr an Eitlem hangen,
auf Lügen ausgeh’n?

4Erkennt doch, dass der HERR /
den ihm Getreuen sich auserkoren:
der HERR vernimmt’s, wenn ich zu ihm rufe.

5Seid zornerregt, doch versündigt euch nicht!
Denkt nach im stillen auf eurem Lager und schweigt!

6Bringt Opfer der Gerechtigkeit dar
und vertraut auf den HERRN!

7Es sagen gar viele:
»Wer lässt Gutes uns schauen?«

Erhebe über uns, o HERR,
das Licht deines Angesichts!

8Du hast mir größere Freude ins Herz gegeben
als ihnen zur Zeit, wo sie Korn und Wein in Fülle haben.

9In Frieden will ich beides,
mich niederlegen und schlafen;

denn du allein, HERR, lässt mich
in Sicherheit wohnen.

Tagesgebet

Vom 3. Advent

Herr, wir flehen Dich an:
Erhöre unser Gebet, suche uns in Gnaden heim
und erleuchte die Finsternis unserer Herzen.
Durch unseren Herrn Jesus Christus,
der mit Dir und dem Heiligen Geist,
ein einiger Gott, lebt und herrscht,
jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Lesung

1 Kor 4,1–5

Aus dem ersten Brief des Apostels Pauls an die Korinther.

Brüder und Schwestern! 1Dafür halte uns jedermann, nämlich für Diener Christi und für Verwalter der Geheimnisse Gottes. 2Bei dieser Sachlage verlangt man allerdings von den Verwaltern, dass ein solcher treu erfunden werde. 3Doch was mich betrifft, so ist es mir etwas ganz Geringes, ob ich von euch oder von sonst einem menschlichen Gerichtshof ein Urteil empfange; ja, ich gebe nicht einmal selbst ein Urteil über mich ab. 4Denn ich bin mir wohl keiner Schuld bewusst, aber dadurch bin ich noch nicht gerechtfertigt; nein, der Herr ist’s, der das Urteil über mich abgibt. 5Daher urteilet über nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das im Dunkel Verborgene ans Licht bringen und die Gedanken der Herzen offenbar machen wird; und dann wird einem jeden das ihm gebührende Lob von Gott her zuteil werden.

Evangelium

Mt 11,2–10

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

Als aber Johannes im Gefängnis von dem Wirken Christi hörte, sandte er durch seine Jünger Botschaft an ihn 3und ließ ihn fragen: »Bist du es, der da kommen soll (d.h. der verheißene Messias), oder sollen wir auf einen andern warten?« 4Jesus gab ihnen zur Antwort: »Geht hin und berichtet dem Johannes, was ihr hört und seht: 5Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote werden auferweckt, und Armen wird die Heilsbotschaft verkündigt (Jes 35,5–6; 61,1)6und selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt!« 7Als diese nun den Rückweg antraten, begann Jesus zu den Volksscharen über Johannes zu reden: »Wozu seid ihr damals in die Wüste hinausgezogen? Wolltet ihr euch ein Schilfrohr ansehen, das vom Winde hin und her bewegt wird? 8Nein; aber wozu seid ihr hinausgezogen? Wolltet ihr einen Mann in weichen Gewändern sehen? Nein; die Leute, welche weiche Gewänder tragen, sind in den Königsschlössern zu finden. 9Aber wozu seid ihr denn hinausgezogen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch: einen Mann, der noch mehr ist als ein Prophet! 10Denn dieser ist es, auf den sich das Schriftwort bezieht (Mal 3,1): ›Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der dir den Weg vor dir her bereiten soll.‹

‚Er hat Worte, die nicht vergehen‘

Christus der Allherrscher: Deesis-Mosaik, Hagia Sophia, 13. Jh.
[Foto: Dianelos Georgoudis, CC BY-SA 3.0]

Liturgische Eigentexte des 2. Advent

Introitus-Psalm

Ps 120

1Ich rief zum HERRN in meiner Not:
da erhörte er mich.

2O HERR, errette mich von der Lügenlippe,
von der trügerischen Zunge!

3Was wird Er dir jetzt und in Zukunft bescheren,
du trügerische Zunge?

4Geschärfte Kriegerpfeile
samt Kohlen vom Ginsterstrauch!

5Wehe mir, dass ich als Fremdling in Mesech weile,
dass ich wohne bei den Zelten von Kedar!

6Lange genug schon weile ich hier
bei Leuten, die den Frieden hassen.

7Ich bin ganz friedlich gestimmt, doch was ich auch rede:
sie gehen auf Krieg aus.

Tagesgebet

Vom 2. Advent

Gepriesener Herr! Dein Sohn Jesus Christus ist Dein ewiges Wort, und Du hast uns zur Belehrung die gesamte Heilige Schrift gegeben. Gewähre uns, sie so zu hören, zu überdenken und in unseren Herzen zu bewegen, dass wir durch Geduld und den Trost Deines Wortes die selige Hoffnung des ewigen Lebens, das Du uns in unserem Erlöser Jesus Christus verliehen hast, ergreifen und immer festhalten. Durch Ihn, der mit Dir und dem Heiligen Geist, ein einiger Gott, lebt und herrscht, jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Lesung

Aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer.

Röm 15,4–13

Brüder und Schwestern! 4So ist ja alles, was vor Zeiten geschrieben worden ist, für uns zur Belehrung geschrieben, damit wir durch Geduld und durch den Trost, den die (heiligen) Schriften gewähren, an der Hoffnung festhalten. 5Der Gott aber, von dem Geduld und Trost kommen, möge euch dazu verhelfen, einen einträchtigen Sinn untereinander nach dem Vorbild Christi Jesu zu besitzen, 6damit ihr einmütig mit einem Munde den Gott und Vater unsers Herrn Jesus Christus preisen könnt. 7Darum nehmet euch gegenseitig (in Liebe) an, wie auch Christus euch zu Gottes Verherrlichung (in Liebe) angenommen hat! 8Ich meine nämlich: Christus ist ein Diener der Beschneidung (= der Juden) geworden zum Erweis der Wahrhaftigkeit Gottes, um die den Vätern gegebenen Verheißungen zu verwirklichen, 9die Heiden andrerseits sollen Gott um seiner Barmherzigkeit willen preisen, wie geschrieben steht (Ps 18,50): »Darum will ich dich preisen unter den Heiden und deinem Namen lobsingen.« 10Und an einer anderen Stelle heißt es (Dtn 32,43): »Freuet euch, ihr Heiden, im Verein mit seinem Volke!« 11und an einer anderen Stelle (Ps 117,1): »Lobet, ihr Heiden alle, den Herrn, und alle Völker sollen ihn preisen!« 12Weiter sagt Jesaja (Jes 11,10): »Erscheinen wird der Wurzelspross Isais, und zwar er, der da aufsteht, um über die Heiden zu herrschen: auf ihn werden die Heiden ihre Hoffnung setzen.« 13Der Gott aber, der unsere Hoffnung ist, erfülle euch mit aller Freude und mit Frieden auf dem Grunde des Glaubens, damit ihr immer reicher an Hoffnung werdet durch die Kraft des heiligen Geistes!

Evangelium

Lk 21,25–33

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.

Der Herr sprach zu seinen Jüngern: 25»Dann werden Zeichen an Sonne, Mond und Sternen in Erscheinung treten und auf der Erde wird Verzweiflung der Völker in ratloser Angst beim Brausen des Meeres und seines Wogenschwalls herrschen, 26indem Menschen den Geist aufgeben vor Furcht und in banger Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen werden; denn (sogar) die Kräfte des Himmels werden in Erschütterung geraten (Jes 34,4)27Und hierauf wird man den Menschensohn auf einer Wolke kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit (Dan 7,13)28Wenn dies nun zu geschehen beginnt, dann richtet euch auf und hebt eure Häupter empor; denn eure Erlösung naht.« 29Er sagte ihnen dann noch ein Gleichnis: »Seht den Feigenbaum und alle anderen Bäume an: 30sobald sie ausschlagen, erkennt ihr, wenn ihr es seht, von selbst, dass nunmehr der Sommer nahe ist. 31So sollt auch ihr, wenn ihr alles dieses eintreten seht, erkennen, dass das Reich Gottes nahe ist. 32Wahrlich ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles geschieht. 33Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nimmermehr vergehen!«

[Übersetzung der biblischen Texte nach Hermann Menge]

„Siehe, dein König kommt!“

Einzug Christi in Jerusalem: Palastkapelle Palermo, 12. Jh.

Liturgische Eigentexte des 1. Advent

Introitus-Psalm

Ps 1

1Wohl dem, der nicht wandelt
im Rat der Gottlosen

und nicht tritt auf den Weg der Sünder,
noch sitzt im Kreise der Spötter,

2vielmehr Gefallen hat am Gesetz des HERRN
und sinnt über sein Gesetz bei Tag und bei Nacht!

3Der gleicht einem Baum, gepflanzt an Wasserbächen,
der seine Früchte bringt zu rechter Zeit

und dessen Laub nicht welkt;
und alles, was er beginnt, das gelingt.

4Nicht also die Gottlosen: nein,
sie gleichen der Spreu, die der Wind verweht.

5Darum werden die Gottlosen nicht im Gericht bestehn
und die Sünder nicht in der Gemeinde der Gerechten.

6Denn es kennt der HERR den Weg der Gerechten;
doch der Gottlosen Weg führt ins Verderben.

Tagesgebet

Vom 1. Advent

Allmächtiger Gott! Dein ewiger Sohn Jesus Christus hat sich selbst dazu erniedrigt, an unserem vergänglichen Leben Anteil zu nehmen. Gewähre uns in diesem Leben die Gnade, die Werke der Finsternis abzulegen und die Waffen des Lichts anzulegen – damit am Jüngsten Tag, wenn Er in Seiner herrlichen Majestät wiederkommen wird, die Lebenden und die Toten zu richten, auch wir zum unsterblichen Leben auferstehen werden. Durch Ihn, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht, jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Lesung

Röm 13,8–14

Aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer.

Brüder und Schwestern! 8Bleibt niemand etwas schuldig, außer dass ihr einander liebt; denn wer den anderen liebt, hat damit das Gesetz erfüllt. 9Denn das Gebot: »Du sollst nicht ehebrechen, nicht töten, nicht stehlen, lass dich nicht gelüsten!« und jedes andere derartige Gebot ist in diesem Wort einheitlich zusammengefasst (Lev 19,18): »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!« 10Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses; demnach ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes. 11Und zwar (verhaltet euch auf diese Weise) in richtiger Erkenntnis der (gegenwärtigen) Zeit, dass nämlich die Stunde nunmehr für uns da ist, aus dem Schlaf zu erwachen; denn jetzt ist die Rettung uns näher als damals, als wir zum Glauben gekommen sind: 12die Nacht ist vorgerückt und der Tag nahegekommen. So lasset uns denn die Werke der Finsternis abtun, dagegen die Waffen des Lichts anlegen! 13Lasset uns sittsam wandeln, wie es sich am Tage geziemt: nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Eifersucht; 14nein, ziehet den Herrn Jesus Christus an, und seid dem Fleisch nicht so zu Diensten, dass böse Begierden dadurch erregt werden!

Evangelium

Mt 21,1–13

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit, 1als sie sich Jerusalem näherten und nach Bethphage an den Ölberg gekommen waren, da sandte Jesus zwei von seinen Jüngern ab 2mit der Weisung: »Geht in das Dorf, das vor euch liegt! Ihr werdet dort sogleich (am Eingang) eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und bringt sie mir her! 3Und wenn euch jemand etwas sagen sollte, so antwortet ihm: ›Der Herr hat sie nötig, wird sie aber sofort zurückschicken.‹« 4Dies ist aber geschehen, damit das Wort des Propheten erfüllt werde, das da lautet (Jes 62,11; Sach 9,9)5»Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und auf einem Esel reitend, und zwar auf einem Füllen, dem Jungen des Lasttiers.« 6Als nun die Jünger hingegangen waren und den Auftrag Jesu ausgerichtet hatten, 7führten sie die Eselin mit dem Füllen herbei, legten ihre Mäntel auf sie, und er setzte sich darauf. 8Die überaus zahlreiche Volksmenge aber breitete ihre Mäntel auf den Weg aus, andere hieben Zweige von den Bäumen ab und streuten sie auf den Weg; 9und die Scharen, die im Zuge vor ihm her gingen und die, welche ihm nachfolgten, riefen laut: »Hosianna dem Sohne Davids! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna in den Himmelshöhen!« 10Als er dann in Jerusalem eingezogen war, geriet die ganze Stadt in Bewegung, und zwar fragte man: »Wer ist dieser?« 11Da sagte die Volksmenge: »Dies ist der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa!« 12Jesus ging dann in den Tempel Gottes, trieb alle hinaus, die im Tempel verkauften und kauften, warf die Tische der Geldwechsler und die Sitze der Taubenverkäufer um 13und sagte zu ihnen: »Es steht geschrieben (Jes 56,7): ›Mein Haus soll ein Bethaus heißen!‹ Ihr aber macht es zu einer ›Räuberhöhle‹!« (Jer 7,11)

Liturgischer Jahreswechsel

Mit dem Sonntag vom wiederkommenden Herrn (dem Christkönigsfest, auch bekannt als Ewigkeitssonntag; Sonntagsevangelium: Mt 25,31–46) am 21. November hat die letzte Woche dieses Kirchenjahres begonnen. Zur Erinnerung: Das liturgische Jahr der Westkirche folgt nicht dem bürgerlichen Kalender, sondern beginnt immer am ersten Adventssonntag, heuer also bereits Ende November. Ab sofort ist nun auf diesen Seiten eine liturgische Kalenderübersicht mit Angabe aller Sonntage und hohen Feste zwischen Advent 2021 und Advent 2023 abrufbar. Die Übersicht der unbeweglichen kirchlichen Feste ist natürlich auch weiterhin im Kalendarium zu finden.

Grundlegende theologische Aspekte des Ehesakraments

Die Heiligen Joachim und Anna am Goldenen Tor (nach dem Protevangelium des Jakobus): Giotto di Bondone, Scrovegni 1305

Aus Anlass einer aktuellen Anfrage erinnern wir im Folgenden an die grundlegende orthodox-altkatholische Position zum Ehesakrament, festgehalten von der Gemischten Orthodox-Altkatholischen Theologischen Kommission im Oktober 1987 in Kavala. (Die orthodox-altkatholischen Konsenstexte bilden die maßgebliche Lehrgrundlage der Union von Scranton; sie wurden im Oktober 1990 von der Generalsynode der Polnisch-katholischen Nationalkirche und im April 2007 von der Generalsynode der Nordisch-katholischen Kirche ratifiziert.) Abschnitt V/8, Ziffer 1 lautet:

„Die Ehe ist eine von Gott gegebene Einrichtung. Sie wurde bei der Schöpfung von Gott als eine Gemeinschaft der Liebe und der gegenseitigen Hilfe von Mann und Frau (Gen 2,18) gestiftet, dann vom Herrn bestätigt (Mt 19,4–6) und von ihm durch seine Anwesenheit bei der Hochzeit zu Kana gesegnet (Joh 2,1–11).

Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen (Gen 1,27) und das Zusammenleben der beiden unter seinen besonderen Schutz und Segen gestellt. Schon im Alten Bund bildete die eheliche Verbindung ein bezeichnendes Bild für den Bund Gottes mit seinem Volk. Im Neuen Bund stellt die Ehe, in der sich Mann und Frau in gegenseitiger Liebe und im Glauben verbinden, als großes Geheimnis die Liebes- und Einheitsbeziehung zwischen Christus und der von ihm gestifteten Kirche im Bild dar (vgl. Eph 5,32).“

Vgl. Urs v. Arx (Hrsg.): Koinonia auf altkirchlicher Basis.
Gemeinsame Texte des orthodox-altkatholischen Dialogs
[= IKZ 79 Beiheft zu Nr. 4], 1989, 96.

Im Hinblick auf die Frage nach einer kirchlichen Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ist zunächst daran zu erinnern, dass der Ritus der Kirche immer auch eine Ausdrucksform kirchlicher Lehre darstellt (lex orandi lex est credendi, frei nach Prosper von Aquitanien). Nun kennt aber die orthodox-altkatholische Sakramentenlehre, wie aus dem Obigen hervorgeht, nur die Ehe zwischen Mann und Frau. Eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, deren Form sich an den Ritus der kirchlichen Eheschließung anlehnt, steht deshalb unweigerlich im Widerspruch zur kirchlichen Lehre. Die Erklärung von Scranton bezeichnet derartige Segnungen dementsprechend als „Missachtung der Heiligen Schrift“ und „Widerspruch zur Überlieferung der ersten Jahrhunderte“.

Die Seelsorge für homosexuell empfindende Menschen muss daher andere Formen wählen. In jedem Fall verdienen homosexuell empfindende Menschen besonderen Respekt auf ihrem Weg der Christusnachfolge, insofern sie laut biblischem Zeugnis zur Enthaltsamkeit berufen sind.

Glauben — aus eigener Erfahrung

Christus rettet Petrus vor dem Ertrinken: Kathedrale von Monreale, 12. Jh.

Gedanken von Gabriele Gerte

Glaube lässt sich nicht diktieren. Nein, Druck und Zwang haben noch nie etwas Gutes hervorgebracht. Im Gegenteil, sie bringen Elend, Leid und Not. Das trifft auch für den Glauben an den in Jesus menschgewordenen Gott — im nachfolgenden einfach Glauben genannt — zu. Wie aber hat Jesus den Glauben nahegebracht?

Zunächst einmal ist er auf die Menschen zugegangen, egal ob arm und oder reich, ob sündig oder rechtschaffen. Weiter rief er zur Umkehr auf. Was bedeutet dies? Sie, die Menschen, sollten ihr bisheriges Leben aufgeben und ändern. Den Sinn des Lebens nicht im Irdischen suchen, d.h. kein Anhäufen von Geld und Eigentum, kein Machtstreben, keinen falschen Idolen verfallen usw. Dieses Verhalten bringt nichts Gutes, im Gegenteil. Dieses Gebaren bringt nur Unfrieden, Unglück und Verderben für den Menschen und seinen Mitmenschen.

Sodann erzählte Jesus von Liebe, Barmherzigkeit, Gott und Gottesreich. Ja, durch Umkehr, also Änderung des Lebensstils, z.B. Hinwendung und Barmherzigkeit gegenüber seinen Mitmenschen, ändere sich der Mensch zum Guten. Sein hilfsbereites und Gott gefälliges Handeln beschere ihm und seinen Mitmenschen ein besseres und erfüllteres Leben. Und dadurch könne schon auf Erden ein Gottesreich entstehen.

Nein, diktiert hat Jesus den Glauben nicht. Er hat jedoch auf den einen wahren Gott hingewiesen, durch Gleichnisse Gott und Gottes Willen erklärt, verständlich gemacht und nahe gebracht. Jesus lebte nach dem Willen Gottes des Vaters, er war Vorbild und zeigte den Jüngern wie ein gottgefälliges Leben aussehen sollte. Dies beeindruckte die Jünger und auch heute die Menschen sehr. Aber kam und kommt der Mensch dadurch zum Glauben? Ich denke, da muss noch mehr geschehen.

Christus mit Abba Minas: koptische Ikone, 8. Jahrhundert

Der Mensch muss sich mit Jesus befassen, sich auf ihn einlassen und sich ihm öffnen. Er muss lernen in sich zu gehen und in sich hineinzuhören. Tief im Innern kann der Mensch mit Gottes Hilfe erkennen, was gut ist und was ihm gut tut, was schlecht ist und was schlecht für ihn ist. Bei dieser inneren Einkehr, die nur durch Gottes Hilfe und Gnade gelingen kann, gewinnen wir neue Eindrücke — und Glauben kann auf diese Weise entstehen, wachsen und gestärkt werden.

Der Glaube an den in Jesus menschgewordenen Gott, so wage ich zu behaupten, ändert uns und unser Leben. Wenn wir versuchen, Jesus nachzueifern, werden wir zu hilfsbereiteren und barmherzigeren Menschen. (So sollte es jedenfalls sein…) Unser Handeln wird dadurch in jeder Hinsicht beeinflusst. Mit Gottes Gnade machen wir so heilsame Erfahrungen. Diese Erfahrungen stärken uns und unseren Glauben.

Und so Gott will, erfahren wir, dass es da noch mehr gibt, etwas, was unseren Horizont übersteigt, etwas nicht Greifbares, nicht Sichtbares, nicht Erklärbares aber etwas Fühlbares. Wir müssen nur in uns hören und uns darauf einlassen. Eine Messe kann noch so feierlich sein. Was nützt uns dies, wenn wir mit den Gedanken nicht dabei sind und uns nicht bewusst ist, was hier geschieht, was die Lesung, das Evangelium und die Predigt bedeuten. Dann verpassen wir wieder einmal die Chance, in uns zu gehen, nachzudenken und dem Glauben näher zu kommen und sind somit um eine Erfahrung ärmer.

Ja, Glaube kann nicht diktiert und erzwungen werden, aber er kann erfahren werden. Aber um zu erfahren, müssen wir uns darauf einlassen. So ist es unser ganzes Leben, sei es in Beziehungen, in der Arbeitswelt usw. Um Erfahrungen zu sammeln, müssen wir aber auch in Aktion treten, aktiv werden. Wir müssen etwas wagen, überdenken, handeln, probieren, lernen, Wichtiges von Unwichtigem abwägen, unterscheiden, ja, auch manches wieder aufgeben. Dabei werden wir auch manchmal scheitern. So machen wir gute und schlechte, heilsame und verletzende Erfahrungen.

Fazit: Was auch immer wir erfahren, wir dürfen erfahren. Dadurch wachsen und reifen wir. So ist es auch mit dem Glauben. Glaubenserfahrungen lassen den Glauben an den dreifaltigen Gott, der in Jesus Mensch geworden ist, wachsen; der Glaube wird durch Erfahrung gestärkt. In diesem Sinne: Gehen wir das Wagnis ein! Lassen wir uns offen auf Jesus ein, befassen wir uns mit ihm und seinem Handeln, nehmen wir uns ihn als Vorbild — machen wir unsere Erfahrungen mit ihm und lassen uns überraschen, was passiert.

Patronatsfest: Kuratie St. Willibrord

St. Willibrord: Buchmalerei 10. Jh. (Paris BN Lat.10510)

Die nordisch-katholische Kuratie Westdeutschlands hat sich bei ihrer Gründung 2016 den heiligen Willibrord als Schutzpatron, als himmlischen Fürbitter, erwählt. Geboren 658 im englischen Northumbria prägte dieser die angelsächsische Mission des 8. Jahrhunderts, maßgeblich im Nordwesten Mitteleuropas. Zum Kreis seiner Gefährten und Schüler gehörte insbesondere der heilige Bonifatius, der „Apostel der Deutschen“. Der heilige Willibrord gilt als „Apostel der Friesen“, der das Licht des Evangeliums insbesondere nach Holland und an den Niederrhein brachte.

Zusammen mit seinem geistlichen Ziehvater, dem heiligen Egbert, stellt er eine direkte persönliche Brücke zwischen der irisch-schottischen und der angelsächsischen Mission in Mitteleuropa dar: Zwölf Jahre lang erhielt der heilige Willibrord in der irischen Abtei Rath-Melsigi unter St. Egbert eine tiefe geistliche Prägung. Spätestens 692 wurde er von diesem zur Mission auf den Kontinent entsandt und 695 von Papst Sergius I. zum Missionserzbischof für Friesland geweiht; sein Bischofssitz wurde das ´niederländische Kastell Utrecht (Ultraiectum).

Die Verbundenheit des heiligen Willibrord zu der (asketisch-monastisch geprägten) iroschottischen Form des Christentums zeigte sich später unter anderem darin, dass er bereits 698 ein Kloster als geistliches Zentrum seines Missionsbistums gründete — und dessen Leitung persönlich übernahm: Die Abtei Echternach (heute Luxemburg) wurde für Erzbischof Willibrord zu einem geistlichen Rückzugsort und zu seiner letzten Ruhestätte, wo er sehr bald nach seinem Tod 739 als Heiliger verehrt wurde.

Der heilige Willibrord zeichnete sich aus durch die besondere Doppelbegabung als Missionar und als Kirchenleiter. Seine Überzeugungskraft wurzelte in seinem großen geistlichen Tiefgang und reichen spirituellen Erfahrungsschatz als Mönch. Insofern verkörpert er auch den Idealtypus des orthodoxen Bischofs — und wird im Westen wie im Osten jedes Jahr am 7. November verehrt.

Heiliger Willibrord, bitte für uns!

Weihe von Bischof Ottar Mikael: Bildreportage

Salbung des Weihekandidaten vor der Konsekration

Über die jüngst erfolgte Bischofsweihe von Bischof Ottar Mikael Myrseth war hier bereits berichtet worden. Zur Erinnerung: Bischof Ottar Mikael war bereits im Herbst 2019 zum Bischof der Nordisch-katholischen Kirche in Skandinavien gewählt worden; seine Konsekration wurde aber aufgrund pandemiebedingter Reisebeschränkungen zwischen Nordamerika und Norwegen immer weiter verschoben. Schließlich beschloss die Bischofskonferenz der Union von Scranton, dass die Weihe durch den Amtsvorgänger Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad und direkt vor Ort in Norwegen durchgeführt werden soll.

Während Bischof Ottar Mikael nun das skandinavische Bistum führt, bleibt Bischof Roald Nikolai — als offizieller Bischöflicher Delegat der Bischofskonferenz — der Missionsbischof der Union von Scranton für Kontinentaleuropa und Großbritannien. Als solcher steht er auch künftig den Missionen und Pfarreien der Nordisch-katholischen Kirche in Deutschland, England, Frankreich, Italien und Ungarn vor.

Von der Bischofsweihe ist inzwischen eine ausführliche Bildreportage verfügbar. Eine kleine Auswahl folgt untenan!

Ansprache des neu geweihten Bischofs
Gäste und Mitwirkende nach der Konsekrationsliturgie

Digitaler Montag: Gottesdienst und Vortrag per Videokonferenz

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Ab sofort bietet die Nordisch-katholische Mission in Deutschland jeden Montag ab 19:15 Uhr einen digitalen Gottesdienst mit anschließendem Abendvortrag an: Ab 20 Uhr findet ein Vortrag mit Diskussionsrunde zum Anliegen und Vermächtnis der ersten Altkatholiken statt; Beginn des Vortrags ist jeweils um 20 Uhr, voraussichtliches Ende der Diskussion um 21:15 Uhr. Da die Abende nicht strikt auf einander aufbauen, sondern jeweils für sich eine Einheit bilden, ist auch eine einmalige oder unregelmäßige Teilnahme möglich. Bereits ab 19:15 Uhr findet, direkt vor dem Vortrag, ein kurzer Abend-Gottesdienst statt, wöchentlich im Wechsel zwischen Vesper (in zweiwöchentlichem Rhythmus, ab 25. Oktober) und Eucharistie (zweiwöchentlich, ab 1. November).

Zur Teilnahme an den Angeboten braucht es lediglich:
(1) ein Endgerät (Computer/Rechner oder Mobiltelefon) mit einigermaßen stabiler Internetverbindung,
(2) ein (kostenloses) Zoom-Konto, erhältlich durch Registrierung bei <https://zoom.us>,
(3) den Link zum Meeting bzw. das Kennwort; aus Sicherheitsgründen ist dies nicht öffentlich, bitte formlos beim Referenten Prof. Herzberg (herzberg@nordischkatholisch.de) erfragen.

Herzlich willkommen!